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Die Rechnung ist offenbar aufgegangen

Steuern sind der Preis für die Leistungen des Gemeinwesens. Für den Einzelnen sind sie gesunken, trotzdem hat das Gemeinwesen mehr zur Verfügung.

Fridolin
Rast
04.01.21 - 04:30 Uhr
Politik
Prost: Die neue Gemeinde Glarus schenkt den Feiernden in der Neujahrsnacht 2010/11 Tassen mit dem neuen Gemeindewappen.
Prost: Die neue Gemeinde Glarus schenkt den Feiernden in der Neujahrsnacht 2010/11 Tassen mit dem neuen Gemeindewappen.
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Der Kanton Glarus hat im Vorfeld der Gemeindestrukturreform von «drei starken Gemeinden» geredet. Damit hat er auch den Anspruch verbunden, dass diese möglichst auf eigenen Füssen stehen und wenig (finanzielle) Hilfe brauchen. Die Finanzordnung zwischen Kanton und Gemeinden wurde erneuert, Aufgaben wurden entflochten, etwa bei der Volksschule, die voll Sache der Gemeinden wurde. Und die Steuergelder entsprechend umverteilt.

Es sind nun halt nicht alle gleich

Doch Glarus Süd, das vom Start 2011 an für ein paar Jahre die grösste Gemeinde der Schweiz war, hat am wenigsten Einwohner, am wenigsten Arbeitsplätze, die weitläufigste Infrastruktur und die meisten Naturgefahren zu bewältigen. Noch bekommt es daher Überbrückungs-Finanzhilfe vom Kanton. Doch der Gemeinderat von Glarus Süd erwartet, auch nachher nicht ohne Geld aus dem Finanzausgleich bestehen zu können.

Am anderen Ende des Kantons wird Glarus Nord Opfer seines Erfolgs. Hier findet im Sog des Grossraums Zürich viel stärker als in Glarus und im Süden eine grosse Wohnbautätigkeit statt. Das Resultat: Es ziehen Familien mit Kindern zu, die Gemeinde braucht zusätzlichen Schulraum und muss weitere Infrastrukturen ausbauen. Wachstum bringt zwar Steuerzahler, aber im Moment keine grossen. So kostet das Wachstum erst einmal auch die Gemeinde Geld.

Mit diesen unterschiedlichen Entwicklungen bleibt auch die wiederkehrende Diskussion um den Finanzausgleich erhalten.

Die Steuern sind gesenkt worden

Die Gemeindestrukturreform mache das Gemeinwesen billiger, damit wurde damals geworben. Ob dem so ist oder gar im Gegenteil, darüber wird gestritten, seit es Gemeindefusionen gibt. Und eine einfache Antwort auf die Frage gibt es nicht, denn der Vergleich vorher – nachher auf Gemeindeebene ist nicht möglich. Zu viel hat sich geändert, Aufgaben – und entsprechende Gelder respektive Anteile an den Steuern – wurden mit der Reform zwischen Gemeinden und Kanton verschoben. Neben der Volksschule mussten die Gemeinden etwa die Finanzierung der Langzeitpflege übernehmen.

«Eine Aussage kann man daher nur über die gesamten Finanzen machen», sagt Urs Kundert, Leiter der Fachstelle Gemeindefragen beim Kanton. Jedenfalls für die Steuerzahler sei es besser geworden, analysiert der Regierungsrat. Er schrieb vor wenigen Wochen an den Landrat: «Die Gesamtsteuerbelastung ist von 2005 bis 2019 um mindestens 15 Prozent gesunken.»

Trotz dieser Senkung nehmen Kanton und Gemeinden zusammen heute mehr Steuern ein. Zu verdanken ist das offenbar der wachsenden Zahl Steuerzahler (Private und Firmen) und deren steigenden Einkommen. Die Zahlen dazu: Der Fiskalertrag von 2019 liegt mit 231,9 Millionen Franken gut 30 Prozent höher als der Durchschnitt der drei Jahre vor der Gemeindefusion (177,6 Millionen).

Vom Verlust zum Gleichgewicht

Gesenkt wurden die Steuern allerdings zu einem grossen Teil schon ein Jahr vor der Gemeindefusion auf Anfang 2010. So haben Kanton und Gemeinden als Ganzes die sogenannte Fusionsdividende, den erwarteten Spareffekt schon im Jahr vor der Umsetzung bezogen. Man wollte sich im Steuerwettbewerb mit den anderen Kantonen besserstellen, so die Begründung damals. Und man wollte die Gemeinden zur Sparsamkeit anhalten.

Diese Rechnung scheint aufgegangen zu sein. Der «betriebliche» Aufwand der Gemeinden, um ihre Aufgaben zu erfüllen, blieb praktisch gleich wie im Schnitt der drei Vor-Fusions-Jahre. Und dies, obwohl die neuen Gemeinden neu zum einen die Restkosten der Stationärpflege und zum anderen die vollen Kosten der Volksschule tragen.

Entsprechende Zahlen sieht man in den Gemeindefinanzratings des Kantons: Die drei Gemeinden haben ihr operatives Ergebnis von 2011 bis 2019 um total 17,4 Millionen Franken verbessert. Im ersten Jahr schrieben sie zusammengenommen ein 15-Millionen-Defizit. 2019 blieben ihnen dagegen 2 Millionen operativer Gewinn.

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