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Graubünden schickt Sonderjagd-Initiative endgültig bachab

Sie wurde monatelang heiss diskutiert: Die Sonderjagd-Initiative. Am Sonntag fällen die Bündner Stimmbürger nun ihr Urteil über den Erhalt oder die Abschaffung des zweistufigen Jagdsystems.

Südostschweiz
19.05.19 - 12:45 Uhr
Politik
Ende und Aus für die Sonderjagd-Initiative.
Ende und Aus für die Sonderjagd-Initiative.
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Einige bemerkenswerte Zahlen zur Sonderjagds-Abstimmung

  1. Die Gemeinden der Region Prättigau/Davos, woher die Initiative stammte, sagten auch fast geschlossen Ja. Ausnahme: Davos sagte mit 53.14 Prozent Nein.
  2. In der Region Plessur sagten vier von sechs Gemeinden ebenfalls Ja zur Sonderjagd-Initiative, weil eine der beiden ablehnenden Gemeinden aber Chur war, führte das für die Region Plessur zu einem Nein.
  3. Den höchsten Ja-Stimmen-Anteil aller Gemeinden verzeichnet zum Schluss Conters im Prättigau mit 84.48 Prozent.
  4. Den höchsten Nein-Stimmen-Anteil hatte die Gemeinde Rossa im Calancatal mit 85.06 Prozent.
  5. Am unterschiedlichsten stimmten die Gemeinden der Region Viamala. Von 22 Gemeinden sagten 7 Ja und 15 Nein.

Endresultat zur Sonderjagd-Initiative

  • Ja: 30'533 Stimmen, 45,77 Prozent, 29 Gemeinden, 2 Regionen
  • Nein: 36'181 Stimmen, 54, 23 Prozent, 77 Gemeinden, 9 Regionen

Talschaften stimmen (ziemlich) geschlossen

Dass die Jagd, und damit die Sonderjagd-Initiative, für den Kanton Graubünden ein sehr wichtiges und entsprechend emotionales Thema sind, zeigt sich an der hohen Stimmbeteiligung von fast 50 Prozent. Auch die geografische Verteilung der Zustimmung und Ablehnung ist zumindest teilweise logisch. so nahmen die Gemeinden des Prättigau, woher die Initiative ursprünglich stammt, das Anliegen an. Geschlossen abgelehnt wurde die Sonderjagd-Initiative von den Gemeinden des Ober- und Unterengadin, der Südtäler Misox und Calanca sowie des Rheintals. Auch ein grossteil der Gemeinden Mittelbündens und der Surselva sagten Nein, Ausnahmen bildeten etwa Obersaxen-Mundaun und einige Gemeinden im Avers und Rheinwald. Etwas allein in der Landschaft steht Poschiavo, das die Sonderjagd-Initiative annimmt, aber umringt ist von lauter ablehnenden Gemeinden.

Die Sonderjagd-Initiative ist abgelehnt

Zwar sind noch die Resultate aus den Gemeinden Davos und Conters im Prättigau offen, bei 104 von 106 ausgezählten Gemeinden beträgt die Stimmendifferenz allerdings mehr als 5500 Stimmen. Damit ist die Sonderjagd-Initiative mit rund 54 Prozent Nein-Stimmen definitiv abgelehnt.

Damit endet ein fast sechsjähriges Seilziehen mit viel hin und her. Mit einer Rekordzahl von über 10'000 Unterschriften kam die Initiative 2013 zustande. Regierung und Grosser Rat erklärten die Initiative in der Folge für ungültig. Die Initianten zogen diesen Entscheid vor Gericht – und wurden vom Bündner Verwaltungsgericht abgewatscht, dieses stützte den Entscheid der Bündner Parlamentarier. Darauf zogen sie das Urteil ans Bundesgericht in Lausanne weiter, von dem dann der Bescheid kam: die Initiative verstosse gegen kein eidgenössisches Recht und sei damit gültig. Nun haben am Ende doch die Stimmbürger des Kantons die letzte Entscheidung gefällt und die Sonderjagd in ihrer heutigen Form bestätigt.

Der Sonderjagd-Initiative schwimmen die Felle immer weiter davon: die Gemeinde St. Moritz hat ihr Endresultat gemeldet und es spricht eine deutliche Sprache: Bei einer Stimmbeteiligung von 47.89 Prozent lehnen 67.13 Prozent der Stimmenden die Initiative ab. 807 Nein- zu 395-Ja-Stimmen lautet das klare Verdikt aus St. Moritz.

Clau Dermont
Politikwissenschaftler Clau Dermont in einem Interview. Fotografiert am 19. September 2015
Yanik Buerkli

Zwar sind bevölkerungsstarke Gemeinden wie Chur, Davos oder St. Moritz noch nicht ausgezählt, dennoch geht der Bündner Polit-Experte Clau Dermont davon aus, dass das Endresultat kaum mehr kippen dürfte. «Die Differenz beträgt schon fast 4000 Stimmen, da müsste in Chur bei einer ähnlichen Stimmbeteilung wie im Rest des Kantons die Initiative derart massiv angenommen werden, dass das Gesamtergebnis noch kippt, dass das schon sehr unwahrscheinlich ist.»

Erste Tendenz: Nein zur Sonderjagd-Initiative

Punkt 12 Uhr gibt der Kanton die ersten definitiven Zahlen zur Abstimmung über die Sonderjagd-Initiative bekannt. Es zeichnet sich ein «Nein» ab. 54.42 Prozent beträgt der Nein-Anteil bei 92 ausgezählten Gemeinden von insgesamt 106.

Die klarste Ablehung gibt es bis jetzt in Rossa mit 85.06 Prozent, gefolgt von Tschappina mit 78.38 und Mathon mit 74.07 Prozent Nein-Stimmen. Am deutlichsten wird die Initiative in Küblis angenommen mit 74.92 Prozent. Dahinter folgen Furna mit 72 und Luzein mit 70.59 Prozent.

Offen sind noch die folgenden Gemeinden:

  • Vaz/Obervaz
  • Bonaduz
  • Felsberg
  • St. Moritz
  • Arosa
  • Chur
  • Tschiertschen-Praden
  • Conters im Prättigau
  • Davos
  • Fideris
  • Grüsch
  • Ilanz/Glion
  • Vals
  • Masein

Die Stimmbeteiligung in den bisher ausgezählten Gemeinden beträgt insgesamt 49.92 Prozent.

 

Eine mit der Rekordzahl von über 10'000 Unterschriften eingereichte Volksinitiative will den zweiten Teil der Jagd, die Sonderjagd, abschaffen. Bisher fand sie Ende November und Anfang Dezember statt, wenn auf der 21-tägigen Hochjagd im September die Abschusspläne des Amtes für Jagd und Fischerei nicht erfüllt wurden. Mit den Abschussplänen soll der Wildbestand reguliert werden, damit sich der Wald verjüngen kann. Für die Initianten der Sonderjagd-Initiative ein Dorn im Auge, weil ...

  • gelockerte Regeln gelten (es dürfen auch Jung- und Muttertiere geschossen werden)
  • die Tiere während der Sonderjagd bereits in der Winterruhe sind 
  • es eine reine Fleischbeschaffung sein soll

Die Initianten verlangen deshalb unter anderem, dass bis spätestens Ende Oktober die Abschusspläne erfüllt werden. Dafür soll die Jagd um vier Tage verlängert werden. Die Bündner Regierung und das Parlament hatten die Initiative im Vorfeld abgelehnt bzw. gar als ungültig erklärt. Dies sah das Bundesgericht in Lausanne jedoch anders und somit stimmen wir heute über die Vorlage ab.   

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