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Bundesrat erlaubt Schweizer Hochseeschiffen Flucht in fremde Flagge

Die Schweizer Hochseeschifffahrt steht vor dem Aus: Wegen der Probleme eines einzelnen Unternehmens droht der Schweizer Flagge die Schwarze Liste. Nun erlaubt der Bundesrat den Reedern die Flucht in fremde Flaggen.

Agentur
sda
11.09.20 - 17:16 Uhr
Politik
Die Schweizer Flagge zur See ist zum Risiko geworden. (Archivbild)
Die Schweizer Flagge zur See ist zum Risiko geworden. (Archivbild)
KEYSTONE/STR

Damit will er verhindern, dass die vom Bund gewährten Bürgschaften gezogen werden. Nach geltendem Recht werden Bürgschaften nur für Hochseeschiffe unter Schweizer Flagge gewährt. Mit einer am Freitag beschlossenen Verordnungsänderung ermöglicht der Bundesrat nun den Flaggenwechsel, falls das Blacklisting droht.

Die neue Regelung gilt ab dem 1. November. Er reagiere damit auf die zurzeit hohe Gefahr einer Abwertung der Schweizer Flagge zur See und die damit verbundenen Risiken, schreibt der Bundesrat in einer Mitteilung. Für den Bund besteht das Risiko in Bürgschaften in Höhe von 332,4 Millionen Franken. Diese hat er für 18 der 19 verbliebenen Schweizer Hochseeschiffe gewährt.

Höhere Kosten

Geraten diese respektive die Eigner wegen der Schwarzen Liste in wirtschaftliche Schieflage, muss der Bund geradestehen. Nach Angaben des zuständigen Volkswirtschaftsdepartements (WBF) gelten Schweizer Schiffe mit dem Blacklisting als «riskant». Das führe zu Diskriminierungen in den Häfen, möglicherweise zum Verlust von Frachtverträgen und höheren Versicherungsprämien. Mit höheren Kosten sänken die Erträge.

Das will der Bundesrat verhindern, indem er die «Flucht» in unverdächtige Flaggenstaaten erlaubt. Der Bund behalte auch unter einer fremden Flagge zur Absicherung seiner Bürgschaft ein erstrangiges Pfandrecht, heisst es in der Mitteilung. Ein allfälliger Einsatz der Schiffe für die Landesversorgung wird vertraglich abgesichert.

Kein Spielraum mehr

Hintergrund sind die Schwierigkeiten der Genfer Massoel-Reederei. Nach dem Verkauf ihrer acht Schiffe musste das Parlament im November 2019 einen Nachtragskredit von 129 Millionen Franken genehmigen. Zuvor waren die Schiffe aber fünfmal wegen Mängeln in Hafenkontrollen hängengeblieben. Das bringt nun die ganze Hochseeschifffahrt an den Rand des Ruins.

Das System zur Durchsetzung der Vorschriften für die Seeschifffahrt gewährt jedem Flaggenstaat eine bestimmte Anzahl von Festhaltungen wegen Mängeln. Diese richtet sich nach der Zahl der durchgeführten Kontrollen. Mit sechs Festhaltungen über drei Jahre hinweg ist die Schweiz heute auf der grauen Liste, bei neun Festhaltungen kommt sie auf die Schwarze Liste.

Nach aktuellem Stand kann sich die Schweizer Flagge damit laut WBF noch zwei Vorfälle erlauben, bevor der Schwellenwert überschritten wird. Die Festhaltungen aus dem Jahr 2019 drücken erst nach drei Jahren nicht mehr auf den Zähler.

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