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Widerstand gegen den Seezugang Lido

Der Zugang zum Obersee beim Lido in Rapperswil kann vorerst wegen Einsprachen nicht gebaut werden. Anwohner monieren beim Bau eines Flachufers «eine unpassende Bepflanzung und zu grosse Bäume».

02.04.19 - 04:30 Uhr
Politik
Auf Eis gelegt: Der Seezugang Lido mit einem Flachufer als Kiesstrand kann wegen Einsprachen nicht erstellt werden.
Auf Eis gelegt: Der Seezugang Lido mit einem Flachufer als Kiesstrand kann wegen Einsprachen nicht erstellt werden.
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Der See gehört zu Rapperswil-Jona wie das Schloss. Entsprechend begehrt sind die Zugänge zum Wasser. Als im Sommer 2017 eine Petition für den Erhalt der Liegewiese im Lido umhergereicht wurde, kamen innert Wochenfrist 400 Unterschriften zusammen. Das Signal wurde im Stadthaus verstanden: An der Bürgerversammlung am 5. Dezember präsentierte Bauchef Thomas Furrer die Pläne für eine neue Lido-Wiese. Diese soll rund 4500 Quadratmeter umfassen, was ungefähr der Grösse eines Fussballfelds entspricht.
Die Bürgerversammlung hat denn für die Renaturierung der Trockenplätze und einen öffentlichen Seezugang im Lido einen Baukredit von einer Million genehmigt. Die Bauarbeiten sollen sieben Monate dauern und im Juni starten.

Seezugang ohne Schilfgürtel

Das Baugesuch mit den Baueingabeplänen lag auf der Bauverwaltung Rapperswil-Jona öffentlich auf. Es habe eine Einsprache mit drei Einsprechenden aus der direkten Anwohnerschaft gegeben, teilt Furrer mit: Die Einsprache wurde mit «unpassender Bepflanzung und zu grossen Bäumen» begründet. Furrer ist guten Mutes, dass eine Einigung mit den Anwohnern erzielt werden kann: «Die Anwohner monieren, dass die Bepflanzung nicht der Petition entspreche, mit der ein Seezugang ohne Schilfgürtel gefordert wurde.»

Die Anwohner monieren, dass die Bepflanzung nicht der Petition entspricht.


«Im Grundsatz ist die Bepflanzung allerdings in Ordnung. Es geht nur um Details, in der wir unterschiedliche Auffassungen vertreten», sagt Furrer: In diesem Sinne geht der Bauchef davon aus, dass die Bauarbeiten beim Seezugang Lido wie geplant im Juni aufgenommen werden können, sodass im November die neue Liegewiese bereitgestellt wird. Möglich sei, dass die Bepflanzung der Anlage erst im Frühling 2020 erfolge.

Vier Fragen an …
Thomas Furrer, Bauchef in Rapperswil-Jona

1 Andauernd gehen am Obersee Einsprachen gegen Bauprojekte ein. Ist das einfach typisch Rapperswil-Jona?
Nein. Partikularinteressen gibt es überall auf der Welt und beileibe nicht nur in der Rosenstadt. Es entspricht vielmehr dem Zeitgeist, mit Einsprachen Bauprojekte zu verhindern. Aber was mir auffällt: Es geht oft um alte Geschichten. Vergessen, was einmal war, ist schwer. Vielleicht ist das typisch Rapperschwyl und Jona.


2 In Rapperswil-Jona fällt allerdings auf, dass man gegen alles und gar gegen Bäume ist. Will man hier gerne sonntags im Rosengärtli spazieren, aber keine Grünzone vor der eigenen Türe?
In Rapperswil-Jona herrscht eine andere Mentalität vor als in vergleichbaren Städten, weil hierzulande eine Urbanität fehlt und damit auch der Sinn für das Gemeinwohl. Kommt hinzu, dass Einzelpersonen viel Einfluss haben und diesen bis ins hohe Alter geltend machen. Manchmal laufen Geschichten ab wie in Seldwyla. Die Stadt der Zukunft ist in vielen Köpfen noch weit weg.


3 Was bedeutet diese Haltung konkret für die Bauprojekte?
Nur die Mutigen und Ausdauernden wagen sich noch an Projekte. Vielfach gehen dann auch Qualitäten verloren, weil die Einsprachen zu einer Ausnivellierung der Architektur führen kann: Ein gutes Projekt wird so zerzaust, dass am Schluss nur noch der Kompromiss bleibt – und der ist selten besser, schon gar nicht für die Stadt und ihr Image. Chrüzacher I bekommt dann ein Geschoss weniger, und Chrüzacher II muss in der Regelbauweise erstellt werden und kann nicht in einer dem Ort entsprechenden Art gebaut werden. Die Juristen verdienen gut, und die Gerichte beklagen Überlast. Der Rechtsstaat läuft auf dem letzten Zacken, und Entscheide dauern Jahre. Das kanns nicht sein.


4 Was kann ein Bauchef einer mittelgrossen Stadt dagegen ausrichten?
Viel Geduld aufbringen und erklären, wo wir hin wollen und warum wir das so machen. Auf dem politischen Weg versuchen, die Gemüter zu gewinnen und für städtebaulich überzeugende Lösungen kämpfen. Naturgemäss führt dies zu einem grossen Mehraufwand, aber nur, wenn wir die Bürger vom eingeschlagenen Weg überzeugen, können wir die Stadt auch besser gestalten. Manchmal vermisse ich die Stimme der jungen Menschen, für sie planen und bauen wir ja heute. (ml)

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