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Bundesrat will mit Generika-Höchstpreis Gesundheitswesen entlasten

Der Bundesrat schlägt dem Parlament eine Reihe von Massnahmen vor, um die Kosten im Gesundheitswesen in den Griff zu bekommen. Dazu gehören ein Experimentierartikel und das umstrittene Referenzpreissystem für Generika. Wie viel damit gespart werden kann, ist unklar.

Agentur
sda
21.08.19 - 15:55 Uhr
Politik
Die Gesundheitskosten steigen Jahr für Jahr. Nun schlägt der Bundesrat Sparmassnahmen vor.
Die Gesundheitskosten steigen Jahr für Jahr. Nun schlägt der Bundesrat Sparmassnahmen vor.
KEYSTONE/PETER SCHNEIDER

«Mehrere hundert Millionen Franken», hofft Gesundheitsminister Alain Berset. Allein mit dem Referenzpreissystem könnten 300 Millionen bis 500 Millionen Franken pro Jahr gespart werden, erklärte er am Mittwoch vor den Bundeshausmedien. Würden alle vorgeschlagenen Massnahmen umgesetzt, wären es noch mehr. Die Höhe der Einsparungen hänge aber auch von der Umsetzung der einzelnen Massnahmen ab, sagte Berset. Zudem zeigten einige Schritte erst mittelfristig Wirkung.

Das Generika-Referenzpreissystem würde sofort wirken. Generika kosteten in der Schweiz etwa doppelt so viel wie im Ausland, rief Berset in Erinnerung. Ein Höchstpreis soll Abhilfe schaffen. Ist ein Medikament teurer, müssen die Patientinnen und Patienten die Differenz selber zahlen.

Pharma schlägt Alarm

Es handelt sich um die wirkungsvollste, wohl aber auch um die umstrittenste der vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen. Die von Pharma- und Chemieindustrie, Ärzteschaft und Apothekern gegründete Allianz gegen Referenzpreise warnt vor schlechteren Therapien, steigendem Medikamentenverbrauch und weniger Versorgungssicherheit. Eine Regulierungsfolgenabschätzung hat diese Befürchtungen zum Teil bestätigt.

Weitere Einsparungen sollen die Massnahmen zur Steuerung der Kosten bringen. Solche müssten Ärzte und Spitäler mit den Krankenkassen verbindlich vereinbaren. Ziel ist es laut Bundesrat, das ungerechtfertigte Mengen- und Kostenwachstum zu bremsen. Damit sind unbegründete ärztliche Leistungen gemeint, die für einen Teil der jährlich steigenden Kosten im Gesundheitswesen verantwortlich gemacht werden.

Zu den vorgeschlagenen Massnahmen gehört auch die Einführung eines Experimentierartikels, der kostendämpfende Projekte ausserhalb des normalen gesetzlichen Rahmens ermöglicht. Als Beispiel nannte Berset Pilotversuche mit eingeschränkter Arztwahl, mit Behandlungen im Ausland oder mit medizinischer Versorgung direkt im Auftrag der Krankenkasse.

Blockaden vermeiden

Mehrere Massnahmen betreffen die Tarife. Eine nationale Tariforganisation soll die Tarifstrukturen für ambulante ärztliche Behandlungen weiterentwickeln. Die letzte Tarmed-Revision ist gescheitert, weil sich die Tarifpartner nicht einigen konnten. Daraufhin musste der Bundesrat eingreifen.

Solche Blockaden gelte es in Zukunft zu verhindern, sagte Berset. Für pauschale Vergütungen für ambulante Behandlungen soll wie bei den Einzelleistungstarifen eine gesamtschweizerisch einheitliche Tarifstruktur gelten. Für diese wäre ebenfalls die Tariforganisation zuständig.

Kostendeckel verschoben

Bessere Kontrolle dank einer Rechnungskopie an die Versicherten oder ein Beschwerderecht der Krankenkassen gegen Spitalplanungsentscheide der Kantone sollen ebenfalls dazu beitragen, das Kostenwachstum zu bremsen. Insgesamt machen die angepeilten Einsparungen aber nur 2 bis 3 Prämienprozente aus, wie Berset erklärte. Es brauche daher laufend neue Massnahmen.

Berset erinnerte daran, dass seit 2012 dank der Senkung von Medikamentenpreisen jährlich rund 950 Millionen Franken gespart worden seien. Die Anpassung des Ärztetarifs Tarmed wirke sich ebenfalls kostendämpfend aus.

Mit den neuen Sparmassnahmen ist es nicht getan. Die Verwaltung arbeitet bereits an einem zweiten Massnahmenpaket. Dieses enthält laut Berset den wichtigsten Vorschlag der Expertengruppe, den Kostendeckel für das Gesundheitswesen. Diese Massnahme hatte der Bundesrat zunächst aufgeschoben. Im Frühling 20202 geht sie mit dem zweiten Massnahmenpaket in die Vernehmlassung.

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