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Staatsanwalt fordert bedingte Freiheitsstrafe für Maudet

Der erste Staatsanwalt Stéphane Grodecki beantragt für Pierre Maudet wegen Vorteilsannahme eine bedingte Freiheitsstrafe von 14 Monaten. Er fand keine mildernden Umstände zu Gunsten des Genfer Staatsrats.

Agentur
sda
17.02.21 - 18:32 Uhr
Politik
Pierre Maudet: Der Staatsanwalt beantragt eine bedingte Freiheitsstrafe von 14 Monaten für den Staatsrat. Zudem soll der 42-jährige Politiker 84'000 Franken als Entschädigung an den Staat zurückzahlen.
Pierre Maudet: Der Staatsanwalt beantragt eine bedingte Freiheitsstrafe von 14 Monaten für den Staatsrat. Zudem soll der 42-jährige Politiker 84'000 Franken als Entschädigung an den Staat zurückzahlen.
Keystone/MARTIAL TREZZINI

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft sprach am Mittwoch vor dem Genfer Polizeigericht ausführlich über Geschenke und Zuwendungen, die als «Schmiergeld» für spätere Geschäfte dienen sollten. Für ihn fällt die Reise nach Abu Dhabi, die der Genfer Staatsrat 2015 mit seiner Familie und seinem ehemaligen Stabschef unternahm, zweifellos in diese Kategorie.

Der Aufenthalt in einem Luxuspalast wurde von zwei befreundeten Geschäftsleuten von Pierre Maudet arrangiert. Die Rechnung wurde von der emiratischen Königsfamilie bezahlt.

Für einen öffentlichen Beamten sei es eine Straftat, wenn ihm Geschenke angeboten würden, um seine Arbeit zu erledigen, sagte Grodecki. «Und diese Geschenke stellen auch dann ein Problem dar, wenn keine Gegenleistung verlangt wird.»

Geschenk von 50'000 Franken

Die Kosten für diese Reise an den Golf, die Logenplätze für den Besuch des Formel-1-Grand-Prix in Abu Dhabi beinhalteten, werden auf 50'000 Franken geschätzt. Dieser Betrag übersteige die Grenze dessen, was akzeptabel sei, sagte der Staatsanwalt. Ein Beamter dürfe Geschenke annehmen, deren Wert 150 Franken nicht übersteige, erinnerte Grodecki.

«Pierre Maudet wurde von der königlichen Familie von Abu Dhabi eingeladen, weil er ein Staatsrat ist. Seine Frau wurde eingeladen, nur weil er Staatsrat ist. Sein Stabschef Patrick Baud-Lavigne wurde eingeladen, nur weil er ein Staatsrat ist», führte Grodecki aus.

Für die beiden Geschäftsleute, Antoine Daher und Magid Khoury, sei es darum gegangen, die Beziehungen zu pflegen. Nach diesem Aufenthalt hätten die beiden mit Maudet befreundeten Unternehmer nicht weniger als 16 Gesuche, insbesondere an den damaligen Stabschef des Staatsrats gestellt, führte der Staatsanwalt weiter aus.

Behördliche Prozesse umgangen

Mit der gleichen Idee im Hinterkopf, nämlich durch Zuwendungen einen einfacheren Zugang zur Verwaltung zu erhalten, hätten die beiden Geschäftsleute eine Umfrage bezahlt, die später im Wahlkampf von Maudet 2017 eingesetzt wurde, sagte Grodecki weiter.

Dies habe schliesslich dazu geführt, dass behördliche Prozesse umgangen worden seien. Der Staatsanwalt führte das Beispiel der Eröffnung der Bar L'Escobar an, ein Lokal, in das Daher investiert hatte. Die Genehmigung zum Betrieb der Bar wurde trotz einem unvollständigen Gesuch erteilt.

Ein «U-Boot-Fahrer»

In seiner Anklageschrift betonte der erste Staatsanwalt «die miserable Mitarbeit» von Maudet während des Verfahrens. «Der Staatsrat war vor allem ein U-Boot-Fahrer, der dafür sorgte, dass kein Licht ins Dunkel kam, indem er die anderen Angeklagten zum Lügen drängte. Er hat alle angelogen», prangerte Grodecki den 42-Jährigen an.

Ausserdem beantragte Grodecki eine bedingte Freiheitsstrafe von 14 Monaten gegen Baud-Lavigne wegen Vorteilsannahme, Amtsgeheimnisverletzung und Amtsmissbrauchs. Für Daher forderte der Staatsanwalt eine Freiheitsstrafe von 8 Monaten auf Bewährung und für Khoury 12 Monate auf Bewährung.

Entschädigung an den Staat

Darüber hinaus verlangt Grodecki, dass Maudet 84'000 Franken als Entschädigung an den Staat Genf bezahlen muss. Diese Summe entspricht den Kosten für die Reise nach Abu Dhabi und den Kosten für die politische Umfrage.

Schliesslich bat er das Polizeigericht, dem ehemaligen Leiter der Genfer Gewerbepolizei mildernde Umstände zuzugestehen. Dieser Beamte sei «vor allem ein Opfer des Systems» gewesen. Dessen Anwalt, Alec Reymond, plädierte auf Freispruch. David Bitton, der Verteidiger von Daher, forderte ebenfalls einen Freispruch für seinen Mandanten.

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