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Biden verspricht als Wahlfavorit mehr Einheit in Amerika

Vor seinem wahrscheinlichen Sieg bei der Wahl in den USA hat der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden die Amerikaner zur Einheit aufgerufen.

Agentur
sda
07.11.20 - 07:58 Uhr
Politik
Joe Biden bei einem Auftritt in Wilmington im US-Bundesstaat Delaware. Foto: Carolyn Kaster/AP/dpa
Joe Biden bei einem Auftritt in Wilmington im US-Bundesstaat Delaware. Foto: Carolyn Kaster/AP/dpa
Keystone/AP/Carolyn Kaster

«Wir mögen Gegner sein, aber wir sind keine Feinde», betonte Biden, während noch die letzten Stimmen nach der Präsidentenwahl ausgezählt wurden. Es sei an der Zeit, den Zorn abzulegen und gemeinsam als eine Nation zu heilen. Biden liegt in wichtigen Bundesstaaten vorn und ist damit auf dem Weg zum Sieg.

Biden zeigte bei seinem Auftritt in der Nacht zum Samstag wenig Zweifel an seinem Sieg. «Wir werden dieses Rennen mit einer klaren Mehrheit und der Nation hinter uns gewinnen», sagte er in seinem Wohnort Wilmington.

Das zeigen auch die aktuellen Zahlen aus den Bundesstaaten Pennsylvania, Georgia, Arizona und Nevada, wo er in Führung liegt. Zugleich betonte Biden, dass er sich noch nicht zum Sieger erklären werde. Amtsinhaber Donald Trump hatte bereits den Sieg für sich reklamiert und ohne Beleg behauptet, dass die Demokraten versuchten, ihm die Präsidentschaft durch Betrug zu stehlen.

Biden sagte zugleich, er und Vize-Kandidatin Kamala Harris hätten bereits damit angefangen, unter anderem an Massnahmen gegen die Corona-Pandemie zu arbeiten. Man könne den bereits verstorbenen Amerikanern nicht mehr helfen - aber «wir können in der Zukunft viele Menschenleben retten», sagte der 77-Jährige. Biden wirft Trump vor, er habe in der Corona-Krise versagt und dadurch unnötig den Tod vieler Amerikaner verschuldet. Die Zahl der täglichen Neuinfektionen stieg in dieser Woche auf Rekordstände mit mehr als 120 000.

Die Auszählung der Ergebnisse der Wahl vom Dienstag ging unterdessen weiter. Nach derzeitigem Stand des Rennens müsste Biden nur noch den Bundesstaat Pennsylvania mit seinen 20 Wahlleuten gewinnen, um sich die für den Sieg nötige Mehrheit von 270 Wahlleuten zu sichern.

Nach den bereits entschiedenen Rennen in der Mehrzahl der US-Bundesstaaten verfügt der ehemalige Vizepräsident unter Barack Obama bereits über mindestens 253 Stimmen. Auch in Georgia, Arizona und Nevada lag er vorn. Dagegen sah es für Trump in North Carolina und Alaska gut aus - was ihm allerdings nicht reichen würde.

Die Auszählung zieht sich bei der diesjährigen US-Wahl wegen der hohen Wahlbeteiligung und der Corona-Pandemie hin. Viele Bundesstaaten hatten unter anderem ihre Regeln für die Briefwahl angepasst, um die Wähler nicht einer Infektionsgefahr im Wahlbüro auszusetzen. Millionen Amerikaner machten davon Gebrauch.

Der Präsident wird in den USA nicht direkt gewählt, sondern von einer Wahlversammlung (Electoral College) im Dezember. Die Amtseinführung soll am 20. Januar 2021 stattfinden.

Trump (74) hat bereits deutlich gemacht, dass er sich nicht mit einer Niederlage abfinden und sich unter anderem mit einer Klagewelle wehren will. «Ich hatte in all diesen Staaten bis spät in die Wahlnacht hinein einen so grossen Vorsprung, nur um all den Vorsprung auf wundersame Weise verschwinden zu sehen, als die Tage vergingen», schrieb Trump bei Twitter. «Vielleicht wird all der Vorsprung zurückkehren, wenn unsere rechtlichen Verfahren voranschreiten!»

Trump stellt sich als Opfer systematischen Wahlbetrugs dar, ohne irgendeinen Beweis für seine Behauptungen zu nennen. Der Präsident kündigte an, sich mit einer ganzen Serie von Klagen bis hinauf zum Obersten Gericht gegen eine Niederlage zu wehren. Der Leiter der Rechtsabteilung von Trumps Team, Matt Morgan, erklärte am Freitag: «Diese Wahl ist nicht vorbei.» In Trumps Partei gibt es inzwischen Kritik an Trumps Verhalten nach der Wahl. Mehrere führende Republikaner mahnten, die demokratischen Regeln einzuhalten.

Konkrete Anhaltspunkte für massiven Wahlbetrug gibt es keine. Die Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) kamen zu dem Schluss, sie hätten «keinerlei Hinweise auf systemische Probleme finden können».

In den noch ausstehenden Bundesstaaten stellte sich die Situation in der Nacht auf Samstag (04.00 MEZ) wie folgt dar:

PENNSYLVANIA (20 Stimmen):

In dem Staat im Nordosten führte Trump zu Beginn der Auszählung zeitweise mit mehr als 700 000 Stimmen. Biden holte aber mit Auszählung der Briefwahlstimmen immer mehr auf und übernahm am Freitag die Führung in dem Rennen. Zuletzt hatte er einen Vorsprung von mehr als 27 000 Stimmen - etwa 0,4 Prozentpunkte.

GEORGIA (16 Stimmen):

In dem Staat im Südosten lag Trump anfangs mit mehr als 300 000 Stimmen vorn. Im Laufe der Auszählung schmolz der Vorsprung zusammen. Am Freitag hatte Biden einen Vorsprung von mehr als 4000 Stimmen, weniger als 0,1 Prozentpunkte. Bei einer erwarteten Neuauszählung soll jede Stimme neu eingescannt werden, was bis Ende November dauern könnte. Die Demokraten haben Georgia seit 1992 nicht mehr gewonnen.

ARIZONA (11 Stimmen):

Die Nachrichtenagentur AP und der Fernsehsender Fox hatten den Staat recht früh in der Wahlnacht bereits Biden zugeschlagen. Andere Medien hielten sich zurück. Im Laufe der Auszählung konnte Trump aufholen. Biden hielt zuletzt einen Vorsprung von rund 30 000 Stimmen.

NEVADA (6 Stimmen):

In dem Staat im Westen - mit der Glücksspiel-Hochburg Las Vegas - sah es nach einem knappen Erfolg Bidens aus. Er führte zuletzt mit mehr als 22 500 Stimmen.

NORTH CAROLINA (15 Stimmen):

In dem Ostküsten-Staat lag Trump mit mehr als 76 000 Stimmen vorn, was für Biden kaum noch einzuholen war. Besonderheit: In North Carolina werden sogar noch Briefwahlstimmen gezählt, die bis zum 12. November eingehen - also neun Tage nach dem Wahltag. Mit einem Ergebnis wurde am Freitag nicht mehr gerechnet. Alaska, wo es ebenfalls noch kein Ergebnis gab, gilt als sichere Bank für Trump.

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