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Mindestens 49 Tote bei Angriff auf Moscheen in Neuseeland

Bei einem mutmasslichen Terror-Angriff auf zwei Moscheen in der neuseeländischen Stadt Christchurch sind mindestens 49 Menschen getötet worden. Das sagte der zuständige Polizei-Chef Mike Bush am Freitag in der Hauptstadt Wellington.

Agentur
sda
15.03.19 - 11:32 Uhr
Politik

Zudem wurden durch Schüsse in den beiden Gotteshäusern mehrere Dutzend muslimische Gläubige verletzt. Die Gesundheitsbehörden teilten mit, 48 Menschen mit Schusswunden würden in verschiedenen Spitälern behandelt. Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern sprach von einem «terroristischen Angriff».

Bislang gibt es keine Hinweise auf Schweizer Staatsangehörige unter den Opfern, wie das Aussendepartement EDA auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte. Die Schweizer Vertretung in Wellington stehe in Kontakt mit den zuständigen lokalen Behörden.

Bundespräsident Ueli Maurer schrieb auf Twitter, der Angriff in Christchurch auf betende Menschen in den Moscheen sei schockierend. Die Schweiz verurteile alle Terrortaten. «Meine Gedanken und meine Anteilnahme sind bei den Opfern, ihren Familien und mit allen Menschen in Neuseeland», schrieb er weiter.

Vier Personen festgenommen

Polizei-Chef Bush sagte, es seien vier Menschen festgenommen worden, wobei einer davon vermutlich nicht mit dem Angriff in Verbindung stehe. Einem anderen Verdächtigen, der Ende 20 sei, werde Mord vorgeworfen.

Er soll bereits an diesem Samstag einem Richter vorgeführt werden. Bei den übrigen zwei Verdächtigen müsse noch genau geklärt werden, was sie mit dem Vorfall zu tun hätten. Sie seien im Besitz von Schusswaffen gewesen.

Der genaue Ablauf der Attacke war auch nach Stunden noch unklar. Für den Pazifikstaat ist es eine der schlimmsten Gewalttaten der jüngeren Geschichte. Aus Sorge vor weiteren Angriffen riegelte die Polizei Schulen und andere öffentliche Gebäude stundenlang ab. An die Bevölkerung - insbesondere an Muslime - appellierte sie, zuhause zu bleiben: «Unter keinen Umständen sollte irgendjemand im Land jetzt zu einer Moschee gehen.»

Chef-Ermittler Bush betonte, die Polizei habe im Vorfeld der Tat keine Fehler gemacht. Ardern hatte zuvor gesagt, die Verdächtigen hätten auf keiner Liste potentieller Attentäter gestanden.

«Rechtsextremistischer Terrorist»

Australiens Premierminister Scott Morrison bestätigte, dass einer der Verdächtigen Australier ist. Er sprach von einem «rechtsextremistischen gewalttätigen Terroristen». Im Internet kursierte ein Video der Tat, das von dem 28-Jährigen stammt. Offenbar trug er dabei eine Helmkamera.

Nach Augenzeugenberichten begann der Angriff gegen 13.45 Uhr (1.45 Uhr MEZ). Ein bewaffneter Mann drang in eine Moschee in der Innenstadt ein, wo sich zur Mittagsstunde mehr als 300 Menschen zum Freitagsgebet versammelt hatten, und schoss mit einer Schnellfeuerwaffe um sich.

Laut Zeugen handelt es sich bei dem Täter um einen weissen Mann, der Helm und kugelsichere Weste trug. Später fielen auch noch in einer anderen Moschee Schüsse.

«Schockmoment»

Einer der überlebenden Gläubigen, Mohan Ibrahim, berichtete der Zeitung «New Zealand Herald» von einem «Schockmoment». «Dann haben alle Leute angefangen davonzulaufen.» Ein anderer Zeuge, Ahmad Al-Mahmoud, sagte: «Es fielen mindestens 50 Schüsse, sehr schnell hintereinander. Können auch Hunderte gewesen sein.» Nach der Tat sperrte die Polizei das Gelände um die Moschee weiträumig ab.

Auf einem Video ist zu sehen, wie mehrere bewaffnete Beamte einen Mann aus einem weissen Auto ziehen, das zuvor offensichtlich gerammt wurde. Nach Angaben von Bush wurden an mehreren Autos Sprengsätze entdeckt.

Cricket-Team entkam

Bangladeschs Cricket-Team, das für ein Spiel gegen Neuseeland in Christchurch war, entkam offenbar nur knapp einem der Angriffe. Ein Sprecher berichtete, einige der Spieler hatten gerade den Team-Bus verlassen und wollten in die Moschee gehen, als der Angriff begann. Sie seien alle sicher, stünden allerdings unter Schock. Das Match wurde abgesagt.

Massive Schusswaffenangriffe sind in Neuseeland selten. Das Land hatte 1992 seine Waffengesetze verschärft, seitdem gelten strikte Regeln für den Erwerb halbautomatischer Waffen. In Auckland sprengte das Militär sicherheitshalber zwei herrenlose Taschen in der Nähe eines Bahnhofs. Ihr Inhalt stellte sich als harmlos heraus.

In Neuseeland ist nur eine kleine Minderheit der Bevölkerung muslimischen Glaubens. Insgesamt gibt es dort etwa 50'000 Muslime, viele davon Einwanderer aus Staaten wie Pakistan oder Bangladesch. Grösste Religionsgruppe in Neuseeland ist das Christentum.

Die Stadt Christchurch hat 350'000 Einwohner und liegt auf der Südinsel des Pazifikstaats. Bürgermeisterin Lianne Dalziel sagte: «Alle sind schockiert. Ich hätte nie gedacht, dass so etwas hier passieren kann.»

Sicherheitsvorkehrungen erhöht

Frankreich und Grossbritannien erhöhen nach der Attacke auf Moscheen in Neuseeland die Sicherheitsvorkehrungen. Der französische Innenminister Christophe Castaner kündigte Kontrollen rund um religiösen Einrichtungen an.

Der Chef der britischen Terror-Abwehr, Neil Basu, erklärte, es werde im ganzen Land verstärkt Polizeistreifen im Umkreis von Moscheen geben. Zudem würden sämtlichen Glaubensrichtungen darauf hingewiesen, wie sie ihre Mitglieder und Einrichtungen schützen könnten.

Die britische Premierministerin Theresa May kondolierte den Menschen in Christchurch. «Meine Gedanken sind bei allen, die von diesem abscheulichen Gewaltakt betroffen sind», schrieb die Regierungschefin im Kurznachrichtendienst Twitter.

Auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel drückte ihre Trauer über den mutmasslichen Terrorangriff aus. «Tief erschüttert verfolge ich die Nachrichten aus #Christchurch», teilte ihr Sprecher Steffen Seibert in ihrem Namen auf Twitter mit. «Ich trauere mit den Neuseeländern um ihre Mitbürger, die friedlich betend in ihren Moscheen überfallen und aus rassistischem Hass ermordet wurden», hiess es weiter.

Russland verurteilte den mutmasslichen Terrorangriff scharf. «Der Angriff auf friedliche Bürger, die sich zum Gebet versammelt haben, erschüttert in seiner Grausamkeit und in seinem Zynismus», erklärte Präsident Wladimir Putin laut einer Mitteilung des Kremls. Er habe Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern in einem Schreiben sein tiefstes Beileid ausgedrückt.

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