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Streit über Corona-Hilfen spaltet Trumps Republikaner

Die Forderung des amtierenden US-Präsidenten Donald Trump nach höheren Corona-Hilfszahlungen an Bürger hat ein heftiges politisches Gerangel ausgelöst - mit ungewöhnlichen Allianzen.

Agentur
sda
30.12.20 - 04:06 Uhr
Politik
ARCHIV - Mitch McConnell, republikanischer Senator aus Kentucky und Mehrheitsführer im Senat, beantwortet bei einer Pressekonferenz Fragen von Journalisten. Foto: Timothy D. Easley/AP/dpa/Archiv
ARCHIV - Mitch McConnell, republikanischer Senator aus Kentucky und Mehrheitsführer im Senat, beantwortet bei einer Pressekonferenz Fragen von Journalisten. Foto: Timothy D. Easley/AP/dpa/Archiv
Keystone/AP/Timothy D. Easley

Der republikanische Mehrheitsführer im US-Senat, Mitch McConnell, blockierte am Dienstag den Versuch der Demokraten, ein rasches Votum über eine Anhebung der Direkthilfen zu erreichen, und fing sich harsche Kritik von Trump ein. Sofern die Republikaner keine «Todessehnsucht» hätten, müssten sie die 2000-Dollar-Zahlungen alsbald ermöglichen, schrieb der Präsident auf Twitter.

Die Auseinandersetzung sorgt für ungewöhnliche Einigkeit zwischen dem Amtsinhaber und den eigentlich so verhassten Demokraten - und bringt auf den letzten Metern des Wahlkampfs zu Stichwahlen um zwei Senatssitze im US-Staat Georgia zusätzlichen Zündstoff. Die Wahlen am kommenden Dienstag entscheiden, ob die Republikaner ihre Mehrheit in der mächtigen Kammer halten und dem künftigen Präsidenten Joe Biden bei Vorhaben Steine in den Weg legen werden können.

Der US-Kongress hatte nach monatelangem Ringen vor gut einer Woche ein Konjunkturpaket im Umfang von rund 900 Milliarden Dollar beschlossen, um die Auswirkungen der Corona-Pandemie abzufedern. Darin enthalten sind auch einmalige Hilfszahlungen von 600 Dollar für Bürger mit einem gewissen Höchsteinkommen. Finanzminister Steven Mnuchin kündigte an, dass die ersten Zahlungseingänge in der Nacht auf Mittwoch erfolgen könnten.

Nach dem Kongressbeschluss hatte Trump sich zunächst geweigert, das Gesetzespaket zu unterschreiben. Unter anderem forderte er die Anhebung der Direkthilfen auf 2000 Dollar. Am Sonntag gab Trump seine Blockade auf und setzte das Paket mit seiner Unterschrift in Kraft. Zugleich erneuerte er seinen Wunsch nach höheren Hilfszahlungen. Die Demokraten nahmen Trumps Vorstoss umgehend auf. Das US-Repräsentantenhaus - wo die Demokraten die Mehrheit haben - stimmte am Montag für mehr Direkthilfen. Auch zahlreiche Republikaner unterstützten die populären Pläne.

Im Senat, in dem die Republikaner die Mehrheit haben, signalisierten ebenfalls mehrere republikanische Senatoren Unterstützung für das Vorhaben, darunter Kelly Loeffler und David Perdue, die in Georgia ihre Senatssitze verteidigen müssen. Andere Republikaner stemmten sich bislang jedoch gegen ein umfangreicheres Konjunkturpaket, unter anderem unter Verweis auf die Haushaltsdisziplin.

Ein schnelles Votum scheiterte am Dienstag schliesslich am Widerstand von McConnell. Er vertröstete die Demokraten und sagte, der Senat werde in dieser Woche «einen Prozess beginnen», sich mit den Direktzahlungen zu befassen, gemeinsam mit zwei anderen Anliegen des Präsidenten. Mehr Details nannte er nicht.

Der Streit über die Hilfszahlungen wirkt sich auch auf die Abstimmung über den Verteidigungshaushalt aus, die McConnell an diesem Mittwoch abhalten will. Der Protest des unabhängigen Senators Bernie Sanders könnte die Abstimmung aber bis Ende der Woche verzögern. Trump hatte gegen das massive Gesetzespaket sein Veto eingelegt. Es wird erwartet, dass nach dem Repräsentantenhaus auch der Senat Trumps Veto überstimmt - was eine Premiere in seiner Amtszeit und eine herbe Abfuhr seitens der Republikaner wäre.

Sanders mahnte eindringlich, die Kammer müsse so schnell wie möglich über eine Anhebung der Hilfszahlungen abstimmen. Die Menschen im Land bräuchten sofort Unterstützung, «nicht nächstes Jahr - jetzt sofort». Millionen Amerikaner hätten durch die Pandemie ihren Job verloren. Mitten im Winter seien viele Familien dem Risiko ausgesetzt, wegen ausstehender Mietzahlungen aus ihrem Zuhause geworfen zu werden. Mütter und Väter hätten Probleme, ihren Kindern genug Essen zu geben. Diebstähle in Supermärkten hätten zugenommen, weil Menschen hungrig seien. Und das alles passiere im wohlhabendsten Land der Welt.

Die Corona-Pandemie ist in den USA noch immer ausser Kontrolle. Biden versprach den Amerikanern bei einem Auftritt in Wilmington (Delaware), von seinem Amtsantritt am 20. Januar an seine Befugnisse zu nutzen, um die Herstellung von Impfstoffen und Schutzausrüstung zu beschleunigen. Seine Regierung wolle sicherstellen, dass in ihren ersten 100 Tagen 100 Millionen Impfungen verabreicht würden. «Wenn der Kongress die Mittel bereitstellt, könnten wir dieses unglaubliche Ziel erreichen», sagte Biden. Der Trump-Regierung warf er vor, dass ihr Impf-Zeitplan in Verzug gerate. Nach Angaben der «New York Times» wurden mehr als 2,1 Millionen Menschen gegen das Coronavirus geimpft.

Zugleich sagte Biden, dass den USA möglicherweise die härteste Phase in der Pandemie bevorstehe. Schon jetzt gebe es mehr als 330 000 Tote seit Beginn der Pandemie - und bevor sich die Lage verbessere, würden die Dinge zunächst schlimmer werden. «Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Infektionen über die Feiertage zu einem Anstieg der Fallzahlen im Januar und zu einer steigenden Zahl von Todesfällen im Februar führen werden», sagte Biden. Der Demokrat kündigte zudem weitere Mitglieder seiner Corona-«Eingreiftruppe» an.

In keinem anderen Land gibt es so viele bekannte Corona-Infektionen und -Tote wie in den USA, wo rund 330 Millionen Menschen leben. Im Schnitt wurden in den letzten sieben Tagen täglich rund 180 000 Neuinfektionen verzeichnet. Im US-Staat Colorado wurde am Dienstag bei einem jungen Mann die neue Coronavirus-Variante nachgewiesen, die erstmals in Grossbritannien entdeckt worden war und die möglicherweise deutlich ansteckender als die bisher bekannte Form ist.

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