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Grünes Licht für das neue Pflegegesetz

Der Kanton soll ab 2022 die Verantwortung für Heime und Spitex übernehmen. Zwei Gemeindepräsidenten äusserten gestern im Landrat ihre Bedenken. Ein Antrag auf Rückweisung fand aber keine Mehrheit.

19.12.19 - 04:30 Uhr
Politik
Das Gesetz braucht es jetzt: Sabine Steinmann erklärt, dass ein Neuanfang nach einer Rückweisung zu viel Zeit benötigt.
Das Gesetz braucht es jetzt: Sabine Steinmann erklärt, dass ein Neuanfang nach einer Rückweisung zu viel Zeit benötigt.
DANIEL FISCHLI

Der Landrat hat am Mittwoch in erster Lesung das Pflege- und Betreuungsgesetz (PBG) debattiert und fast auf der ganzen Linie im Sinne der vorberatenden Kommission gutgeheissen. Das Gesetz sei dringlich, hiess es dabei von fast allen Seiten. Bis im Jahr 2030 werde sich die Zahl der pflegebedürftigen Menschen im Kanton verdoppeln, sagte Yvonne Carrara (SVP, Mollis), die Präsidentin der vorberatenden Kommission. Und: «Weitermachen wie bisher ist keine Lösung.» Oder wie es Gesundheitsdirektor Rolf Widmer öffentlich gesagt habe, «fliegen uns dann sonst einmal die Pflegekosten um die Ohren.»

Die Stossrichtung stimmt

Unterstützung erhielt Carrara von diversen Seiten. Dass der Kanton die Verantwortung für die ambulante und die Langzeitpflege übernehme, sei unumgänglich, erklärte Stephan Muggli (FDP, Betschwanden). «Das ist zwingend», betonte desgleichen Andrea Trummer (CVP, Glarus). Die Angst der Gemeinden, sie hätten zu wenig Mitsprache, sei unbegründet. Sie würden vom Kanton einbezogen.

Regula Keller (Grüne, Ennenda) führte die Kleinheit des Kantons ins Feld. Das neue Gesetz ermögliche einheitliche Standards und Betreuungsleistungen im ganzen Kanton.

«Die Stossrichtung ist richtig. Und auch der Grundsatz ambulant vor stationär», betonte weiter Franz Landolt (GLP, Näfels). Die BDP/GLP-Fraktion erwarte aber Fingerspitzengefühl für die Anliegen der Gemeinden, wenn die Verordnungen und Leistungsvereinbarungen anstehen.

Weniger begeistert zeigte sich die SVP, die dem Gesetz nur mit Bedenken zustimmen wolle, wie Barbara Rhyner (SVP, Elm) erklärte. «Wird denn alles fortschrittlicher, wenn es der Kanton macht?», fragte sie kritisch. Eher befürchte sie, dass bis zehn Jahren «ein planwirtschaftlicher Beamtenapparat» entstehe. Die Gemeinden brauche es offenbar nur noch für das Bestattungswesen.

«Die Spannungsfelder müssen benannt werden», forderte Christian Marti (FDP, Glarus), Gemeindepräsident von Glarus. Er schien wenig begeistert von der Aussicht, dass der Kanton künftig zahlt, aber auch befiehlt, was wirtschaftlich ist und tariflich berücksichtigt wird, während die Gemeinden Eigentümer der Heime bleiben. Am Ende des Tages hätten die Gemeinden dann allenfalls doch die Kosten zu tragen, befürchtete Marti.

Rückweisung ist keine Lösung

Thomas Kistler (SP, Niederurnen), Gemeindepräsident von Glarus Nord, beantragte, das Gesetz an die Regierung zurückzuweisen. Der Kanton diktiere die Rahmenbedingungen. Reklamieren würden Mitarbeitende und Bevölkerung aber sicher nicht beim Kanton, sondern bei den Heimen, die den Druck dann auf die Gemeinden weitergäben. Irgendwann werde der Kanton die Langzeitpflege zu Bedingungen verlangen, die die Gemeinden nicht mehr erfüllen könnten. Dann werde privatisiert, was in der Regel auch tiefere Löhne bedeute. Dezentrale Heime würden von Privaten sicher rasch geschlossen. Und auch eine private Spitex sei nicht im Sinne der Bevölkerung.

«Es braucht das neue Gesetz jetzt», betonte dagegen Sabine Steinmann (SP, Niederurnen), die als Koordinatorin der neu geschaffenen Informations- und Beratungsstelle des Kantons tätig ist. Sonst gehe es viel zu lange. Eine Rückweisung sei unnötig, sagte auch Pascal Vuichard (GLP, Mollis).

Gesundheitsdirektor Widmer betonte, dass das Gesetz auf dem Gedanken beruhe, dass die Gemeinden mitredeten. Auch die Gemeindeversammlungen könnten dies über die Heim-Standorte tun. Man solle nicht mit Ängsten spielen, sondern gemeinsam handeln.

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