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Kritik an Amtsstellen untermauert

Der Untersuchungsbericht von Experte Andreas Brunner zu den Geschehnissen rund um die Polizeieinsätze beim Baukartell-Informanten Adam Quadroni stützt die Ergebnisse der Parlamentarischen Untersuchungskommission – und verschärft noch einmal den Ton.

Patrick
Kuoni
28.11.19 - 04:30 Uhr
Politik
Hingeschaut: Andreas Brunner (links) stellt die Ergebnisse der administrativen Untersuchungen zum Baukartell vor
Hingeschaut: Andreas Brunner (links) stellt die Ergebnisse der administrativen Untersuchungen zum Baukartell vor
OLIVIA AEBLI-ITEM

Einen Tag, nachdem die Parlamentarische Untersuchungskommission einen Teilbericht zum Bündner Baukartell geliefert hat, ist gestern auch der von der Bündner Regierung in Auftrag gegebene Bericht von Andreas Brunner erschienen. Beim vom früheren leitenden Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich erarbeiteten Bericht geht es um die Untersuchung der Vorgänge rund um die drei Polizeieinsätze gegen den Baukartell-Informanten Adam Quadroni.

Brunner hatte den Auftrag, die Rollen der Beteiligten des Departements für Justiz, Sicherheit und Gesundheit zu klären und die Sachverhalte auf die Gesetzmässigkeit, die Übereinstimmung mit internen Weisungen und auf die Verhältnismässigkeit hin zu prüfen. Die Schlüsse, die er in seinem Bericht zieht, ähneln dem, was die PUK bilanziert hat.

Das sagt Brunner zu:

der Gewalttätigkeit von Adam Quadroni:

Quadroni verfügt über ein ausgeprägtes Rechtsempfinden. Er reagiert bei erfolgten oder empfundenen Rechtsverletzungen hartnäckig und auch einmal laut. So fiel auf, dass er in seiner Wortwahl bereits vor dem Untersuchungszeitraum aggressiver und beleidigender geworden war. Gemäss Beurteilung der Frau von Quadroni ist er aber kein gewalttätiger, sondern vielmehr ein sanfter Mensch. Verschiedene Personen aus dem Umfeld bestätigen diese Aussage. Bereits die erste Genehmigung des Pikettoffiziers für die Hausdurchsuchung am 19. Dezember 2016 entbehrt deshalb einer nachvollziehbaren Begründung.

der Fürsorgerischen Unterbringung Quadronis:

Zwar gab es bilaterale Gespräche zwischen Polizei, Kesb, Sozialdienst und Amtsarzt, nicht aber mit Quadroni selbst. Dabei wurde eine Hypothese von Suizidabsichten Quadronis und einem möglichen erweiterten Suizid aufgestellt. Mit diesem Hintergrund kam es zur Festnahme und zur Fürsorgerischen Unterbringung. Diese unkoordinierten, mehr auf Spekulationen beruhenden Gespräche machen deutlich, dass es dem Kanton Graubünden an einem institutionalisierten Bedrohungsmanagement mangelt.

zu den Ereignissen im November 2017:

Die Polizei unterstützte eine Herausgabe persönlicher Gegenstände der Ehefrau und der Kinder von Quadroni. Dabei wurden Adam Quadroni und seiner Schwester Handschellen angelegt. Das war gestützt auf die Akten im Fall der Schwester unverhältnismässig und im Fall von Quadroni fragwürdig. Gegen beide wurde in diesem Zusammenhang auch noch ein Strafverfahren wegen Gewalt und Drohung gegen Beamte eingeleitet. Der entsprechende Rapport ist bei der Staatsanwaltschaft hängig. Nur polizeiintern wurde gestützt auf mündliche Angaben festgehalten, dass sich drei beim Einsatz anwesende Sicherheitspolizisten geäussert hatten, dass aus ihrer Sicht weder der Tatbestand der Drohung noch der Gewalt erfüllt war. Diese Angaben wurden der Staatsanwaltschaft verschwiegen. Das ist krass störend und vielleicht auch von strafrechtlicher Relevanz.

die Erschwernisse bei den Befragungen:

Der Regionalgerichtspräsident wurde nicht und die Mitarbeiterin des Sozialdienstes nur teilweise vom Amtsgeheimnis entbunden. Von beiden Stellen hat Experte Brunner auch keinerlei Akten erhalten. Gewollt oder ungewollt gab es ausserdem ein mangelndes Erinnerungsvermögen von verschiedenen Personen.

zum Polizeikommandanten Walter Schlegel:

Schlegel hielt fest, dass er nicht für eine Einzelfallbetreuung zuständig sei, sondern er habe sicherzustellen, dass der Betrieb laufe. Er stellt sich ausserdem auf den Standpunkt, dass der Polizei nur Vorwürfe gemacht werden könnten, wenn eine gesetzliche Bestimmung verletzt worden sei, nicht aber beispielsweise mit der Einstufung einer Person als gewaltbereit. Die vorliegende Untersuchung in Sachen Quadroni hat gezeigt, dass auf Sach- und Führungsebene der Betrieb im Unterengadin nicht läuft. Ausserdem wurde die jeweilige Führungsverantwortung durch die dem Kommandanten direkt unterstellten Offiziere kaum oder nicht wahrgenommen. Die Kooperationsbereitschaft bei den Befragungen muss als mittelmässig bezeichnet werden. So wurden mehrmals Fragen nicht oder verspätet beantwortet, und zwischenzeitlich wurde sogar erklärt, dass Schlegel bis zum Ende der Untersuchung keine weiteren Fragen beantworten werde. Erst die Vermittlung von Regierungsrat Peter Peyer sorgte für Klärung.

Das sagt die Regierung:

Die Regierung bedauert, dass im Umgang mit Adam Quadroni nicht alle Institutionen in allen Belangen vollumfänglich korrekt gehandelt haben. Sie begrüsst, dass die Fakten nun auf dem Tisch liegen und richtet ihren Fokus darauf, wo sie und die Mitarbeitenden ihre Arbeit optimieren können. Sie stellt deshalb ein Paket an Massnahmen vor, die teilweise schon umgesetzt oder in Umsetzung sind. Personelle Folgen soll der Bericht allerdings keine haben.

Massnahmen gefordert, Massnahmen getroffen
In seinem Bericht listet Andreas Brunner 19 Handlungsempfehlungen auf, die sich mit Struktur, Organisation, Abläufen und Aufsicht bei der Polizei und anderen involvierten Behörden befassen.  Sechs tauchten auch bei der PUK auf. Dabei geht es um Dokumentation, Bedrohungsmanagement, Weiterbildung der Ärzte, Weiterbildung der Polizei, Ausstandsregelungen und
Fesselung bei Zuführungen. Brunner empfiehlt ausserdem die Schaffung eines Dienstes Gewaltenschutz, der für das Bedrohungsmanagement im Allgemeinen und für die häusliche Gewalt zuständig ist. Bei der Kesb sollen Standards entwickelt werden, wann ein Fall zu eröffnen ist. Beim Sozialdienst empfiehlt Brunner, dass bei der Weitergabe von Informationen zwischen Fakten und Einschätzungen unterschieden wird.  

Die Bündner Regierung hat zahlreiche Massnahmen in Planung oder bereits umgesetzt. Diese sind:
• Einführung Bedrohungsmanagement
• Einführung der
Software «Octagon» für die Gefährdungserkennung
• Neue Kommandoorganisationen
• Verstärkung der
Wirkungskontrolle von Aus- und Weiterbildungen bei der Polizei  
• Stopp des Transports von Personen durch die Interventionseinheit bei Fürsorgerischen Unterbringungen
• Weitergehende
Situationsanalyse der Kantonspolizei
• Verbesserung der Dokumentation bei der Kesb
• Abklärungen für Schulungen für Amtsärzte.

Patrick Kuoni ist Redaktor und Produzent bei Südostschweiz Print/Online. Er berichtet über Geschehnisse aus dem Kanton Graubünden. Der Schwerpunkt seiner Berichterstattung liegt auf den Themenbereichen Politik, Wirtschaft und Tourismus. Wenn er nicht an einer Geschichte schreibt, ist er als einer der Tagesverantwortlichen für die Zeitung «Südostschweiz» tätig. Patrick Kuoni ist in Igis (heutige Gemeinde Landquart) aufgewachsen und seit April 2018 fester Teil der Medienfamilie Südostschweiz. Mehr Infos

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Die Regierung enttäuscht mich ein Mal mehr. Mit ein paar Pseudo-Massnahmen wird alles unter den Teppich gekehrt. Bei der Kapo müssen endlich mal Köpfe rollen. Ohne Konsequenzen sieht sich die Kapo in ihrem Handeln bestärkt und man macht weiter wie bis anhin. Auch die Tatsache, dass Kapo-Chef Schlegel die Aussage verweigerte und nach Trump'scher Manier die Arbeit der PUK als falsch hinstellte, ist mehr als dicke Post. Was meint der eigentlich, er sei das Gesetz und er könne in seinem Amt entscheiden was er mache und was er sage? So geht das nicht liebe Regierung. Hier zeigt sich wieder mal der Bündner Filz, keine Krähe hackt der anderen ein Auge aus. So handelt auch die Regierung nach Merkel'scher Manier: Weiter so! Gerade von RR Peyer bin ich sehr enttäuscht. Ich hatte gehofft, dass er frischen Wind in die Regierung bringt und den Filz endlich überwindet. Nun schwimmt er aber im gleichen Wasser. Das einzig Beruhigende an der Situation ist, dass Kapo-Chef Schlegel dannzumal nicht in die Regierung gewählt wurde. Jemand der in seinem Amt die Aussage verweigert und demokratische Untersuchungen in Frage stellt, gehört nicht in ein Exekutivamt!

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