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Prozess um Khashoggi-Mord: Zeuge berichtet von bedrohlichem Anruf

Im Prozess um den vor zwei Jahren brutal ermordeten saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi in der Türkei hat das Gericht die Verhandlung nach rund einer Stunde vertagt.

Agentur
sda
24.11.20 - 16:20 Uhr
Politik
ARCHIV - Der Prozess im Khashoggi-Mord wird in der Türkei fortgesetzt. Foto: Hasan Jamali/AP/dpa
ARCHIV - Der Prozess im Khashoggi-Mord wird in der Türkei fortgesetzt. Foto: Hasan Jamali/AP/dpa
Keystone/AP/Hasan Jamali

Das Istanbuler Gericht vernahm am Dienstag einen engen Freund Khashoggis, wie Christian Mihr, Prozessbeobachter von der Organisation Reporter ohne Grenzen der Deutschen Presse-Agentur sagte. Der nächste Prozesstag in Istanbul solle am 4. März stattfinden.

Der Befragte sagte vor Gericht Mihr und anderen Beobachtern zufolge aus, dass Khashoggi sich lange vor seinem Tod unter anderem von einem Anruf des saudischen Vize-Geheimdienstchefs bedroht gefühlt habe. Der habe Khashoggi gesagt, dass er seine Kinder kenne und wisse, wo sie lebten. Von Drohungen hatte Kashoggi selbst bereits vor seiner Ermordung berichtet. Nach seinem ersten Besuch im saudischen Konsulat wenige Tage vor seiner Ermordung hätten sich die Sorgen gelegt. Khashoggi habe gesagt, dass er vielleicht zu schlecht über die Saudis denke.

Khashoggi war am 2. Oktober 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul von einem Spezialkommando aus Riad getötet worden. Die türkische Justiz rollt den Fall auf. Der Prozess begann Anfang Juli gegen 20 Angeklagte.

Angeklagt sind insgesamt 26 saudische Staatsbürger. Die Vorwürfe reichten von direkter Mitwirkung bis zu Anstiftung, so Mihr. Das Gericht hatte zuvor zwei Anklageschriften zusammengeführt. Von den Angeklagten habe keiner an dem Prozess teilgenommen. Von vorgeladenen zwei Zeugen sei nur einer erschienen und der Verhandlungstag nach einer knappen Stunde für beendet erklärt worden.

Die Führung des islamisch-konservativen Königreichs war nach dem Mord scharfer Kritik ausgesetzt. Die saudische Regierung räumte den Mord erst auf internationalen Druck hin ein. Die Spuren führten damals bis in das engste Umfeld des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman. Bin Salman bestritt, die Tötung selbst angeordnet zu haben.

Das Verfahren in der Türkei hat eine starke politische Bedeutung, da die Türkei und Saudi-Arabien Rivalen sind und in der Region um Einfluss buhlen. Vergangene Woche erst hatten sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und bin Salman jedoch darauf verständigt, die Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu verbessern.

Ein saudisches Gericht hatte Anfang September fünf Angeklagte zu 20 Jahren Haft verurteilt und damit offensichtlich eine Ende vergangenen Jahres verhängte Todesstrafe gegen die fünf Männer aufgehoben. Zuvor hatte Khashoggis Familie erklärt, dass sie den Tätern vergebe.

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Bewusstseinsmässig lebt man in KSA noch im Mittelalter. Zu der Zeit ging es auch in Europa nicht zimperlich zu. Die Türkei istda schon etwas aufgeklärter, weil sie mit Mustafa Kemal Atatürk schon einen Aufklärer in ihren Reihen hatten. Gegenwärtig ist in der Türkei allerdings nicht mehr viel davon übrig. Bei den Saudis wahr lediglich Mohamed und das Öl eine inspirierend aber auch gefährliche Mischung. Man muss bei den Handlungen dieser Staaten keine Ethik erwarten, die über ihre eigenen Interessen hinausgeht. Eigentlich sollte der Einfluss Europas mildernd auf die Beteiligten wirken, aber nicht aus Geschäftsinteresse, sondern aus moralischer Stärke. Davon ist Europa aber im Augenblick noch ziemlich weit entfernt.

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