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AKW Mühleberg wird von Hand abgeschaltet - Countdown läuft

Die Arbeiten für die Stilllegung des AKW Mühleberg kommen nach Angaben der Betreiberin BKW planmässig voran. Nach 47 Betriebsjahren wird das Atomkraftwerk westlich von Bern am 20. Dezember um 12.30 Uhr abgeschaltet.

Agentur
sda
20.09.19 - 11:57 Uhr
Politik
BKW-Chefin Thoma will nach der Abschaltung des AKW Mühleberg möglichst schnell mit dem Rückbau beginnen.
BKW-Chefin Thoma will nach der Abschaltung des AKW Mühleberg möglichst schnell mit dem Rückbau beginnen.
KEYSTONE/ANTHONY ANEX

Bereits im November wird die Leistung abnehmen, weil der letzte, im Sommer 2018 beladene Brennstoff langsam aufgebraucht ist. Am Abend des 19. Dezember werden dann die letzten Vorbereitungen für das reibungslose Herunterfahren der Anlage getroffen, wie AKW-Leiter Martin Saxer am Freitag vor den Medien in Bern erklärte.

Am Morgen des 20. Dezember wird die Leistung nach und nach reduziert, indem Steuerstäbe zwischen den Brennstoff gefahren werden. Um 12.30 Uhr ist es dann soweit: Im Kommandoraum werden manuell zwei Knöpfe gedrückt, um das AKW für immer abzuschalten.

Danach wird der Druck im Reaktor abgebaut. Innerhalb von sieben Stunden fällt die Reaktor-Wassertemperatur von 280 auf unter 100 Grad Celsius. Bis am 22. Dezember soll das Herunterfahren abgeschlossen sein. Unmittelbar nach den Feiertagen, am 6. Januar 2020, sollen die Rückbauarbeiten beginnen.

Rasch mit Rückbau beginnen

«Es war immer ein grosses Anliegen, dass wir nach dem Abstellen nahtlos weitermachen können», sagte BKW-Chefin Suzanne Thoma. Denn was die Kosten mancherorts im Ausland in die Höhe getrieben habe, sei die zeitliche Lücke zwischen Abschaltung und Beginn des Rückbaus. Die Lücke müsse möglichst kurz sein, wenn man die Kosten im Griff behalten wolle.

Mühleberg ist das erste Schweizer AKW, das seinen Betrieb einstellt. Die BKW leistet demnach Pionierarbeit, wie Thoma betonte. Für den Energiekonzern sei die Stilllegung das grösste Projekt seit dem Bau des Atomkraftwerks vor rund 50 Jahren.

Und stilllegen ist mehr als abschalten: Durchschnittlich 200 eigene Leute und je nach Phase bis zu 80 zusätzliche Arbeitskräfte werden bis 2030 mit dem Rückbau beschäftigt sein. Erst im Jahr 2034 wird das Areal in Mühleberg wieder landwirtschaftlich oder industriell genutzt werden können.

Milliardenkosten

Das AKW Mühleberg sorgte jahrzehntelang für politische Auseinandersetzungen. Atomkraftgegner warnten immer wieder vor den Risiken und forderten die Abschaltung. Die Stilllegung erfolgt nun aber aus wirtschaftlichen Gründen.

Die Kosten dafür belaufen sich gemäss aktuellen Zahlen auf 927 Millionen Franken. Dazu kommen Entsorgungskosten von 1,427 Milliarden Franken, vor allem ab 2040. Die Finanzierung sei sichergestellt, betonte Thoma. Die 1,4 Milliarden für die Entsorgung seien übrigens «sehr, sehr grosszügig gerechnet».

Keine Versorgungslücke

Mit der Abschaltung von Mühleberg reduziert sich die Stromproduktion der BKW um einen Viertel. Eine Versorgungslücke entstehe nicht, versichert die BKW. Dank ihres Produktionsparks im In- und Ausland, dem Handelsgeschäft und ihrer europaweiten Vernetzung werde sie ihre Kunden weiterhin zuverlässig mit Strom beliefern.

Die BKW hält zahlreiche Beteiligungen und hat in den letzten Jahren namentlich stark in die Windkraft investiert. Ab 2020 stammt noch 22 Produzent der BKW-Stromproduktion aus dem Kanton Bern, 28 Prozent aus der restlichen Schweiz. Weitere 50 Prozent werden im europäischen Ausland produziert.

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Leider kommentiert die BKW nicht präzise, woher der importierte Strom kommt, denn deren Kapazitäten im Inland sind ja logischerweise schon in Nutzung, ergo kann die äquivalente Energie von Mühleberg nur vom Ausland kommen. Entweder werden deren ausländischen Kapazitäten nun in die Schweiz transferriert, oder man kauft es auf dem Markt zu. Ein Loch im Europäischen Energiepool sucht nun seine Füllung. Vielleicht kann man es stopfen, indem man den Grünen weniger Strom verkauft. Daniel Ellsberg lässt grüssen.

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