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Tessiner Sozialisten fordern Untersuchungskommission im Fall Gucci

Eine parlamentarische Untersuchungskommission soll im Tessin Licht ins Dunkel der Gucci-Affäre bringen. Und die Tessiner Staatsanwaltschaft soll gegen Manager der Gucci-Eigentümerin Kering wegen Scheinwohnsitznahme ermitteln.

Agentur
sda
21.03.19 - 16:58 Uhr
Politik
Soll steuerlich genauer unter die Lupe genommen werden: Die Niederlassung der zum Luxusgüterkonzern Kering gehörenden Firma LGI in St. Antonino bei Bellinzona.
Soll steuerlich genauer unter die Lupe genommen werden: Die Niederlassung der zum Luxusgüterkonzern Kering gehörenden Firma LGI in St. Antonino bei Bellinzona.
KEYSTONE/TI-PRESS/SAMUEL GOLAY

Dies verlangt die Bewegung «Movimento per il socialismo» (MPS). Der MPS-Grossrat Matteo Pronzini verkündete seine neuesten Schritte im Kampf gegen die mutmasslichen Steuerhinterzieher des italienischen Mode-Labels am Donnerstag an einer Medienkonferenz in Bellinzona.

Die Tessiner Behörden hätten bis heute nicht auf die von den Medien aufgedeckten, massiven Steuerhinterziehungen von Managern der französischen Kering-Gruppe reagiert, erklärte MPS-Mitglied Giuseppe Sergi vor den Medien. «Wir verlangen, dass die Tessiner Behörden nun endlich Stellung beziehen, namentlich, was den Scheinwohnsitz des ehemaligen Gucci-Chefs Patrizio di Marco betrifft.»

Gemäss Unterlagen, welche der MPS offenbar zugespielt worden sind, hatte di Marco als Pauschalbesteuerter von beträchtlichen Steuererleichterungen profitiert. Laut Pronzini war di Marco im Besitz eine Niederlassungsbewilligung B und hatte in der Luganeser Vorortsgemeinde Paradiso eine kleine Viereinhalbzimmerwohnung gemietet.

Wohnte der CEO jemals im Tessin?

Dort habe er allerdings nie einen Fuss hingesetzt. Die Familie lebe in Rom in einem Haus mit 44 Zimmern, so die Vertreter der MPS. Das Gesetz zur Pauschalsteuer verlangt, dass Profiteure mindestens 90 Tage pro Jahr ununterbrochen in der Wohngemeinde leben.

Der Kanton Tessin habe die Pauschalsteuer für di Marco auf 400'000 Franken festgesetzt. Nachdem er das Tessin 2014 nach seinem Abgang bei Gucci verlassen habe, sei er mit einer Entschädigung von 11,2 Millionen Euro bedacht worden, so Pronzini weiter. Und während seiner Zeit als Pauschalbesteuerter im Tessin habe di Marco in Tat und Wahrheit 23 Millionen Euro verdient.

Das MPS erwartet nun vom neu gewählten Tessiner Kantonsparlament, dass es endlich Licht in «diese beschämenden Vorgänge» bringt, heisst: zu den der Kering-Gruppe vom Kanton Tessin gewährten Steuervorteilen im Gegenzug dafür, dass diese ihr Verteilzentrum Luxury Goods in Sant'Antonino bei Bellinzona angesiedelt hat.

Zudem soll der Staatsanwalt in Lugano untersuchen, ob die Scheinresidenzen von di Marco und seinem Nachfolger Marco Bizzarri nicht in betrügerischer Absicht eingerichtet worden sind. Falls ja, wäre dies ein Fall für die Strafjustiz. Im schlimmsten Fall drohten den beiden Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren.

Die Forderung nach Einsetzung einer parlamentarischen Untersuchungskommission und die Strafanzeige hätten sie am Donnerstag per Einschreiben an sämtliche Mitglieder des Kantonsparlaments und die Staatsanwaltschaft in Lugano geschickt, führten Pronzini und Sergi aus.

Mailand untersucht Steuerhinterziehung

Laut der Untersuchung der Mailänder Staatsanwaltschaft soll Modegigant Gucci von 2011 bis 2017 über Luxury Goods Steuern von 1,4 Milliarden Euro hinterzogen haben, indem er es unterliess, Einnahmen in der Höhe von 14,5 Milliarden Euro zu melden.

Die Bundesanwaltschaft (BA) hatte 2017 im Zusammenhang mit den Mailänder Ermittlungen gegen die Kering-Gruppe eine Strafuntersuchung gegen Unbekannt eingeleitet. Es besteht Verdacht auf Geldwäscherei und Urkundenfälschung.

Darüber hinaus hatte die BA bestätigt, dass sie ein Rechtshilfeersuchen der Mailänder Staatsanwaltschaft erhalten und bewilligt habe. Bei der Anfrage sei es aber nicht um Steuerhinterziehung, sondern um den Fall eines ehemaligen Kering-Managers gegangen.

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