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Nationalrat stimmt CO2-Gesetz im zweiten Anlauf deutlich zu

Nach über zwölf Stunden Beratung hat der Nationalrat am Mittwochnachmittag das CO2-Gesetz zu Ende beraten. In der Gesamtabstimmung wurde die Vorlage zur konkreten Umsetzung des Pariser Klimaabkommens deutlich angenommen - mit 135 zu 59 Stimmen bei einer Enthaltung.

Agentur
sda
10.06.20 - 18:12 Uhr
Politik

In einem ersten Anlauf hatte die grosse Kammer - noch in alter Zusammensetzung vor den Wahlen und vor den weltweiten Klimaprotesten - die Totalrevision des CO2-Gesetzes am Ende abgelehnt. Im zweiten Anlauf stimmten nur die SVP-Fraktion sowie einzelne FDP-Vertreter dagegen.

Der Nationalrat folgte mit wenigen Ausnahmen seiner vorberatenden Umweltkommission und vielen Entscheiden des Ständerats. Die allermeisten der über achtzig Minderheits- und Einzelanträge waren chancenlos. Die SVP wollte das CO2-Gesetz verwässern, die Ratslinke noch weiter verschärfen. Durchgesetzt hat sich ein moderater Kurs.

Kompromisse hüben wie drüben

Eine Kehrtwende machte die FDP-Fraktion. Sie stimmte neuen Klimamassnahmen anders als noch vor anderthalb Jahren mehrheitlich zu. Die FDP bekannte sich nach einer kontroversen internen Debatte zu einer ambitionierten Klimapolitik.

Die Grünen zeigten sich ebenfalls kompromissbereit. Obwohl viele ihrer Anträge scheiterten, stimmten sie am Schluss der Vorlage zu. Im Dezember 2018 hatten sie das verwässerte CO2-Gesetz in der Schlussabstimmung abgelehnt. Die SP-Vertreter, die sich damals mehrheitlich der Stimme enthalten hatten, gaben der Vorlage nun ebenfalls ihren Segen.

Die GLP- und die Mitte-Fraktion schliesslich gehörten fast durchs Band zu den Gewinnerinnen. Weitgehend auf ihren Vorschlägen basierten die verschiedenen Änderungen im Bundesgesetz über die Verminderung von Treibhausgasemissionen - wie das CO2-Gesetz offiziell heisst.

Verschiedene Mittel im Klimafonds

Zuletzt hatte der Nationalrat noch zu entscheiden, wie die Mittel aus dem neuen Klimafonds verwendet werden sollen. In den Fonds sollen ein Drittel des Ertrags aus der CO2-Abgabe und knapp die Hälfte aus der Flugticketabgabe fliessen.

Nach dem Willen der grossen Kammer sollen auch die Ersatzleistungen von Autoimporteuren in den Klimafonds fliessen. Diese werden dann fällig, wenn die Importeure die CO2-Zielvorgaben für ihre Neuwagenflotten nicht einhalten.

Ländliche Regionen nicht vergessen

Sprecher Stefan Müller-Altermatt (CVP/SO) sagte, die Kommission unterstütze einen Klimafonds, mit dem ein breites Spektrum an Massnahmen gefördert werden könne. Sie lege aber Wert darauf, dass auch die ländlichen und alpinen Regionen zum Zug kämen.

Der Rat verankerte nun im Gesetz, dass der Bundesrat bei der Verteilung der Gelder die wirtschaftliche Situation dieser Regionen berücksichtigen muss. Zudem will der Nationalrat die Mittel aus den Sanktionen hälftig an den Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds (NAF), hälftig für Anpassungsmassnahmen einsetzen.

Erneuerbaren Flugtreibstoff fördern

Weiter hielt der Nationalrat ausdrücklich fest, dass die Fondsmittel auch für die Entwicklung von erneuerbarem Flugtreibstoff eingesetzt werden können. Dabei dürften die Förderbeiträge für erneuerbare Treibstoffe bis zu 80 Prozent der Mehrkosten gegenüber fossilem Kerosin decken.

Anfänglich wären 100 Millionen Franken pro Jahr dafür vorgesehen. Erweist sich die Technologie als erfolgreicher Weg, könnte der Unterstützungsbeitrag auf 300 Millionen Franken ansteigen.

Nachtzüge fördern

Gleichzeitig will die grosse Kammer sicherstellen, dass mit den Klimafonds-Geldern auch grenzüberschreitende Zugreisen inklusive Nachtzüge als Alternative zu Flugreisen gefördert werden können. Diese Förderungsmöglichkeit hat der Nationalrat explizit im Gesetz verankert. Darüber hinaus will er CO2-neutrale Antriebstechnologien im öffentlichen Verkehr unterstützen.

Wie der Ständerat will der Nationalrat die Finma und die Nationalbank verpflichten, die klimabedingten finanziellen Risiken regelmässig zu überprüfen. Die grosse Kammer hält aber zusätzlich fest, dass die Berichte öffentlich sind und auch Massnahmen vorschlagen sollen.

Über diese und verschiedene weitere Differenzen wird nun wieder der Ständerat beraten.

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