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2019 sterben zwei Babys an körperlichen Misshandlungen

Im vergangenen Jahr sind in der Schweiz zwei Säuglinge an körperlichen Misshandlungen gestorben. Die Kinderkliniken meldeten insgesamt 1568 Fälle von Misshandlungen, vier Prozent mehr als im Vorjahr.

Agentur
sda
07.05.20 - 09:44 Uhr
Politik
Körperliche Gewalt gegen Kinder steigt 2019 um vier Prozent: Archivbild aus dem Jahr 1985, publiziert 1997.
Körperliche Gewalt gegen Kinder steigt 2019 um vier Prozent: Archivbild aus dem Jahr 1985, publiziert 1997.
KEYSTONE

Die beiden Todesopfer wurden nicht einmal ein Jahr alt, wie die Fachgruppe Kinderschutz der Kinderkliniken am Donnerstag mitteilte. Sie erfasst die Meldungen wegen vermuteter oder sicherer Kindsmisshandlungen von 21 der 31 offiziellen Kinderkliniken, unter ihnen alle grossen und mittelgrossen.

Auffallend ist, dass bei den Misshandlungen die kleinen Kinder unter vier Jahren einen Drittel stellen. 16,7 Prozent sind sogar weniger als ein Jahr alt. Dieser Anteil bleibt gemäss der Kinderschutzgruppe seit Beginn der Erhebung vor elf Jahren konstant. Die Geschlechterverteilung bei allen misshandelten Kindern blieb mit 44 Prozent Knaben und 56 Prozent Mädchen ebenfalls stabil.

Von den gesamten Misshandlungen entfielen 486 Fälle oder 31 Prozent auf körperliche Gewalt. Psychisch misshandelt wurden 321 Kinder oder 20,5 Prozent. Vernachlässigt trafen 470 Kinder oder 30 Prozent der Fälle im Spital ein.

Sexuellen Missbrauch stellten die Kliniken bei 279 Kindern und in 17,8 Prozent der Fälle fest. Zudem gab es zwölf Fälle des Münchhausen-Syndroms. Die häufigsten Misshandlungen sind damit körperliche und psychische Gewalt, wobei sich diese oft kombiniert auftreten und eine genauen Zuordnung nicht immer möglich ist.

Bezüglich der Misshandlungen stellen bei der körperlichen die Knaben mit 53,3 Prozent die Mehrheit. Bei der Vernachlässigung entfallen 50,5 Prozent der Diagnosen auf Mädchen. Auch bei psychischer Misshandlung stellen die Mädchen mit 53 Prozent die Mehrheit.

Diese Verteilung zeigt sich recht ausgeglichen. Auf sexuellen Missbrauch bezogen schnellt die Mehrheit der betroffenen Mädchen hingegen auf 82,8 Prozent hoch.

In Familie misshandelt

Vier Fünftel der Täter sind im familiären Umfeld der Opfer zu suchen. 2019 war dies 1278 Mal der Fall. Ein Zehntel der Täter war mit dem Kind bekannt. In 3,1 Prozent der Fälle war es ein Fremdtäter und in 5,4 Prozent ein Unbekannter.

Wenn Kinder misshandelt werden, geschieht dies somit in den allermeisten Fällen durch die direkten Erziehungsberechtigten. Beim sexuellen Missbrauch sind 50 Prozent der Täter aus der Familie, 50 Prozent sind entweder Bekannte, Fremdtäter oder unbekannte Täter.

Bei den Misshandlern sind die Männer in der Überzahl. Sie waren für 38 Prozent der Übergriffe verantwortlich. Beim sexuellen Missbrauch stellten sie die überwältigende Mehrheit von 83,2 Prozent.

26 Prozent aller Misshandlungen begingen Frauen. Männer und Frauen gemeinsam machten sich in 29,3 Prozent der Fälle schuldig. Dabei handelte es sich meist um die Eltern. Der Rest entfiel auf Unbekannte oder es lagen keine Angaben vor.

Wie in den letzten Jahren lag die Verantwortung für Vernachlässigung oder psychische Misshandlung in etwa der Hälfte der Fälle bei beiden Elternteilen gemeinsam, körperliche Misshandlung begingen häufiger Männer.

Hohe Dunkelziffer

Bei den Diagnosen waren sich die Kinderärztinnen und -ärzte bei 63,3 Prozent der misshandelten Kinder sicher. 23,9 Prozent galten als wahrscheinlich und bei 12,8 Prozent war die Diagnose unklar. Sehr sicher waren die Diagnostiker beim psychischen Missbrauch gefolgt von Vernachlässigung. Bei körperlicher Gewalt und Kindsmissbrauch waren die Diagnosen unklarer.

Die Zahlen widerspiegeln gemäss der Kinderschutzgruppe keineswegs das tatsächliche Ausmass der Kindsmisshandlungen, da viele Fälle nicht in einer Klinik abgeklärt werden. Sie gibt aber einen grossen Teil jener misshandelter Kinder wieder, die in eine Klinik ambulant oder stationär behandelt wurden. Da die Dunkelziffer hoch ist, sollten alle, die mit Kindern zu tun haben, äusserst aufmerksam sein.

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