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Spekulationen über ernste Erkrankung von Nordkoreas Machthaber

Rätselraten um Kim Jong Un: Berichte über eine angeblich schwere Erkrankung des nordkoreanischen Machthabers haben weltweit für Aufsehen gesorgt. Südkorea reagierte am Dienstag jedoch skeptisch auf einen Bericht des US-Nachrichtensenders CNN.

Agentur
sda
21.04.20 - 20:57 Uhr
Politik
Gerüchte um eine angeblich schwere Krankheit: Nordkoreas Diktator Kim Jong Un.
Gerüchte um eine angeblich schwere Krankheit: Nordkoreas Diktator Kim Jong Un.
KEYSTONE/EPA/KCNA

Danach soll sich Kim nach einer Operation in kritischem Zustand befinden. Es könne nicht bestätigt werden, dass es Anzeichen für ernste Probleme mit der Gesundheit Kims gebe, teilte das Präsidialamt in der Hauptstadt Seoul mit. «Auch gibt es keine ungewöhnlichen Aktivitäten in Nordkorea.» Das abgeschottete Land hüllte sich wie so oft zuvor in Schweigen, eine unabhängige Überprüfung der Informationen ist nicht möglich.

CNN berichtete unter Berufung auf einen nicht namentlich genannten Regierungsbeamten, es gebe geheimdienstliche Hinweise, dass Kim «nach einer Operation in ernsthafter Gefahr» sei. Die auf Nachrichten aus Nordkorea spezialisierte Internetzeitung «Daily NK» in Südkorea meldete, Kim sei am 12. April am Herzen operiert worden. Nach einem Eingriff erhole er sich aber wieder in einer Villa am nordöstlich von Pjöngjang gelegenen Berg Myohyang.

«Daily NK» beruft sich auf einen Informanten innerhalb des Landes. Dieser nehme an, dass der Eingriff aufgrund mehrerer Faktoren nötig gewesen sein könnte - Kims Übergewicht, Rauchgewohnheiten und «Überarbeitung» eingeschlossen.

Die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap zitierte einen Beamten des Präsidialamts in Seoul mit den Worten, Kim halte sich zwar ausserhalb Pjöngjangs auf, er scheine aber normal zu arbeiten. Auch die Angaben von «Daily NK» über Kims Aufenthaltsort wurden demnach infrage gestellt.

Spekulationen nach Abwesenheit an Zeremonie

Zuletzt hatte Kims Abwesenheit von einer Zeremonie zum Gedenken an seinen 1994 gestorbenen Grossvater und früheren Staatschef Kim Il Sung am 15. April Spekulationen über seinen Gesundheitszustand ausgelöst. Nach Angaben des Vereinigungsministeriums in Seoul war es das erste Mal seit seiner Machtübernahme Ende 2011, dass er einen Besuch des Mausoleums am Geburtstag Kim Il Sungs verpasste, wo die einbalsamierten Leichen des Grossvaters und seines Vaters Kim Jong Il liegen. Eine Erklärung aus Pjöngjang dazu gab es nicht.

Noch am 11. April hatte Kim Jong Un ein wichtiges Parteitreffen in Pjöngjang geleitet. Dabei hatte er seine einflussreiche Schwester Kim Yo Jong erneut auf eine höhere Position im Führungszirkel der Arbeiterpartei befördert.

Nordkorea äusserte sich auch jetzt nicht zu den Berichten aus dem Ausland. Zwar zelebriert die kommunistische Führung um seine Herrscher seit jeher einen Führerkult, doch kontrolliert sie Informationen über Kim Jong Un und seine Familie äusserst streng. Kims Alter wird in Südkorea auf 36 Jahre geschätzt.

USA beobachtet Berichte sehr genau

Der Nationale Sicherheitsberater des Weissen Hauses, Robert O«Brien, sagte am Dienstag dem US-Fernsehsender Fox News: "Wir beobachten diese Berichte sehr genau". Nordkorea sei eine höchst geschlossene Gesellschaft ohne freie Presse. "Sie sind sehr sparsam mit den Informationen, die sie über viele Dinge liefern, einschliesslich der Gesundheit von Kim Jong Un", sagte O»Brien.

Trotz der Zweifel an den Berichten zu Kims Zustand blieb die Lage zunächst unklar. Man dürfe nicht erwarten, dass Nordkorea «irgendeine Herzoperation bestätigt», schrieb die Expertin Jean H. Lee vom amerikanischen Wilson Center auf Twitter. «Nordkorea räumte niemals einen Schlaganfall oder ein Koma beim Vater Kim Jong Il ein.» Dies sei erst durch einen französischen Arzt geschehen, der den Ende 2011 gestorbenen Kim Jong Il in Pjöngjang behandelt habe.

Die Probleme in Zusammenhang mit der Berichterstattung über innere Vorgänge in Nordkorea illustrierte am Dienstag auch eine Entschuldigung der Journalistin Katy Tur von NBC News. Sie habe ihren Tweet, wonach US-Beamte gesagt hätten, Kim sei hirntot, aus übergrosser Vorsicht wieder gelöscht, schrieb sie. «Warte auf mehr Infos. Entschuldigung.»

Schon 2014 wochenlang verschwunden

Als Kim im Oktober 2014 wochenlang von der Bildfläche verschwunden war, hatte es ebenfalls Gerüchte über seine Gesundheit gegeben. Der südkoreanische Geheimdienst nahm damals an, dass Kim wegen einer Zyste im rechten Sprunggelenk operiert worden und deshalb verschwunden gewesen sei.

Südkoreas Regierung geht davon aus, dass Kim seine Position in den vergangenen Jahren gefestigt hat. Dazu gehört auch, dass er eine Reihe von Vertrauten einschliesslich seiner jüngeren Schwester um sich geschart hat. Beobachter in Südkorea gehen mittlerweile davon aus, dass Kim Yo Jong die Staatsgeschäfte ihres Bruder fortführen könnte, sollte er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr regierungsfähig sein oder sogar sterben. Die Macht im Land liegt seit mehr als 70 Jahren in den Händen der Kim-Dynastie.

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