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Unterschiedliche Schlüsse aus dem Preisvergleich mit dem Ausland

Generika sind in der Schweiz nach wie vor fast doppelt so teuer wie im Ausland. Doch bei Originalpräparaten verringert sich der Preisunterschied zwischen der Schweiz und dem Ausland. Die Schlüsse von Interpharma und Santésuisse aus den Zahlen sind unterschiedlich.

Agentur
sda
16.04.19 - 13:24 Uhr
Politik
Generika sind in der Schweiz nach wie vor fast doppelt so teuer wie in anderen europäischen Ländern - hier ein Generikum aus Deutschland. (Symbolbild)
Generika sind in der Schweiz nach wie vor fast doppelt so teuer wie in anderen europäischen Ländern - hier ein Generikum aus Deutschland. (Symbolbild)
Keystone/AP/FRANKA BRUNS

Bei einem Wechselkurs von 1,11 Franken pro Euro waren die 250 umsatzstärksten patentgeschützten Medikamente im April 2019 in der Schweiz rund 7 Prozent teurer als im vergleichbaren Ausland. Bei einem Wechselkurs von 1,15 läge der Preisunterschied bei 5 Prozent. Am Dienstag wurde der Preisvergleich in Bern den Medien präsentiert.

Preisüberprüfungen wirken

Vor einem Jahr waren dieselben Medikamente noch 9 Prozent teurer gewesen - bei einem Wechselkurs von 1,09. Laut Interpharma und Santésuisse sind die wichtigsten Gründe für die sinkenden Preise die Wechselkursentwicklung und die regelmässigen Preisüberprüfungsrunden durch das Bundesamt für Gesundheit (BAG). Durch Preissenkungen seien 2017/2018 rund 325 Millionen Franken eingespart worden.

Der Preisunterschied für Orginalpräparate mit abgelaufenem Patentschutz sank im Vergleich zum Vorjahr ebenfalls und lag im Februar 2019 noch bei 14 Prozent. Bei den Generika hingegen gab es kaum Verbesserung: Die Preisdifferenz verharrt bei 48 Prozent; Generika kosten in der Schweiz rund doppelt so viel wie im Ausland.

Verschiedene Schlussfolgerungen

Über die Zahlen sind sich Santésuisse und Interpharma zwar einig, doch sie ziehen verschiedene Schlüsse. Interpharma-Geschäftsführer René Buholzer betonte, dass Originalmedikamente mit Patent nach Wechselkurs-Einwirkungen und den Preisüberprüfungsrunden des BAG in der Schweiz nicht mehr teurer seien als im Ausland.

«Trotz innovativen Medikamenten bleibt der Anteil der Medikamente an den Gesundheitskosten stabil», sagte er. Patentgeschützte Originalpräparate will Buholzer deshalb nicht als Sündenböcke sehen für Gesundheitskosten. Dieser Sektor des Gesundheitswesens sei der einzige mit einer institutionalisierten Preisfestsetzung, betonte er.

Für neue Entwicklungen sei das heutige System mit Zulassung, Preisfestsetzung und Vergütung nicht bereit, sagte Buholzer zudem. Er forderte neue Lösungen für die Patienten und für deren Therapiebedarf zugeschnittene personalisierte Arzneimittel an. Künftig werde nicht mehr für alle derselbe Wirkstoff verschrieben.

Referenzpreissystem umstritten

Santésuisse dagegen pocht auf die Förderung der preislich günstigeren Generika, etwa mit dem vom Bundesrat vorgeschlagenen, aber von der Pharmabranche sowie Ärzten und Apothekern bekämpften Referenzpreissystem. Mit diesem müssten Kassen für alle Medikamente mit gleichem Wirkstoff einen Höchstpreis vergüten.

Generika haben nach Angaben von Santésuisse einen mengenmässigen Marktanteil von 23 Prozent. Umsatzmässig sind es 18 Prozent. In keinem der neun Vergleichsländer des Preisvergleichs würden - von der Menge her gesehen - prozentual weniger Generika abgesetzt als in der Schweiz, macht Santésuisse geltend.

Beseitigt werden müssen laut Santésuisse-Direktorin Verena Nold zudem Fehlanreize bei der Vertriebsmarge, die dazu verleiten, teurere statt günstigere Arzneimittel abzugeben. Weiter brauche es ein Beschwerderecht für die Kassen gegen vom BAG festgesetzte Preise und die Aufhebung des Territorialprinzips. So könnten Kassen im Ausland gekaufte, günstigere Arzneimittel vergüten.

Umstrittener Prüfungsrhythmus

Buholzer von Interpharma dagegen will an der Wahlfreiheit für Patienten und der Verschreibungsfreiheit nicht rütteln. Nold plädierte weiter für eine jährliche Preisüberprüfung durch das Bundesamt für Gesundheit. Interpharma dagegen möchte beim derzeitigen Drei-Jahres-Rhythmus bleiben.

Der Preisvergleich wurde zum zehnten Mal durchgeführt. Dabei wurden die Fabrikabgabepreise in der Schweiz mit denjenigen in Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Grossbritannien, den Niederlanden, Österreich und Schweden für patentgeschützte und patentabgelaufene Medikamente sowie Generika verglichen.

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