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Das Nebenamt gerät in Schieflage

Die schlechten Wahlresultate der beiden nebenamtlichen Stadträte in Rapperswil-Jona werfen Fragen auf. Diese werden offenbar zu wenig wahrgenomen. Stadtpräsident Martin Stöckling hält nichts von dieser Kritik.

11.03.19 - 19:40 Uhr
Politik
Im Stadthaus in Jona agieren neben- und vollamtliche Stadträte Seite an Seite.
Im Stadthaus in Jona agieren neben- und vollamtliche Stadträte Seite an Seite.
Archiv LZ

Seit ihrer Umsetzung vor zwei Jahren steht sie regelmässig in der Kritik: Die aktuelle Stadtratsstruktur.  In der Exekutive von Rapperswil-Jona stehen drei hauptamtliche vier nebenamtlichen Stadträten gegenüber. Letztere haben keine eigenen Ressorts mehr und sind hauptsächlich strategisch tätig. Die einzelnen Ressorts leiten Ressortleiter.
Vergangenen Sonntag haben sich auch zwei Nebenamtliche ums Schulpräsidium beworben. Sowohl Roland Manhart als auch Tanja Zschokke haben vergleichsweise schlecht abgeschnitten. Waren Manhart und Zschokke als rein strategisch tätige Stadträte der Bevölkerung zu wenig bekannt? Diese Frage stellt sich am Tag nach der Wahl. Eduard Hirschi, Co-Parteipräsident der städtischen SP, hat sich bereits im Vorfeld der Wahl über die beiden Kandidaturen nebenamtlicher Stadträte gewundert. Am Tag nach der Wahl sagt Hirschi, bereits im Rahmen der Volksmotion «5 Stadträte sind genug» hätten die Stadträte im Nebenamt gesagt, dass ihre Aufgabe «sehr interessant» sei. «Und jetzt kandidierten mit Roland Manhart und Tanja Zschokke gleich zwei bestehende nebenamtliche Stadträte für ein Vollzeitpensum. Das liegt wohl daran, dass das vollamtliche Stadtratsmandat ein klareres Pflichtenheft kennt», mutmasst Hirschi.  
Er habe das Amt des Schulpräsidenten nicht wegen der Stellenprozente gesucht, sondern weil ihn das Thema interessiere, entgegnet Roland Manhart: «Ich hätte gerne die Menschen von Anfang bis Ende politisch begleitet.» Ihm stünden die Themen Schule und Mensch nahe. Diese hätten ihn auch gereizt, wenn das Amt lediglich mit 60 oder 80 Prozent dotiert gewesen wäre, sagt Manhart.


Lust auf mehr Verantwortung


Die ebenfalls unterlegene UGS-Kandidatin Tanja Zschokke sagt, es hätten mehrere Gründe zu ihrer Kandidatur geführt. Dass das Schulpräsidium ein Vollamt ist, sei sicher nicht der Hauptgrund gewesen. «Ich würde aber gerne mehr Verantwortung übernehmen.» Zschokke gibt zu bedenken, dass man im Nebenamt über keine Ressortverantwortung mehr verfüge. «Das heisst aber nicht, dass ich nicht zufrieden bin mit meiner jetzigen Rolle.» Natürlich werde man im Nebenamt weniger wahrgenommen. «Haupt- und Nebenamt sind zwei verschiedene Aufgaben.» Beide hätten Vor- und Nachteile. Unter anderem habe sie auch die Frauenfrage motiviert, für das Amt zu kandidieren. «Es wäre sicher gut, wenn nicht nur männliche Stadträte im Vollamt tätig wären.»


Arbeit im Hintergrund


Der ebenfalls nebenamtliche Stadtrat Kurt Kälin hatte bereits früher deutliche Kritik am aktuellen Stadtratsmodell geäussert: Im Nebenamt könne man kaum Akzente setzen: «Es ist Fakt, dass wir im Hintergrund arbeiten und die Bürger uns weniger wahrnehmen», sagte Kälin damals. Der SVP-Politiker war gestern für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Auch Thomas Hofstetter, Präsident der städtischen CVP, geht hart ins Gericht mit dem aktuellen Stadtrat. Auch wenn seine Partei noch nach Antworten suche, sei bereits jetzt klar, dass der Stadtrat selber verantwortlich zeichne für die Niederlage von Manhart und Zschokke: «Es scheint, als wäre die Bevölkerung mit der Gesamtleistung des Stadtrates unzufrieden.» Das gestrige Resultat müsse das gesamte Gremium «zum Nachdenken anregen». Seine Partei würde in Zukunft natürlich schon gerne einen Stadtrat oder eine Stadträtin im Vollamt stellen. Trotzdem stützt Hofstetter das aktuelle System.


Nebenamt «kein Ablöscher»


«Ich bin nach wie vor der Meinung, dass Stadtratswahlen Persönlichkeitswahlen sind», sagt Martin Stöckling. Mit Luca Eberle sei ein Kandidat gewählt worden, der bisher kein politisches Amt innehatte. «Die Kritik, dass sich die nebenamtlichen Stadträte zu wenig profilieren könnten, ist aus der Luft gegriffen.» Die Bewerbung zweier nebenamtlicher Stadträte um ein Vollamt bedeute keineswegs, dass diese mit ihren Pensen unzufrieden seien: «Denen hat es vielmehr den Ärmel reingenommen», erklärt der Stadtpräsident.
«Das Nebenamt ist ein guter Einstieg in die Politik.» Rapperswil-Jona und die Aufgabe als Stadtrat seien sehr spannend, ist der Stadtpräsident überzeugt. Es sei nur verständlich, dass aus diesem Grund manche ein Vollamt anstrebten. «Das Nebenamt weckt Lust auf mehr», resümiert Stöckling.  «Wäre die Tätigkeit als nebenamtlicher Stadtrat ein Ablöscher, hätten sich weder Roland Manhart noch Tanja Zschokke um das Schulpräsidium beworben.»

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"Das Nebenamt ist ein guter Einstieg in die Politik"

Diese Aussage von Martin Stöckling ist nach meiner Meinung eine Steilvorlage für das Parlament in Rapperswil - Jona. Dort können Politikinteressierte das Metier "erlernen" In einem Stadtrat erwarte ich erfahrene Politiker oder dann eben ein fundiertes Wissen wie es nun Luca Eberle aufgezeigt hat.

Herbert Rüegg Jona

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