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Demokratie-Lager legt bei Wahlen in Hongkong kräftig zu

Bei den Bezirkswahlen in Hongkong hat das Demokratie-Lager seinen Vorsprung deutlich ausgebaut. Wie die Hongkonger Zeitung «South China Morning Post» berichtete, gingen am Montag gegen 5.15 Uhr (Ortszeit) rund 201 der 452 Bezirksratsposten an demokratische Kandidaten.

Agentur
sda
24.11.19 - 22:54 Uhr
Politik
Grund zum Feiern: junge Anhänger der Demokratie-Bewegung in Hongkong.
Grund zum Feiern: junge Anhänger der Demokratie-Bewegung in Hongkong.
KEYSTONE/AP/VINCENT YU

Auf das Pro-Peking-Lager, das bei den letzten Wahlen noch etwa drei Viertel der Sitze errungen hatte, entfielen demnach zunächst nur noch 28 Posten. 12 Sitze gingen an unabhängige Kandidaten. 211 Sitze in den 18 Bezirksräten der Stadt waren noch nicht ausgezählt.

Mit einer Rekordbeteiligung bei den Bezirkswahlen und starken Zugewinnen für demokratische Kandidaten stärkte somit Hongkongs Bevölkerung der Protestbewegung den Rücken. Wie die Wahlkommission mitteilte, lag die Wahlbeteiligung bei 71,2 Prozent. 2,94 Millionen der 4,1 Millionen wahlberechtigten Hongkonger gaben demnach ihre Stimmen ab - so viele wie nie zuvor. Die Auszählung begann direkt nach Schliessung der Wahllokale.

Erstmals seit Monaten erlebte die chinesische Sonderverwaltungsregion ein Wochenende ohne grosse Demonstrationen und Ausschreitungen. Stattdessen bildeten sich am Sonntag lange Warteschlangen vor den Wahllokalen.

Klare Botschaft an Peking

Mit dem grosse Interesse an der Wahl unterstrichen die Hongkonger ihren Wunsch nach echter Demokratie und politischen Veränderungen und sendet zugleich eine klare Botschaft an Peking.

Beobachter hatten in dem Urnengang ein Referendum darüber gesehen, ob die schweigende Mehrheit nach fast sechs Monaten andauernder Proteste noch hinter der Anti-Regierungsbewegung steht. Bleibt es bei dem starken Ergebnis für die Demokraten, wäre das zudem eine Schlappe für Regierungschefin Carrie Lam.

Dennoch haben die Wahlen vor allem symbolische Bedeutung, da die Bezirksräte der Stadt nicht wirklich über politische Macht verfügen. Sie können keine Gesetze verabschieden oder selbst nennenswerte Entscheidungen treffen. Als Gremien beraten sie die Regierung und machen Vorschläge, wie sich die Lebensqualität in den Stadtteilen verbessern lässt.

Das bei der Wahl dominierende Lager erhält Sitze im 1200-köpfigen Wahlkomitee, das alle fünf Jahre den Hongkonger Regierungschef wählt. In dem Gremium ist aber sichergestellt, dass am Ende stets der von Peking favorisierte Kandidat gewinnt.

Viele junge Wähler

Mehr als 1000 Kandidaten traten bei diesen Lokalwahlen an. «Die Wahl ist die letzte Möglichkeit, unsere Meinung zu äussern. Die meisten Proteste wurden von der Regierung verboten», sagte ein 26 Jahre alter Bankangestellter nach der Abgabe seiner Stimme. «Bei den letzten Wahlen gab es in unserem Bezirk nur Pro-Peking-Kandidaten. Dieses Mal war auch eine demokratische Kandidatin dabei. Es hat sich etwas geändert.»

Gleich am Sonntagmorgen strömten auffällig viele junge Wähler in die Wahllokale. Die Beteiligung lag nach einer Stunde dreimal höher als zum gleichen Zeitpunkt bei der vorherigen Bezirkswahl 2015.

In Hongkong war es in den vergangenen zwei Wochen zu immer gewalttätigeren Zusammenstössen zwischen Polizei und radikalen Demonstranten gekommen. An den drei Tagen vor der Wahl blieb es allerdings ruhig in der Millionenmetropole.

Sie hoffe, dass die Stabilität der letzten Tage nicht nur mit den Wahlen zusammenhänge, sagte Regierungschefin Carrie Lam bei Abgabe ihrer Stimme. «Ich hoffe, dass niemand mehr Chaos in Hongkong will und wir diese schwierigen Zeiten mit einem Neustart hinter uns lassen können.»

Die Protestbewegung fordert seit Monaten Lams Rücktritt. Ihr Unmut richtet sich gegen die Regierung, das als brutal empfundene Vorgehen der Polizei und den wachsenden Einfluss der kommunistischen Führung in Peking.

Seit der Rückgabe 1997 an China wird die frühere britische Kronkolonie nach dem Grundsatz «ein Land, zwei Systeme» unter chinesischer Souveränität autonom regiert. Die sieben Millionen Hongkonger geniessen - anders als die Menschen in der Volksrepublik - viele Rechte wie Versammlungs- und Meinungsfreiheit, um die sie jetzt aber fürchten.

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