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(Ergänzung) / Parlament in Polen billigt Präsidentenwahl per Brief - Termin unklar

Nach der Einigung auf eine Verschiebung der Präsidentenwahl in Polen hat das Parlament in Warschau am Donnerstag für eine Änderung des Wahlrechts gestimmt. Die Novelle der nationalkonservativen Regierungspartei PiS sieht vor, die Wahl des Staatsoberhaupts wegen der Coronavirus-Epidemie als reine Briefwahl abzuhalten.

Agentur
sda
07.05.20 - 12:01 Uhr
Politik
Jaroslaw Kaczynski, Vorsitzender der nationalkonservativen Regierungspartei PiS, sitzt während einer Parlamentssitzung im Parlament. Polen wird die für den 10. Mai geplante Präsidentenwahl verschieben. Foto: Czarek Sokolowski/AP/dpa
Jaroslaw Kaczynski, Vorsitzender der nationalkonservativen Regierungspartei PiS, sitzt während einer Parlamentssitzung im Parlament. Polen wird die für den 10. Mai geplante Präsidentenwahl verschieben. Foto: Czarek Sokolowski/AP/dpa
Keystone/AP/Czarek Sokolowski

Über einen neuen Termin für die Wahl gab es vorerst keine Klarheit. Vertreter der polnischen Opposition werteten es positiv, dass die Abstimmung nicht wie ursprünglich geplant am kommenden Sonntag stattfinden soll.

Um den Wahltermin hatte es in Polen grossen Streit gegeben. Die Opposition forderte eine Verschiebung bis zum Herbst, da die Schutzmassnahmen gegen die Coronavirus-Epidemie einen Wahlkampf unmöglich mache. Die PiS beharrte zunächst auf dem 10. Mai und wollte das Datum retten, indem die Abstimmung ausschliesslich der Brief erfolgen sollte. Dazu war eine Änderung des Wahlrechts nötig - doch die wollte ein Teil der PiS-Fraktion nicht mittragen.

Am Mittwochabend verständigten sich PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski und der ehemalige Vize-Ministerpräsident Jaroslaw Gowin auf eine Lösung. Weil es laut polnischer Verfassung schwierig wäre, den bereits festgelegten Wahltag zu verschieben, fanden sie ein juristisches Schlupfloch. Die Wahl soll an diesem Tag einfach nicht stattfinden - und der Oberste Gerichtshof kann sie deshalb anschliessend für ungültig erklären. Danach soll die Parlamentspräsidentin ein neues Wahldatum festlegen.

Im Gegenzug gab nun die Gruppe der rebellischen PiS-Abgeordneten um Gowin ihren Widerstand gegen das sogenannte «Briefumschlag-Gesetz» auf und stimmte im Parlament dafür. «Gestern haben wir eine Lösung ausgearbeitet, die gut für Polen ist. Sie garantiert sichere, vollkommen demokratische und transparente Wahlen», sagte Gowin. Die Präsidentenwahl werde nicht mehr im Mai stattfinden, sondern zu einem späteren Zeitpunkt. Damit könne sich auch die Regierung wieder auf den Kampf um das Leben und die Gesundheit der Polen und die Wiederbelebung der polnischen Wirtschaft nach dem Lockdown kümmern.

Vertreter der Opposition begrüssten zwar die Tatsache, dass die Wahl nun verschoben wird. Sie kritisierten aber die Art und Weise, wie die Lösung gefunden wurde. «Nicht das Verfassungsgericht, nicht die parlamentarische Mehrheit, nicht die Wahlkommission entscheiden, sondern nur der PiS-Vorsitzende Kaczynski», sagte der Präsidentschaftskandidat vom Linksbündnis, Robert Biedron. Dies zeige den «gesellschaftlichen Missstand» in Polen.

Die PiS habe ihren Fehler eingesehen, sagte der Bewerber der konservativen Bauernpartei PSL, Wladyslaw Kosiniak-Kamysz. «Die Regierung war nicht in der Lage, (die Wahl) abzuhalten, und muss sich dafür bei den Polen entschuldigen», so der Politiker.

EU-Justizkommissar Didier Reynders schrieb auf Twitter, er habe die Verlegung der Wahl registriert und sei erfreut über die Debatte, die es in Polen zu dem Thema gegeben habe. Die EU-Kommission werde die Organisation des Abstimmung weiter genau verfolgen. Polen liegt wegen der umstrittenen Justizreformen der PiS seit Jahren überkreuz mit der EU-Kommission, die mehrere Verfahren vor dem EuGH gegen Warschau eingeleitet hat.

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