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Kein Geheimbericht – Kritik an «Blendgranate» der FDP

Die FDP wollte – unterstützt von der SVP – mittels dringlichem Vorstoss wissen, wieso die Regierung einen Bericht zur Spitalzukunft zurückhält. Am Ende blieben nur Schall, Rauch und gegenseitige Schuldzuweisungen.

Südostschweiz
19.09.19 - 04:30 Uhr
Politik

Die St. Galler Regierung hat gestern einen dringlichen Vorstoss zur Spitalpolitik beantwortet. FDP und SVP hatten am Montag gemeinsam eine Interpellation eingereicht und als dringlich durchgesetzt. Sie warfen der Regierung vor, die Öffentlichkeit «nicht offen und transparent» zu informieren.

Diverse Zwischenberichte und mehrere Rechtsgutachten zur Spitalpolitik seien zwar publik gemacht worden. Ein Bericht des Beratungsunternehmens KPMG werde aber unter Verschluss gehalten, weil das Ergebnis der Positionierung des Gesundheitsdepartements unter Heidi Hanselmann (SP) diametral entgegenlaufe, hiess es im Vorstoss. Offensichtlich war der Bericht zur FDP durchgesickert.

Regierung: Übliches Vorgehen

In ihrer Stellungnahme erklärte die Regierung, der KPMG-Bericht beinhalte «alternative Nutzungskonzepte an fünf Spitalstandorten». Die Regierungsmitglieder hätten ihn am 4. September erhalten, dem Verwaltungsrat der Spitalverbunde sei er am 10. September zugestellt worden.

Der Vorwurf, sie halte Informationen aus politischen Gründen zurück, entbehre jeder Grundlage, betonte die Regierung. Es müsse nachvollziehbar sein, dass Entscheiddokumente wie der Bericht der KPMG nicht an Dritte weitergeleitet würden, bevor der Auftraggeber selber Gelegenheit zur Beratung der Unterlagen gehabt habe.

Die Arbeit für eine neue Spitalstrategie befinde sich in der Schlussphase. Die Regierung werde bis Ende Oktober den Vorschlag des Lenkungsausschusses beraten und dann eine Vorlage präsentieren. Es verstehe sich von selber, «dass dieser Vorlage die Berichte beigelegt werden». Dazu gehöre auch der KPMG-Bericht. Dieses Vorgehen sei bei jedem Geschäft gleich und «weder speziell noch neu, sondern gelebte und bewährte Praxis».

Bei der Diskussion über den Vorstoss erklärte FDP-Fraktionschef Beat Tinner, die Regierung habe es einmal mehr verpasst, Vertrauen «proaktiv» zu schaffen. Der Fahrplan für die Veröffentlichung des Berichts hätte schon früher bekannt gegeben werden sollen. Die FDP fordere einen Umbau des St. Galler Spitalwesens. Es sei davon auszugehen, dass das Gutachten der KPMG die Pläne des Verwaltungsrats der Spitalverbunde stütze, der die Spitalstandorte reduzieren will.

Leck auf höchster Ebene

Von der SVP hiess es, es sei störend, dass Kollegen aus anderen Fraktion schon Kenntnis vom Inhalt des KPMG-Berichts hätten. Gemeint war die FDP. Die SVP habe mit dem Vorstoss bloss sicherstellen wollen, dass sie den Bericht auch rechtzeitig erhalten werde.

Der Vorstoss sei eine medial inszenierte «Blendgranate» gewesen, kritisierte der Sprecher der CVP-GLP-Fraktion, Mathias Müller. Am Ende bleibe nur Schall und Rauch. Es sei mehr als logisch, dass der Bericht nicht sofort der Kommission des Kantonsrats zugestellt worden sei. Die FDP versuche, vorzeitig die Abbaustrategie des Verwaltungsrats zu zementieren.

Der Kantonsrat gebe mit seinem Hickhack ein trauriges Bild ab, das Spitalmitarbeiter ratlos mache, befand CVP-Kantonsrat Thomas Warzinek. Er kritisierte derweil die SVP. Sie ändere ihre Position je nach Tageslaune. Einmal spanne sie mit der FDP zusammen – im Sinne einer Reduktion der Spitalstandorte. Dann kündige sie eine Initiative an, die den Erhalt der Notfallversorgung an allen Spitalstandorten verlange. SVP-Fraktionschef Michael Götte betonte derweil, dass es sich aktuell nicht um eine Initiative der Partei handle, sondern um eine von einzelnen SVP-Mitgliedern.

FDP schweigt zur Quelle

Die SP-Grüne-Fraktion warf der FDP «politischen Opportunismus» vor. Sprecher Peter Hartmann stellte Mutmassungen an, wer den Bericht der Partei weitergegeben haben könnte. Wenn es nicht die Regierung gewesen sei – und davon gehe er aus – müsse das Leck beim Verwaltungsrat der Spitalverbunde liegen. Das wäre ein «Skandal», so Hartmann. SP-Kollege Sepp Kofler (Uznach) forderte die FDP auf, zu erklären, woher sie den Bericht erhalten habe. Es sei nicht das erste Mal, dass die FDP in der Spitaldebatte mehr wisse, als alle anderen. Eine Antwort gab es nicht. (sda/pb)

 

Der Kantonsrat hat zudem …
… ein Postulat von Yvonne Suter (CVP, Rapperswil-Jona), Susanne Vincenz Stauffacher (FDP, Gaiserwald) und Laura Bucher (SP, St. Margrethen) überwiesen: Die Regierung soll aufzeigen, wie die Vereinbarkeit von Beruf, Politik und Familie für Mitglieder der Parlamente von Bund und Kantonen verbessert werden kann. Hintergrund ist der Frauenanteil von lediglich 20 Prozent im Kantonsrat.
… die Motion «Kein Abzug von Flugkosten bei den Steuern» von Marco Fäh (UGS, Kaltbrunn) abgelehnt – vorab aus rechtlichen und technischen Gründen. (pb)

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