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Gemischte Bilanz zu E-Trottinetts in Schweizer Städten

E-Trottinetts als Trottoirschreck, als neues Unfallrisiko oder Wegwerfartikel, der nach Gebrauch einfach im Bach landet: Die Stadt Zürich zieht eine durchzogene Bilanz zum neuen Mobilitäts-Angebot. Auch die CO2-Bilanz des neuen Trendfahrzeugs ist umstritten.

Agentur
sda
08.12.19 - 09:00 Uhr
Politik

In der Schweiz haben bisher nur die Städte Zürich, Basel, Winterthur und St. Gallen private Anbieter zugelassen, die E-Trottinetts via Apps auf Smartphones vermieten. Am grössten ist das Angebot in der Limmatstadt mit rund 2300 Fahrzeugen von vier Anbietern.

Konsequenterweise stellen sich in der grössten Schweizer Stadt auch die grössten Probleme bezüglich Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum. Rund 30 Unfälle mit Beteiligung von E-Trottinetts zählte man in diesem Jahr. Verursacher waren fast immer die Benützer der elektrisch angetriebenen Geräte selber. Mindestens 28 Personen wurden dabei verletzt.

Die Benützer steuern ihre Geräte oft über Trottoirs oder sind zu zweit auf dem gleichen Fahrzeug unterwegs. Das ist erstens gefährlich und zweitens nicht erlaubt. In diesem Zusammenhang verteilte die Polizei seit Anfang August rund 70 Ordnungsbussen.

Heute dürfen in der Schweiz nur wenige fahrzeugähnliche Elektrogeräte auf den öffentlichen Verkehrsflächen fahren, etwa bestimmte E-Trottinetts und Stehroller. Die meisten elektrisch angetriebenen Trendfahrzeuge sind jedoch ausschliesslich auf privatem Grund zugelassen.

Präventionsvideo mit Verkehrsregeln

Angesichts der Problematik hat die Stadtpolizei Zürich unterdessen zwei Präventionsvideos in Umlauf gebracht. Im nächsten Frühling werden zudem vorerst versuchsweise verschiedenen Massnahmen eingeführt, die zu einer besseren Beachtung der entsprechenden Verkehrsregeln führen sollen.

Vielen Fussgängern sind auch die oft wild mitten auf den Trottoirs abgestellten E-Trottinetts ein Dorn im Auge. Allerdings hat auch keiner der vier Anbieter eine Konzession für die Installierung eines Netzes von fixen Abstellplätzen. Sie bezahlen eine Gebühr für ihr Angebot, für das auch eine Höchstzahl an Fahrzeugen festgelegt ist.

Eine Bewilligung erhalten die Operateure nur, wenn sie garantieren können, dass die herumliegenden Trottinetts täglich eingesammelt werden. Bewilligung und Gebühren sollen die Anbieter in die Pflicht nehmen und verhindern, dass die E-Trottinetts den öffentlichen Raum komplett überschwemmen.

Trotz dieser Massnahmen kommt es regelmässig zu Vandalismus oder Akten der Geringschätzung. Seit Einführung des Angebots im letzten Frühling wurden rund 50 E-Trottinetts aus dem Zürichsee, der Limmat oder der Sihl gefischt. Das gleiche Phänomen zeigte sich bereits 2017 nach der Einführung des Veloverleihsystems ohne ein Netz von fixen Stationen.

Weniger Sorgen in Basel

In Basel haben die Behörden die Anbieter in ein enges Regelkorsett genommen. Sie ziehen eine weniger besorgniserregende Bilanz als die Stadt Zürich. Am Rheinknie sind 600 Miet-E-Trottinetts im Angebot, also etwa ein Viertel von Zürich, dies bei einer halb so grossen Bevölkerungszahl.

In Basel bewerten die Behörden positiv, dass E-Trottinetts viel weniger Platz brauchen als Autos und man sie mieten könne statt kaufen müsse. Zudem seien sie leise und umweltfreundlicher, erklärte Martina Hilker, Sprecherin des baselstädtischen Verkehrsdepartements, gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Diese optimistische Beurteilung wird nicht von allen Umwelt-Spezialisten geteilt. Sie verweisen namentlich auf den Ausstoss der Liefer- und Kleinlastwagen, mit denen die E-Trottinetts täglich eingesammelt werden, um sie über Nacht wieder aufzuladen oder zu reparieren. Sie erinnern auch an die kurze Lebensdauer der Trottinetts mit ihren Batterien.

E-Trottinett kaufen oder öV benutzen

Es sei umweltfreundlicher, den öffentlichen Verkehr zu benützen oder sich zumindest ein eigenes E-Trottinett zu kaufen, findet Denis Bochatay, Berater beim Ökobilanzierer Quantis. Er plädiert dafür, dass die im internationalen Vergleich kleinen Schweizer Städte elektrisch angetriebene Miet-Fahrzeuge nicht fördern.

In der Westschweiz ist das Thema weniger aktuell. Verschiedene Anbieter haben zwar in Lausanne Interesse an einem Engagement gezeigt. Die Stadtbehörden haben aber abgewunken, weil sie Vorbehalte bezüglich Sicherheit, Nachhaltigkeit und Belastung des öffentlichen Raums haben. In Genf setzen die Behörden lieber auf die Förderung des Veloverkehrs.

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