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«Tests könnten Massnahmen ersetzen»

Der Kanton Graubünden will die Pandemie durch grössere Testaktionen mit Unternehmen und Schulen in den Griff kriegen. Geht der Plan auf, könnte zum Beispiel die Quarantänedauer verkürzt werden.

Südostschweiz
15.01.21 - 04:30 Uhr
Politik
Martin Bühler Leiter des Amts für Militär und Zivilschutz
Von den 25 Millionen Franken, die die Regierung am Donnerstag für die kantonale Impf- und Testkampagne gesprochen hat, soll rund die Hälfte für das Testen verwendet werden, sagt Martin Bühler im RSO-Interview.
OLIVIA AEBLI-ITEM

Das Ziel von Martin Bühlers Führungsstab ist hoch gesetzt: Sein Team will ab Februar 20'000 Personen pro Woche testen lassen. «So können wir die Pandemieentwicklung nachhaltig beeinflussen», sagt er im Interview mit Radio Südostschweiz. Die Flächentests im Unterengadin, in der Val Müstair und in der Region Bernina hätten einen positiven Effekt gehabt. «Das war nicht einfach nur eine Übung, die Ansteckungszahlen stagnierten in allen drei Regionen. Jetzt muss man weiter machen, sonst verpufft der Effekt.»

Nur: In Testzentren alleine sei es nicht möglich, so viele Leute zu testen. Zu stark ist das Gesundheitspersonal bereits mit den Coronapatienten beschäftigt. In den Spitälern sei die Situation trotz verbleibender Kapazitäten konstant angespannt.

«Wir wollen nicht wild drauf los testen»

Deshalb sieht die Bündner Teststrategie unter anderem vor, in Schulen und Betrieben grossflächige Tests durchzuführen, so Bühler. «Wir wollen aber nicht wild drauflos testen. Leute mit besonders hohem Infektionsrisiko haben Vorrang.» Das heisst: Wer exponierter ist, also beispielsweise nicht im Homeoffice arbeiten kann und viel Kontakt mit anderen Menschen hat, soll eher und auch öfter getestet werden. Für Schulen gelte, dass Mittelschüler durch Abstandsregeln und Maskenpflicht weniger gefährdet seien als Primarschülerinnen und Primarschüler, so Bühler. Und auch Bewohnerinnen und Bewohner von Alters- und Pflegeheimen werden in der Teststrategie priorisiert behandelt.

Interessierte Betriebe und Schulen können sich ab heute Freitag beim Kanton melden. Ende Monat will der Krisenstab bereit sein, ein «sportliches Ziel», wie Bühler sagt. Man sei auf Logistikpartner angewiesen. Die Idee: Arbeitnehmende lassen sich in den Unternehmen mit sogenannten «Spucktests» testen. Bei diesen Tests ist kein Abstrich nötig. Es wird lediglich der Speichel auf das Virus getestet. Die Unternehmen bringen die durchgeführten Tests an eine definierte Sammelstelle. Von dort liefert die Rhätische Bahn die Tests in die Labors im Kanton.

Diese sogenannten «Spucktests» seien zwar genauer, aber logistisch anspruchsvoller, weil sie im Labor analysiert werden müssen, sagt Bühler. In Laax werden solche Tests bereits seit längerer Zeit durchgeführt.

Mehr Testen, weniger Massnahmen

Wie realistisch sind 20'000 Tests pro Woche im Kanton? «Wir wissen, dass das in der Ausrollphase noch nicht gehen wird. Aber je mehr Unternehmen und Schulen wir einbeziehen können, desto näher kommen wir dem Ziel.» Bühler hofft sogar auf 30'000 bis 40'000 wöchentliche Tests. Diese könnten dann Massnahmen ersetzen, zum Beispiel die Quarantänedauer, sagt er. «Von 100 Leuten, die in Quarantäne sind, bleiben 90 gesund. Wir können es wagen, diese mit ganz viel Testen schon früher zurück an den Arbeitsplatz zu schicken.»

Von den 25 Millionen Franken, die die Regierung am Donnerstag für die kantonale Impf- und Testkampagne gesprochen hat, soll rund die Hälfte für das Testen verwendet werden. Es hätten sich bereits viele gemeldet, die sich an den geplanten Tests beteiligen wollten, sagt Bühler. «So können Leute Verantwortung für sich und ihr Umfeld übernehmen, anstatt eingesperrt und begrenzt zu werden.» (thf/jas)

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Das Problem ist, das der Test nur eine Momentaufnahme für den jeweiligen Tag ist. Es kann schon am Morgen darauf zu einer Ansteckung kommen, die dann nicht entdeckt wird. Der Getestete glaubt sich in falscher Sicherheit. Es müssten alle jede Woche getestet werden, was die Kapazitäten und Finanzen wohl übersteigen würde. Trotzdem spannendes Experiment !

Ich unterstütze diese Massnahme sehr. Sie ist für Pflegepersonal, Lehrkräfte, Firmen, die kein Homeoffice machen können (auch ÖV-Personal, Skiresort- und Hotelangestellte) gerade mit Blick auf die Virus Mutanten äusserst wichtig und wirkungsvoll, wenn die positiv getesteten dann auch konsequent isoliert und mit Tracing begleitet werden. Ich wünschte, dass in der ganzen Schweiz Massentest eingesetzt werden!

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