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Behörde soll Vorwurf des Amtsmissbrauchs gegen Boris Johnson prüfen

Der britische Premierminister Boris Johnson gerät immer mehr unter Druck. Er soll während seiner Zeit als Londoner Bürgermeister eine Geschäftsfrau aus den USA begünstigt haben.

Agentur
sda
28.09.19 - 15:13 Uhr
Politik
Neben seinem Ärger mit dem geplanten Brexit drohen dem britischen Premierminister Boris Johnson nun auch noch Strafermittlungen wegen eines mutmasslichen Interessenkonflikts in seiner Zeit als Londoner Bürgermeister.
Neben seinem Ärger mit dem geplanten Brexit drohen dem britischen Premierminister Boris Johnson nun auch noch Strafermittlungen wegen eines mutmasslichen Interessenkonflikts in seiner Zeit als Londoner Bürgermeister.
KEYSTONE/EPA/NEIL HALL

Die britische Polizeiaufsicht soll die Vorwürfe des Amtsmissbrauchs gegen ihn prüfen. Ein entsprechender Antrag sei an die Aufsichtsbehörde geschickt worden, teilte die Londoner Stadtverwaltung GLA (Greater London Authority) mit.

Es geht dabei um Fördergelder und die Teilnahme an Reisen, von denen die mit Johnson befreundete Geschäftsfrau Jennifer Arcuri profitiert haben soll, obwohl sie nicht die erforderlichen Bedingungen erfüllte. Sowohl Johnson als auch Arcuri wiesen die Vorwürfe in britischen Medien zurück. Arcuri soll früher auch als Model gearbeitet haben.

Es lägen Indizien für eine Straftat vor, teilte die Stadtverwaltung mit. Bewiesen sei das aber noch nicht. Ob ermittelt werde, müsse die Aufsichtsbehörde entscheiden. Umweltministerin Theresa Villiers verurteilte das Vorgehen im BBC als politisch motiviert.

Johnson war von 2008 bis 2016 Bürgermeister. Die Vorwürfe waren kürzlich durch die «Sunday Times» an die Öffentlichkeit gelangt. Die Polizeiaufsicht ist zuständig, weil er als Bürgermeister denselben Dienstpflichten wie Polizisten unterlag.

Keine Fortschritte bei Brexit-Frage

Im Streit um den Brexit-Kurs sind nach knapp fünf Wochen vor dem geplanten EU-Austritt weder im britischen Parlament noch in den Gesprächen zwischen London und Brüssel Fortschritte erkennbar. Mit grosser Spannung wird daher der Parteitag der regierenden Konservativen erwartet, der an diesem Sonntag in Manchester beginnt. Johnson Rede ist am Mittwoch zum Abschluss des Parteitags geplant.

Der Premier droht immer wieder mit einem Brexit ohne Abkommen am 31. Oktober, obwohl ihm das ein Gesetz eigentlich verbietet. Wie Johnson das Gesetz umgehen will, ist unklar. Er selbst hatte die Opposition zu einem Misstrauensvotum ermutigt. Seine Regierung hat keine Mehrheit im Parlament und ist dringend auf eine Neuwahl angewiesen.

Bei einem No-Deal werden Prognosen zufolge die Wirtschaft und viele andere Lebensbereiche erheblich geschädigt. Es könnte in dem Fall zu «einigen Störungen» kommen, beschwichtigte Finanzminister Sajid Javid in einem Gespräch mit der «Daily Mail» am späten Freitagabend.

Ein No-Deal-Brexit am 31. Oktober sei aber weniger schlimm für Grossbritannien, als gar nicht aus der EU auszutreten. Der Minister befürchtet, dass die Gesellschaft dann für immer zerrissen sei. Der Brexit, für den die Briten gestimmt hätten, werde das Land einigen.

Geldspritze geplant

Um bei einem ungeregelten Austritt das Ausbleiben von EU-Geldern auszugleichen, wolle die Regierung 16,6 Milliarden Pfund (über 18 Milliarden Euro) bereitstellen, kündigte Javid an. In diesem Falle sollen Unternehmen, Hochschulen und Wohltätigkeitsorganisationen bereits im kommenden Jahr 4,3 Milliarden Pfund bekommen. Mit Geld aus Brüssel wird vor allem auch die britische Landwirtschaft unterstützt.

Der Brexit wird Deutschland nach Meinung von Luxemburgs Aussenminister Jean Asselborn sicherheitspolitisch mehr abverlangen. «Mit dem Austritt der Briten - immerhin ständiges Mitglied im Uno-Sicherheitsrat - wird die EU an strategischer und politischer Kraft einbüssen», sagte Asselborn in der Samstagsausgabe der «Neuen Osnabrücker Zeitung». Deutschland werde aussen- und sicherheitspolitisch mehr gefordert sein, da man Frankreich als stärkste militärische Kraft innerhalb der EU nicht allein lassen könne.

Den Brexit bezeichnete Asselborn als «entscheidenden Fehler». «Grossbritannien will das 19. Jahrhundert des Empires ins 21. Jahrhundert überführen. Diese Rechnung wird nicht aufgehen.» Auch sei Johnson «kein Churchill».

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