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Internetriesen fürchten drakonisches Sicherheitsgesetz in Hongkong

Aus Angst vor dem neuen Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit in Hongkong gehen grosse Internetkonzerne auf Distanz zu der chinesischen Sonderverwaltungsregion. Die populäre internationale Videoplattform TikTok kündigte am Dienstag an, sich vom Hongkonger Markt zurückzuziehen.

Agentur
sda
07.07.20 - 11:23 Uhr
Politik
Blick auf einen Monitor auf dem die Videoplattform TikTok geöffnet ist. Aus Angst vor dem neuen Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit in Hongkong zieht sich die populäre internationale Videoplattform TikTok aus der chinesischen…
Blick auf einen Monitor auf dem die Videoplattform TikTok geöffnet ist. Aus Angst vor dem neuen Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit in Hongkong zieht sich die populäre internationale Videoplattform TikTok aus der chinesischen…
Keystone/ZUMA Wire/Rishi Deka

Das chinesische Mutterhaus ByteDance bestätigte nach chinesischen Medienberichten, dass der internationale TikTok-Dienst «angesichts der jüngsten Ereignisse» in Hongkong eingestellt werde. Die zensierte und in der kommunistischen Volksrepublik verfügbare chinesische Plattform-Version «Douyin» werde in der asiatischen Hafenmetropole aber weiter betrieben.

Internationale Internetkonzerne und Chatplattformen wie Facebook, WhatsApp, Google, Twitter und Telegram kündigten an, mögliche Anfragen Hongkonger Behörden, Daten von Nutzern zur Verfügung zu stellen, vorerst nicht zu beantworten. Facebook teilte mit, vor weiteren Entscheidungen zunächst Menschenrechtsexperten über die Auswirkungen des neuen Gesetzes konsultieren zu wollen.

Wenn die Unternehmen nicht kooperieren, könnten ihre Dienste in Hongkong wie auch heute schon in der Volksrepublik geblockt werden.

Das Gesetz sieht vor, dass Dienste-Anbieter auf Anfrage «Identifikationsnachweise oder Hilfe bei der Entschlüsselung zur Verfügung stellen» müssten. Das weitgehende, drakonische Gesetz richtet sich gegen Aktivitäten, die aus Pekinger Sicht als separatistisch, subversiv und terroristisch betrachtet werden.

Es gibt chinesischen Sicherheitsorganen weitreichende und unkontrollierte Vollmachten in Hongkong, ermöglicht eine Auslieferung nach China und sieht als Höchststrafe lebenslange Haft vor.

Seit der Rückgabe 1997 an China wurde die ehemals britische Kronkolonie nach dem Grundsatz «ein Land, zwei Systeme» als eigenes Territorium autonom regiert. Mit dem Gesetz und dem eigenmächtigen Einsatz der chinesischen Staatssicherheit in Hongkong werden die bisher gewährten Freiheiten und Rechte der Hongkonger nach Einschätzung von unabhängigen Juristen allerdings stark beschnitten. Kritiker sehen heute nur noch «ein Land, ein System».

Die Geheimhaltung um das Gesetz und seine Umsetzung dauert weiter an. Regierungschefin Carrie Lam betonte, dass die dafür neu geschaffene Sicherheitskommission in Hongkong geheim arbeiten werde. Auch beantwortete sie besorgte Fragen von Journalisten über die Zukunft der Pressefreiheit nur ausweichend. Sie wolle keine Garantie geben, weil die Journalisten ihr auch keine 100-prozentige Garantie geben würden, dass sie nicht gegen das Gesetz verstossen würden.

Mit dem Rückzug von TikTok aus Hongkong demonstriert der chinesische Internetkonzern ByteDance einmal mehr seine schon länger laufenden Bemühungen, die internationale Plattform von der chinesischen Version zu trennen. Das chinesische Unternehmen wird im Ausland wegen einer möglichen Nähe zu Chinas Behörden und dem Umgang mit persönlichen Daten mit Argwohn betrachtet.

In den Spannungen um den Grenzstreit mit China hatte Indien sogar TikTok und 58 andere chinesische Apps verboten, was zu Milliardenverlusten für ByteDance führen dürfte.

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