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EuGH: Ungarisches NGO-Gesetz verstösst gegen EU-Recht

Im Streit um aus dem Ausland finanzierte Nichtregierungsorganisationen hat die ungarische Regierung eine Niederlage vor dem Europäischen Gerichtshof kassiert. Das sogenannte NGO-Gesetz verstosse gegen EU-Recht, urteilten die Luxemburger Richter am Donnerstag (Rechtssache C-78/18).

Agentur
sda
18.06.20 - 11:13 Uhr
Politik
ARCHIV - Ein Schild mit der Aufschrift «Cour de Justice de l'union Européene» steht vor den Bürotürmen des Europäischen Gerichtshofs im Europaviertel auf dem Kirchberg. Der Europäische Gerichtshof urteilt an diesem Donnerstag über das ungarische NGO…
ARCHIV - Ein Schild mit der Aufschrift «Cour de Justice de l'union Européene» steht vor den Bürotürmen des Europäischen Gerichtshofs im Europaviertel auf dem Kirchberg. Der Europäische Gerichtshof urteilt an diesem Donnerstag über das ungarische NGO…
Keystone/dpa/Arne Immanuel Bänsch

Das Gesetz wurde 2017 von der Regierungsmehrheit des rechtsnationalen Ministerpräsidenten Viktor Orban verabschiedet. Es sieht vor, dass sich NGOs, die Spenden aus dem Ausland erhalten, ab einem bestimmten Schwellenwert bei den ungarischen Behörden registrieren lassen müssen. Die Informationen werden online veröffentlicht. Zudem müssen die NGOs auf ihrer Webseite und in anderen Veröffentlichungen angeben, sie seien eine «aus dem Ausland unterstützte Organisation».

Kritiker sagen, das Gesetz sei auf US-Investor und Grossspender George Soros zugeschnitten. Orban führt seit Jahren Kampagnen gegen den aus Ungarn stammenden Holocaust-Überlebenden. Dabei hetzt er auch mit antisemitischen Stereotypen.

Um unter das NGO-Gesetz zu fallen, muss eine Organisation mehr als 7,2 Millionen Forint (etwa 20 500 Euro) im Jahr aus dem Ausland erhalten. Zudem muss sie bei der Registrierung die Anzahl der Spender angeben, deren Unterstützung 500 000 Forint (etwa 1 500 Euro) übersteigt.

Die EU-Kommission, die in der Staatengemeinschaft die Einhaltung von EU-Recht überwacht, leitete wegen des Gesetzes ein Verfahren gegen Ungarn ein. Als Budapest nicht einlenkte, klagte die Behörde vor dem EuGH.

Die Luxemburger Richter gaben der EU-Kommission nun Recht. Die Regeln seien diskriminierend und schränkten die betroffenen Organisationen, aber auch die Spender ungerechtfertigt ein. Dies verstosse unter anderem gegen den Grundsatz des freien Kapitalverkehrs. Ebenso verletze es unter anderem das Recht auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten.

Die Civil Liberties Union for Europe, eine Menschenrechtsorganisation für bürgerliche Freiheiten in der EU, wertete das Urteil als grossen Erfolg. Es zeige, dass das ungarische Gesetz nur darauf angelegt sei, die öffentliche Debatte und öffentliche Kritik abzuwürgen, indem die Reputation und die Finanzen unabhängiger Organisationen angegriffen würden, sagte Linda Ravo.

Der Konflikt um das NGO-Gesetz ist nicht der einzige Streit zwischen Brüssel und Budapest. Die EU-Kommission klagte in den vergangenen Jahren mehrfach gegen Ungarn vor dem höchsten EU-Gericht. Häufig ging es um die ungarische Asyl- und Migrationspolitik. Zuletzt befand der EuGH Mitte Mai, die ungarischen Transitlager für Asylbewerber verstiessen gegen EU-Recht.

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