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Räte einigen sich auf Überbrückungsrente für Ausgesteuerte ab 60

Der Streit um die Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose ist beigelegt: Der Ständerat hat am Mittwoch das letzte Detail zum neu geschaffenen Sozialwerk geklärt. Es handelt sich um einen gut schweizerischen Kompromiss.

Agentur
sda
10.06.20 - 09:11 Uhr
Politik
Für ältere Arbeitslose verläuft die Stellensuche oft erfolglos. Vom Parlament beschlossene Leistungen sollen nun die Zeit bis zur Pensionierung überbrücken. (Themenbild)
Für ältere Arbeitslose verläuft die Stellensuche oft erfolglos. Vom Parlament beschlossene Leistungen sollen nun die Zeit bis zur Pensionierung überbrücken. (Themenbild)
KEYSTONE/GAETAN BALLY

Der Ständerat hiess den Antrag der Einigungskonferenz mit 27 zu 16 Stimmen und bei 2 Enthaltungen gut. Nein-Stimmen kamen aus der SVP, der CVP- und der FDP-Fraktion. Das Parlament versuchte bei der Schaffung einer Überbrückungsrente für ältere Arbeitslose den Spagat: Es wollte die Altersarmut senken, ohne Fehlanreize im Arbeitsmarkt zu schaffen.

Das nun fertig behandelte Bundesgesetz sieht vor, älteren ausgesteuerten Arbeitslosen mit einer Rente unter die Arme zu greifen. Sie sollen möglichst nicht mehr in die Sozialhilfe abrutschen. Als Vorbild dienen die bereits etablierten Ergänzungsleistungen.

Rund 3400 Betroffene

Das Parlament will allerdings weniger auslegen als der Bundesrat beantragt hatte. Statt jährlich rund 230 Millionen für 4600 potenzielle Bezügerinnen und Bezüger wollen die Räte pro Jahr nur 150 Millionen für 3400 Betroffene ausgeben.

Gegen den Widerstand der Linken hatten sich die Räte unter anderem darauf geeinigt, dass nur mit 60 Jahren oder später ausgesteuerte Personen Anspruch auf Überbrückungsleistungen haben sollen. Ursprünglich zählte der Nationalrat alle 60-jährigen Ausgesteuerten, unabhängig vom Zeitpunkt der Aussteuerung, zum potenziellen Kreis von Bezügern dazu.

Überbrückungsleistungen beantragen können gemäss Parlamentsbeschluss Personen, bei denen das Reinvermögen weniger als 50«000 Franken (für Alleinstehende) und 100»000 Franken (für Ehepaare) beträgt. Das entspricht der Hälfte der Vermögensschwelle für Ergänzungsleistungen. Zum Reinvermögen zählen auch Guthaben aus der 2. Säule, soweit sie einen vom Bundesrat zu definierenden Betrag übersteigen.

Leistungen plafoniert

Zudem soll die Überbrückungsrente gegen oben begrenzt sein. Der Nationalrat kam im Laufe der Beratungen auf seinen ursprünglichen Entscheid zurück und folgte dem Ständerat, der von Anfang an für eine Plafonierung eingestanden war.

Das Parlament setzte für Ehepaare und Personen mit Kindern den Plafond der Überbrückungsleistungen beim 2,25-Fachen des allgemeinen Lebensbedarfs fest. Das entspricht 65'643 Franken pro Jahr. Dieser Plafond enthält auch die separat vergüteten Krankheits- und Behinderungskosten.

Nach dreimaligen Hin und Her zwischen den Räten musste wegen eines Details die Einigungskonferenz ans Werk. Es ging um die Höhe des Plafonds für Alleinstehende, bei dem der Ständerat den Faktor 2 des allgemeinen Lebensbedarfs vorsah, der Nationalrat aber das 2,25-Fache. In der Einigungskonferenz setzte sich der Vorschlag der grossen Kammer durch. Diese dürfte deshalb am Donnerstag dem Vorschlag zustimmen. Die Vorlage wäre damit bereit für die Schlussabstimmungen.

Mit Blick auf SVP-Initiative

Die Zeit drängt. Das neue Sozialwerk hätte schon in der Frühjahrssession unter Dach und Fach gebracht werden sollen. Diese wurde aber wegen der Corona-Pandemie abgebrochen.

Grund für die Eile ist die Abstimmung zur Begrenzungsinitiative der SVP, die im September stattfinden wird. Die Gegner der Initiative sehen in den Überbrückungsleistungen ein geeignetes Vehikel im Abstimmungskampf, indem indem sie negative Folgen der Personenfreizügigkeit abfedert.

Die SVP war nicht nur deswegen von Anfang an gegen die Vorlage. Sie führte immer wieder die Kosten als Gegenargument an. Gegen Ende der Beratungen argumentierte die Fraktion zusätzlich mit der aktuellen Corona-Krise. Arbeitgeber würden nun erst recht ältere Arbeitskräfte in die Überbrückungsrente abschieben. Zudem könne sich die Schweiz das neue Sozialwerk wegen der angehäuften Schulden erst recht nicht leisten. Die SVP droht mit einem Referendum gegen die Vorlage.

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