×

Neue mysteriöse Zwischenfälle mit Tankschiffen vor Irans Küste

Schwere Zwischenfälle mit Tankern am Golf haben die Spannungen zwischen dem Iran und seinen arabischen Erzrivalen weiter erhöht. Betroffen waren am Donnerstag zwei Schiffe einer norwegischen und einer deutschen Reederei

Agentur
sda
13.06.19 - 21:01 Uhr
Politik
Der Öltanker "Front Altair" am Donnerstag im Golf von Oman in Brand.
Der Öltanker "Front Altair" am Donnerstag im Golf von Oman in Brand.
KEYSTONE/EPA ISNA NEWS AGENCY/STRINGER

Die norwegische Seefahrtsbehörde bestätigte einen Angriff auf den Öltanker «Front Altair». Das norwegische Unternehmen Frontline meldete eine Explosion und einen Brand an Bord des Schiffes.

Die deutsche Reederei Bernhard Schulte Shipmanagement (BSM) in Singapur teilte mit, es seien 21 Seeleute von ihrem mit Methanol beladenen Frachter «Kokuka Courageous» gebracht worden. Das Schiff sei am Morgen beschädigt und ein Crewmitglied leicht verletzt worden.

Die Hintergründe der Vorfälle unweit der Küste des Irans waren zunächst ebenso unklar wie die Verantwortlichen. Bereits seit Wochen wachsen in der Region die Spannungen zwischen dem sunnitischen Saudi-Arabien und seinen Verbündeten einerseits sowie dem schiitischen Iran andererseits. Das Königshaus in Riad wirft der Führung in Teheran vor, sich in die inneren Angelegenheiten arabischer Staaten einzumischen und die Region zu destabilisieren.

Pompeo macht Iran verantwortlich

US-Aussenminister Mike Pompeo wies dem Iran die Verantwortung für die mutmasslichen Angriffe auf die zwei Tanker zu. «Es ist die Einschätzung der USA, dass die Islamische Republik für die Angriffe verantwortlich ist», sagte Pompeo am Donnerstag in Washington in einem Kurzauftritt vor Kameras.

Pompeo lieferte keine konkreten Belege dafür, dass der Iran hinter den mutmasslichen Attacken steckt. Die US-Einschätzung stütze sich auf den «Grad an Expertise», mit dem die Angriffe ausgeführt worden seien. Diese «unprovozierten Attacken» stellten eine Gefahr für die Freiheit der Schifffahrt dar und seien Teil einer iranischen «Kampagne», die Spannungen in der Region zu erhöhen, sagte der US-Aussenminister.

Ein Sprecher der iranischen Flotte erklärte, mehrere Expertenteams seien mit Helikoptern über dem Seegebiet im Einsatz, um die Zwischenfälle zu untersuchen. Die iranische Agentur Irna meldete, Rettungsteams des Landes hätten die Rettung von 44 Seeleuten mit koordiniert.

Drei Explosionen

Die norwegische Seefahrtsbehörde meldete, es sei von drei Explosionen auf der «Front Altair» berichtet worden. Die Reederei Frontline wies zugleich Berichte zurück, das Schiff sei gesunken. Sie bestätigte auch nicht die Angaben der norwegischen Seefahrtsbehörde, die von einem Angriff gesprochen hatte.

Die US-Marine erklärte, sie habe zwei Notrufe erhalten. US-Schiffe seien in der Region unterwegs und leisteten Hilfe, teilte die 5. Flotte der US-Marine in Bahrain mit. Es gebe Berichte, dass dort zwei Tanker angegriffen worden seien.

Ladung intakt

Nach Angaben der Reederei BSM besteht keine Gefahr, dass die «Kokuka Courageous» sinkt. Die Ladung sei «intakt». Der Schaden sei auf der Steuerbordseite im hinteren Teil des Frachters, sagte der Sprecher. Die 21 Seeleute seien mit einem Rettungsboot auf ein anderes Schiff gebracht worden. Der leicht verletzte Seemann habe dort Erste Hilfe bekommen. Bei den Seeleuten handle es sich ausnahmslos um Philippiner. Deutsche seien keine an Bord gewesen.

Der Zwischenfall ereignete sich diesen Angaben zufolge in etwa 70 Seemeilen Entfernung vom arabischen Emirat Fudschairah und etwa 14 Seemeilen entfernt von der iranischen Küste. Weiterer Anrainer der dortigen Meerenge ist das arabische Sultanat Oman. Die BSM gehört zur Hamburger Reederei Schulte Group.

Der 2016 gebaute Öltanker «Front Altair» fährt unter der Flagge der Marschallinseln. Er war nach Angaben des Dienstes «Marine Traffic» auf dem Weg von den VAE nach Taiwan. Frontline gilt als die grösste Tankerflotte der Erde. Sie ist im Besitz des norwegischen Milliardärs John Frederiksen. Die «Kokuka Courageous» ist unter der Flagge Panamas unterwegs und hatte «Marine Traffic» zufolge vor drei Tagen in Saudi-Arabien abgelegt, um nach Singapur zu fahren.

Ölpreise steigen stark an

Die betroffene Meerenge ist eine der wichtigsten Seestrassen der Welt. Sie verbindet die ölreiche Golfregion mit dem offenen Meer. Über die Strasse von Hormus läuft ein grosser Teil des weltweiten Öltransports per Schiff. Die Ölpreise stiegen nach den Zwischenfällen stark an. Der Preis für die US-Rohölsorte WTI stieg um bis zu 3,9 Prozent auf 53,11 Dollar je Barrel (159 Liter).

Die EU warnte nach den Vorfällen vor vorschnellen Reaktionen. «Die Region braucht keine weiteren Elemente der Destabilisierung und keine weiteren Spannungen», sagte die Sprecherin der EU-Aussenbeauftragten Federica Mogherini in Brüssel.

Das norwegische Seefahrtsamt erhöhte seine Sicherheitsstufe für das betroffene Gebiet. «Wegen der Angriffe und der unklaren Umstände» rate man Schiffen unter norwegischer Flagge, sich von iranischen Territorialgewässern fernzuhalten.

Sorgen vor militärischem Konflikt

Die USA waren vor einem Jahr einseitig aus dem Atomabkommen mit dem Iran ausgestiegen und setzen das seitdem wieder mit massiven Wirtschaftssanktionen unter Druck. Das US-Militär verlegte einen Flugzeugträger und eine Bomberstaffel in die Region, was Sorgen vor einem militärischen Konflikt aufkommen liess.

Erst vor vier Wochen hatten die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) Sabotageakte gegen vier Handelsschiffe in derselben Region gemeldet. Nach saudiarabischen Angaben wurden zwei Tanker des Landes schwer beschädigt. Die genauen Umstände blieben jedoch unklar.

US-Sicherheitsberater John Bolton sprach später von Angriffen mit Seeminen, für die «fast sicher» der Iran verantwortlich sei. Beweise für seine Anschuldigung legte er nicht vor. Die Regierung in Teheran wies den Vorwurf zurück und sprach von «lächerlichen Behauptungen».

Die USA hatten zusammen mit ihren Verbündeten Saudi-Arabien und den VAE in den vergangenen Wochen den Druck auf den Iran massiv erhöht. Die Königshaus in Riad beschuldigt den Iran unter anderem, in Jemens Bürgerkrieg die Huthi-Rebellen zu unterstützen. Diese hatten in den vergangenen Wochen Saudi-Arabien wiederholt mit Drohnen angegriffen.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Politik MEHR