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EU-Kommission erwägt neue Exportauflagen für Corona-Impfstoff

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen erwägt, den Export der knappen Corona-Impfstoffe aus der Europäischen Union stärker zu beschränken. Neue Auflagen könnten dann für jene Länder gelten, die selbst keinen Impfstoff aus dem Land lassen oder die bereits einen höheren Anteil von geimpften Menschen haben als die EU, wie von der Leyen am Mittwoch in Brüssel ankündigte. Im Visier ist dabei offenbar vor allem Grossbritannien.

Agentur
sda
17.03.21 - 19:51 Uhr
Politik
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen setzt nach einer Pressekonferenz in Brüssel eine FFP2-Maske auf. Foto: John Thys/Pool AFP/AP/dpa
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen setzt nach einer Pressekonferenz in Brüssel eine FFP2-Maske auf. Foto: John Thys/Pool AFP/AP/dpa
Keystone/Pool AFP/AP/John Thys

Aus der EU wurden seit dem 1. Februar nach Angaben der EU-Kommission mindestens 41 Millionen Dosen Corona-Impfstoff in 33 Länder exportiert, obwohl in der EU selbst Impfstoff fehlt und Impfungen nur langsam vorankommen. Das lasse sich den Bürgern kaum noch erklären, sagte von der Leyen.

Nach ihren Worten gingen allein zehn Millionen Impfdosen aus der EU ins Vereinigte Königreich. Im EU-Vertrag mit Astrazeneca seien zwei britische Fabriken für Lieferungen an die EU vorgesehen. «Wir warten immer noch auf Dosen, die aus Grossbritannien bei uns ankommen, sagte von der Leyen. »Dies ist also eine Einladung, uns zu zeigen, dass Dosen aus dem Vereinigten Königreich zu uns kommen und dass wir hier Gegenseitigkeit haben."

Auf Gegenseitigkeit und Verhältnismässigkeit komme es an. «Ich möchte hier ganz klar sein: Wenn sich diese Situation nicht ändert, werden wir darüber nachdenken, die Exporte in impfstoffproduzierende Länder vom Grad ihrer eigenen Offenheit abhängig zu machen», sagte die Kommissionschefin. «Wir werden auch darüber nachdenken, ob Exporte in Länder, die höhere Impfraten haben als wir, verhältnismässig sind.»

Sie fügte hinzu: «Wir sind bereit, alle Instrumente einzusetzen, die wir brauchen, um das zu erreichen.» Alle Optionen seien auf dem Tisch. Ihre Vorschläge will sie beim EU-Gipfel nächste Woche zur Debatte stellen. Die USA hat von der Leyen offenbar nicht im Visier. Sie sagte, im Austausch mit den Vereinigten Staaten sei Gegenseitigkeit gegeben, weil Impfstoffkomponenten frei gehandelt werden könnten.

Ein britischer Regierungssprecher verwies in London zu dem Thema auf ein Gespräch zwischen Premierminister Boris Johnson und von der Leyen zu Anfang des Jahres. Die Kommissionschefin habe damals zugesagt, dass der EU-Mechanismus zur Exportkontrolle ausschliesslich der Transparenz diene. «Wir sind alle auf globale Lieferketten angewiesen», so der Sprecher. Er fügte hinzu: «Wir erwarten, dass sich die EU an ihre Zusagen hält.» Auf die Frage, wie Grossbritannien die EU bislang in ihrem Impfprogramm unterstützt habe, verwies er auf Beiträge zum Covax-Programm, das ärmeren Ländern Zugang zu Impfstoffen ermöglichen soll. Die Priorität liege aber derzeit darauf, die britische Bevölkerung zu schützen.

Der britische Aussenminister Dominic Raab zeigte sich «überrascht und etwas beunruhigt» über von der Leyens Aussagen. «Das bedarf einer Erklärung», forderte Raab im Gespräch mit RTL/ntv. London sei von der EU-Kommission zugesichert worden, «dass es keine Pläne gibt, Exporte nach Grossbritannien zu beschränken». Grossbritannien halte sich an vertragliche Vereinbarungen. Gesundheitsminister Matt Hancock pochte seinerseits auf Gegenseitigkeit. London erwarte, dass Exportverträge eingehalten würden, sagte Hancock.

Exportbeschränkungen sind für die EU politisch heikel. Denn es ist gewünscht, dass die Pharmafirmen in Europa produzieren und hier neue Standorte aufbauen. Bisher hatte die EU-Kommission betont, solange Verträge mit der EU eingehalten würden, würden Ausfuhren nicht gestoppt. Doch wächst der politische Druck wegen des Impfstoffmangels. Einige Europapolitiker machen sich für einen völligen Exportstopp stark.

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