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Ein Leben für den Nationalrat

Einmal oder zweimal kandidieren für den Nationalrat? – Normal. Aber fünf oder gar sechsmal?

Reto
Furter
06.07.19 - 04:30 Uhr
Politik
Einige Kandidaten zeigen Durchhaltevermögen.
Einige Kandidaten zeigen Durchhaltevermögen.
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So lang wie sie konnte keine Bündner Nationalratskandidatin je: Sechsmal ist sie angetreten, keine Wahl hat sie ausgelassen zwischen 1987 und 2007. Die Rede ist von Brigitta M. Gadient, die 1987 erst 27-jährig erfolglos für den Nationalrat kandidiert hatte, die Wahl bei ihrer dritten Kandidatur 1995 erstmals schaffte – und 2007, als 47-Jährige, ein letztes Mal an- getreten und gewählt wurde. 16 Jahre lang hatte sie damit die Bündner SVP in Bern vertreten.

Dem Normalfall entspricht Gadient nicht, wie eine Auswertung der Nationalratswahlen seit 1971 zeigt. Lediglich 25 Kandidatinnen und Kandidaten hatten den langen Atem und sind mehr als zweimal zu einer Wahl angetreten. Dabei standen zwischen 1971 und 2015 über 500 Namen auf einer der vielen Wahllisten, viele zweifach, kumuliert, im gleichen Wahljahr, nur wenige aber bei drei oder noch mehr Wahlen.

Fünfmal gewählt

Fünfmal immerhin wollte es der Disentiser CVP-Politiker Dumeni Columberg wissen: Von 1979 bis 1995 war er immer zur Stelle, wenn das Parlament neu gewählt wurde. Nicht nur das: Er wurde auch immer gewählt, erstmals bei seiner ersten Kandidatur 1979, als damals 38-Jähriger, als er den CVP-Sitz von Mathias Luregn Cavelty eroberte, der nicht mehr angetreten war.

Zwischen 1987 und 2003 kam bei der FDP niemand an Duri Bezzola vorbei. Der Unterengadiner kandidierte ebenfalls fünfmal, gewählt wurde er allerdings erst 1991 erstmals.

SP als Langstreckenläufer

Seinen ersten Erfolg bei nationalen Wahlen konnte 1991 auch ein anderer Politiker feiern: SP-Nationalrat Andrea Hämmerle. Auch er trat, wie Columberg, fünfmal zu Wahlen an, gewählt wurde er immer. Den frei gewordenen Sitz von SP-Na- tionalrat Martin Bundi verteidigte er damals auf Anhieb und gab ihn bis 2011 nicht mehr frei. 2011 trat Hämmerle zu den Wahlen nicht mehr an, sein SP-Sitz ging an Parteikollegin Silva Semadeni.

Auch diese hat fünfmal für den Nationalrat kandidiert, dreimal mit Erfolg. Spezieller ist aber ihr Werdegang. 1995 trat sie, als 43-Jährige, erstmals an und holte einen zweiten SP-Sitz. Vier Jahre danach trat sie als Bisherige an – und wurde nicht wiedergewählt. 2003 kandidierte sie bei den Wahlen nicht, 2007 trat sie zwar an, wurde aber nicht gewählt. Ihr Comeback schaffte sie 2011, seither vertritt sie die SP Graubünden in Bern. 2019 kandidiert sie nicht mehr.

Besser geht kaum noch

Ausdauernder und gleichzeitig erfolgreicher als Brigitta M. Gadient, um den Bogen zum Anfang zu schlagen, war in den letzten bald 50 Jahren im Kanton aber nur einer: Martin Bundi, SP-Nationalrat von 1975 bis 1995. Wie Gadient war auch er zu sechs Wahlen angetreten, zuerst 1971. Anders als Gadient schaffte er die Wahl aber fünf- statt «nur» viermal.

Reto Furter ist Leiter Chefredaktion der Südostschweiz Medienfamilie und verantwortet Radio, TV, Online und Tageszeitungen in den Kantonen Graubünden, Glarus und St. Gallen. Er ist promovierter Historiker und arbeitet seit 2009 bei Somedia. Mehr Infos

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