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Kanton hält 50 Millionen bereit – Spitäler rüsten sich

Fast 50 Millionen hält der Kanton für die Bewältigung der Corona-Krise bereit. Die Spitäler haben Betten für die befürchtete Welle bereitgestellt.

Linth-Zeitung
24.03.20 - 21:00 Uhr
Politik

Die Bevölkerung verzichtet auf körperliche Nähe, aber emotional ist man näher zusammengerückt.» Dies sagte die St. Galler Gesundheitschefin Heidi Hanselmann (SP) gestern an der im Internet übertragenen Corona-Information für Medien und Interessierte. Die Wirkung der Massnahmen auf die Corona-Fallzahlen werde sich erst in ein bis zwei Wochen zeigen.

In den Spitälern würden nicht dringliche Operationen verschoben. Bis zu 80 Prozent der Betten seien freigespielt. Ein Engpass sei eher beim Personal zu befürchten. Es liefen deshalb Umschulungen. Bereits im Aufbau seien die Konsultationszentren im Sarganserland, See-Gaster und in St. Gallen als Entlastung für die Hausärzte (Ausgabe vom Montag). Falls es noch mehr brauche, könnten ein bis zwei weitere Zentren aufgebaut werden.

Wenig Bussen wegen Gruppenbildung

Die Massnahmen des Bundesrats für den öffentlichen Raum hätten «nach und nach gegriffen», sagte Regierungsrat Fredy Fässler (SP). 160-mal seien Personen seit Freitag von der Kantonspolizei angesprochen worden. Bislang wurden weniger als zehn Bussen verteilt. Auf Nachfrage sagte Fässler, dass die Regierung klar gegen die diskutierten Ausgangssperren ab 18 Uhr sei, «solange sich die Bevölkerung an die Regeln des Bundes hält».

Die Einbruchszahlen hätten sich etwa halbiert. Das Leben in gemeinsamen Haushalten sei erschwert, wenn man sich nicht aus dem Weg gehen könne, so Fässler. Es gebe bisher aber nicht signifikant mehr Einsätze wegen häuslicher Gewalt oder Nachbarschaftsstreitigkeiten.

Über 8000 Gesuche erwartet

Die St. Galler Regierung wolle das Massnahmenpaket des Bundes zugunsten der Wirtschaft punktuell ergänzen, sagte Bruno Damann (CVP), Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartements. 2020 und 2021 werden etwa die Beherbergungs- und Gastwirtschaftsabgaben ausgesetzt. Das kostet den Kanton jährlich rund eine Million Franken. Die Auszahlung der Direktzahlungen in der Landwirtschaft wird vorgezogen und bereits im Mai erfolgen. Es wür- den rund 110 Millionen Franken ausbezahlt, sagte Damann. Der Kanton will zudem Rechnungen schnell bezahlen und selber kulant sein bei Stundungsgesuchen.

Im Amt für Wirtschaft und Arbeit sei das Team, das die Gesuche für Kurzarbeit bearbeite, von zwei auf 20 Personen erhöht worden, in Kürze werden es 30 Personen sein. «Wir gehen von rund 8300 Kurzarbeitsgesuchen aus», so Damann. Aktuell stehe man bei über 4000. Er bat die Firmen um Geduld. «Wir sind mit Hochdruck daran, die Gesuche abzuarbeiten.»

Zusätzliche Sicherheiten für KMU-Kredite

Viele Firmen leiden massiv unter den Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus. «Es ist elementar, dass diese Unternehmen nun rasch mit Liquidität versorgt werden, das ist ihr Sauerstoff», sagte Finanzchef Benedikt Würth (CVP) an der gestrigen Corona-Medienkonferenz der St. Galler Regierung. Diese will darum, das Hilfspaket des Bundesrats für die Wirtschaft punktuell ergänzen. Am Freitag hatte der Bund über sein Massnahmenpaket im Umfang von gut 40 Milliarden Franken informiert. Um die Liquidität von KMU zu garantieren, sichert der Bund Bankkredite bis 500 000 Franken zu hundert Prozent ab. «Der Bund geht davon aus, dass damit 90 Prozent der Unternehmen abgedeckt sind.» Heute will der Bundesrat die Verordnung beschliessen. Ab morgen sollen die Unternehmen bei ihrer Hausbank um Kredite nachfragen können, so Würth.

«In unserer Analyse mit der St. Galler Kantonalbank hat sich gezeigt, dass es trotz dieser Regelung bei Kleinst- und Kleinbetrieben ‘Härtefälle’ geben könnte», sagte Würth. Für diese wolle die Regierung mit eigenen Mitteln die Limite um 250 000 Franken erweitern. Würth rechnet aktuell mit rund 40 Millionen Franken, die der Kanton zur zusätzlichen Absicherung dieser Liquiditätskredite für KMU wird einsetzen müssen. «Es wird zu verfolgen sein, ob das ausreicht.» Diese Massnahme werde die Regierung am Samstag mittels Dringlichkeitsrecht beschliessen, so Würth.

Kulturbereich wird gestützt

«Innenminister» Martin Klöti (FDP) war erneut von seinem Büro zugeschaltet. Er gehört als über 65-Jähriger zur Risikogruppe. Er erklärte, dass der Kanton 6,9 Millionen für Ausfallentschädigungen im Kulturbereich zur Verfügung stelle. Dieser Betrag werde vom Bund verdoppelt. Mit diesen Mitteln könnten bis zu 80 Prozent der Ausfälle von kulturellen Angeboten ausgeglichen werden.

Aktuell sind 200 Corona-Fälle im Kanton bestätigt. Die Patienten werden gemäss Gesundheitschefin zurzeit an den Spitälern in Grabs, Uznach und St. Gallen behandelt. Am Montag wurde bekannt, dass die erste Person im Kanton an Covid-19 gestorben ist (Ausgabe von gestern). Der 86-jährige Mann litt an diversen Vorerkrankungen. Schweizweit gab es bis gestern Mittag 90 Todesfälle. Fast 9000 Personen sind angesteckt. (sda/pb)

Mehr Infos: sg.ch/coronavirus

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