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Majorz oder Proporz – Regierung legt sich (noch) nicht fest

Im August kam das Urteil vom Bundesgericht: Die Wahl des Grossen Rates nach dem heutigen System ist teilweise nicht verfassungsmässig. Nun nimmt die Regierung Stellung. Sie will sich noch nicht auf einen Lösungsvorschlag fixieren.

01.11.19 - 16:02 Uhr
Politik
Grosser Rat
Ein Teil des Grossrats-Wahlverfahrens ist laut Bundesgericht verfassungswidrig. Nun muss eine Lösung her.
PHILIPP BAER

Das heutige Wahlrecht für die Grossratswahlen sei teilweise verfassungswidrig, beschloss das Bundesgericht in Lausanne im Sommer. Dies wurde aufgrund einer Stimmrechtsbeschwerde entschieden.

Einige Tage später traf sich der Grosse Rat zur Augustsession. Bruno Claus, Grossrat und FDP Parteipräsident, reichte einen Auftrag betreffend der Anpassung des Wahlsystems ein. Im Auftrag schreibt Claus, dass eine Einführung des reinen Proporzwahlsystems abzulehnen sei.

Nun antwortet die Regierung.

«Das für Graubünden optimale Wahlsystem soll auf der Basis einer breiten Analyse und offenen Auslegeordnung gesucht werden», schreibt die Regierung als Antwort auf den Auftrag. Die Aufgabe der Regierung bestehe darin, die Möglichkeiten für eine ganzheitlich verfassungsmässige Wahl aufzuzeigen. Ob dies ein gespaltenes Modell von Majorz und Proporz oder gar ein einheitliches Modell ist, möchte die Regierung noch nicht festlegen. Sie will Möglichkeiten aufzeigen, ohne sich frühzeitig einschränken zu lassen.

Doch die Zeit drängt. Eine Lösung muss bis zu den nächsten Grossratswahlen im 2022 gefunden sein. Im Dezember wird das Parlament über den Auftrag debattieren. Die Bündner Regierung gab bereits im August bekannt, dass sie bis spätestens Mitte des kommenden Jahres einen Entwurf für ein neues Wahlsystem präsentieren will.

Beim Majorz, auch Majorzwahl oder Mehrheitswahl, werden die Kandidaten gewählt, die am meisten Stimmen erhalten.

Beim Proporz, auch Proporzwahl oder Verhältniswahl, werden nicht Kandidierende direkt gewählt, sondern in erster Linie die Partei und erst dann die Kandidaten.

Heute wird in Graubünden im Majorzsystem gewählt. Das Majorzsystem ist in der Schweiz ein Auslaufmodell. Neben Graubünden wird der Majorz für Parlamentswahlen nur noch in Appenzell Innerrhoden angewendet und Appenzell Ausserrhoden kennt eine Mischform aus Majorz und Proporz. In Graubünden ist das Majorzsystem seit Jahrzehnten umstritten. Seit 1937 wurden acht Proporzmodelle zur Volksabstimmung vorgeschlagen. Ein einziges Mal, 2003, siegten die Befürworter des Proporzes. Die Abstimmung wurde jedoch wiederholt, und es gewannen wieder die Verfechter des Majorzes. Das letzte Mal wurde der Wechsel zum Proporz im März 2013 an der Urne abgelehnt – mit 56 Prozent der Stimmen.
 

Anna Nüesch ist freie Mitarbeiterin und arbeitet neben ihrem Multimedia-Production-Studium bei der Südostschweiz in den Redaktionen von Online/Zeitung und TV. Zuvor hatte sie ein Praktikum bei diesen Kanälen absolviert. Mehr Infos

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