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«Ich habe das Spektakel der höchsten Demokratie erlebt»

Die Journalistin Sunethra Athugalpura erklärt ihrer alten Heimat die Demokratie ihrer neuen.

Ueli
Weber
18.07.19 - 04:30 Uhr
Politik
Als Politik-Journalistin besonders interessiert: Sunethra Athugalpura berichtet über eine srilankische Zeitung über die Landsgemeinde in ihrer neuen Heimat.
Als Politik-Journalistin besonders interessiert: Sunethra Athugalpura berichtet über eine srilankische Zeitung über die Landsgemeinde in ihrer neuen Heimat.
SASI SUBRAMANIAM

Falls ein Glarner Tourist in Sri Lanka sich am Wochenende eine Ausgabe der singhalesisch-sprachigen Zeitung «Silumina» griff, ein bisschen darin blätterte, und irgendwann auf Seite 20 landete, erkannte er dort den Glarner Baudirektor Kaspar Becker – er richtet den Blick in die Ferne, streckt die Hand zum Schwur.

Und falls dieser Tourist einen Einheimischen fragte, was denn unter dem Kaspar Becker steht, hätte dieser geantwortet: «Ich habe das Spektakel der höchsten Demokratie miterlebt.»

«Landsgemeinde fasziniert mich»

Das Spektakel ist die Glarner Landsgemeinde – und miterlebt hat es die Journalistin Sunethra Athugalpura. Sie berichtet für die 200 000 Leser der Wochenzeitung «Silumina» über ihre neue Heimat. Athugalpura flüchtete 2008 mit ihrem Mann Sasi Subramaniam in die Schweiz. Heute leben sie mit ihren zwei Kindern in Mollis, Subramaniam arbeitet als Fotograf für die «Glarner Nachrichten».

«Die Landsgemeinde hat mich fasziniert», erzählt Athugalpura. «Wir sind schliesslich wegen der mangelnden Demokratie in Sri Lanka hierhergekommen.» Wenn sie ihren Bekannten von Glarus erzählen, kommt die Landsgemeinde immer zuerst: «Alle unsere Freunde wissen von der Landsgemeinde», sagt Athugalpura und lacht.

Würste und schlechtes Wetter

Allerdings ist Athugalpuras Text keine Lobhudelei, sie befasst sich durchaus kritisch mit der Landsgemeinde. Etwa dass die Abstimmungsresultate bei knappen Mehrheitsverhältnissen nicht immer zweifelsfrei seien: «Es ist bemerkenswert, dass das Auge über die Mehrheit bestimmt», schreibt sie.

Ausserdem erfahren die Sri Lanker: Dass Marianne Dürst als erste Frau die Landsgemeinde leitete, dass das Wetter meistens schlecht sei und dass tausende Kalberwürste verkauft und gegessen werden.

Bei den Lesern in Sri Lanka scheint die Landsgemeinde gut angekommen zu sein. «Der Redaktor hat mir erzählt, dass viele sich auch eine solche Form der Demokratie wünschten», sagt Athugalpura. Ein Grossteil der Rückmeldungen, welche sie erhielt, hatte aber ein anderes Thema: Bekannte und alte Kollegen freuten sich, dass sie wieder schreibt.

Nächstes Thema hat sie schon

13 Jahre lang arbeitete Athugalpura vor ihrer Flucht als Journalistin in Sri Lanka. Sie schrieb vor allem über Politik, war Dienstchefin bei einer grossen Zeitung. 2007 wurde Athugalpura als Journalistin des Jahres in Sri Lanka ausgezeichnet. Doch seit ihrer Flucht in die Schweiz hatte sie nicht mehr für eine Zeitung in Sri Lanka geschrieben. «Es ist ein gutes Gefühl», sagt sie.

Ihre nächsten Themen hat sie schon ins Auge gefasst. Sie will wieder über Politik schreiben. Auf dem Laufenden sei sie sowieso, so aufmerksam wie sie die Nachrichtenlage in ihrem Heimatland verfolgt.

Und Athugalpura hat sich einen sonderbaren Brauch aus dem Glarnerland vorgenommen, den sie ihren Landsleuten näher bringen will: Rauchende Kinder am Fridolinsfeuer.

Ueli Weber ist stellvertretender Redaktionsleiter der «Glarner Nachrichten». Er hat die Diplomausbildung Journalismus am MAZ absolviert und berichtet seit über zehn Jahren über das Glarnerland. Mehr Infos

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