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Firmen sollen Kirchen nur noch für soziale Dienste zahlen

Die Glarner Landeskirchen sollen Steuergelder von Unternehmen nicht mehr für Gottesdienste, Taufen oder Hochzeiten verwenden dürfen. So lautet der Gegenvorschlag der Regierung auf einen Antrag der Jungen FDP.

Marco
Häusler
21.11.19 - 04:30 Uhr
Politik
Kein Geld für rituelle Heirat: Das Geld, das Unternehmungen den Landeskirchen als Steuern bezahlen, soll nicht mehr für kultische Zwecke verwendet werden dürfen.
Kein Geld für rituelle Heirat: Das Geld, das Unternehmungen den Landeskirchen als Steuern bezahlen, soll nicht mehr für kultische Zwecke verwendet werden dürfen.
SASI SUBRAMANIAM

Im Kanton Glarus sollen die Kirchensteuern der juristischen Personen nicht mehr für kultische Zwecke wie zum Beispiel Hochzeiten verwendet werden, sondern nur noch für soziale Tätigkeiten im Dienste der Gesellschaft. Das unterbreitet die Regierung dem Landrat in einer Revision des kantonalen Steuerrechts als Gegenvorschlag auf einen Memorialsantrag der Jungfreisinnigen. In diesem verlangt die junge FDP des Kantons, die Kirchensteuern für juristische Personen komplett abzuschaffen.

Verzicht auf Steuer könnte eine Finanzierungslücke aufreissen

Die Landeskirchen erbrächten viele soziale und kulturelle Leistungen, die der ganzen Bevölkerung zugutekämen, teilte der Regierungsrat am Dienstag mit: «Zu erwähnen sind namentlich die Arbeit mit älteren Menschen, mit Familien, mit Jugendlichen, mit Fremden und mit Menschen am Rande unserer Gesellschaft.»

Weiter seien die Kirchgemeinden Eigentümerinnen vieler wertvoller Bauten, die der Allgemeinheit oft für Anlässe zur Verfügung stünden. Dank der guten Zusammenarbeit mit dem Kanton und den Gemeinden sowie der Freiwilligenarbeit, die in den Kirchgemeinden geleistet werde, würden die öffentlichen Finanzen entlastet. «Fallen die Kirchensteuern für juristische Personen weg, besteht die Gefahr, dass der Kanton und die Gemeinden die entstehende Angebots- und Finanzierungslücke füllen müssen.»

Juristische Personen tragen rund 15 Prozent zum Steuerkuchen bei

Laut Regierungsangaben erhoben die Kirchgemeinden 2014 bis 2018 im Durchschnitt 9,4 Millionen Franken Steuern pro Jahr. Davon entfielen 8 Millionen Franken oder rund 85 Prozent auf natürliche und 1,4 Millionen Franken auf juristische Personen.

Mit der «negativen Zweckbindung» darf dieses Geld nur noch für soziale Zwecke verwendet werden. Den entsprechenden Nachweis sollen die Landeskirchen in ihren Jahresberichten und Jahresrechnungen erbringen.

Die Steuervorlage umfasst vier Teilbereiche

Der Gegenvorschlag der Regierung ist einer von vier Teilen seines Vorschlags zur Revision des Steuergesetzes. Ein weiterer ist die Einführung der Online-Steuererklärung (gestrige Ausgabe).

Die weiteren zwei Teile sind Anpassungen an übergeordnetes Recht. So tritt per 1. Januar 2021 ein Bundesgesetz in Kraft, das Ungleichbehandlungen zwischen quellen- und ordentlich besteuerten Personen beseitigen soll. Zurück geht das auf ein Urteil des Bundesgerichts.

Weil die kantonale Anpassung Mehraufwand verursache, soll ab 2021 eine zusätzliche Stelle mit jährlichen Kosten von rund 100 000 Franken geschaffen werden. Mit einer weiteren Anpassung soll das rechtliche Verfahren bei Steuerhinterziehung mit Vorgaben des Bundes harmonisiert werden.

Die Meinungen zur Kirchensteuer gehen auseinander

In der Vernehmlassung wurde die Online-Steuererklärung gemäss der Mitteilung des Regierungsrats einstimmig begrüsst.

Für eine Abschaffung der Kirchensteuern für juristische Personen sprach sich ausser den Jungfreisinnigen nur noch die junge BDP aus. Viele Rückmeldungen hätten den Gegenvorschlag der Regierung unterstützt, und für die Beibehaltung der jetzigen Regelung seien die Landeskirchen, die SP und die SVP gewesen.

Marco Häusler ist Dienstchef der Zeitungsredaktion «Glarner Nachrichten». Er absolvierte den zweijährigen Lehrgang an der St. Galler Schule für Journalismus und arbeitete bei der ehemaligen Schweizerischen Teletext AG und beim «Zürcher Unterländer», bevor er im Februar 2011 zu Somedia stiess. Mehr Infos

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