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Kleine Kinos in der Region kämpfen ums Überleben

In der Schweiz schliessen immer mehr kleine Kinos. Auch im Linthgebiet sind Lichtspielstätten in ihrer Existenz bedroht. Die Bilanz für das vergangene Jahr fällt überaus schlecht aus.

26.02.19 - 04:30 Uhr
Politik
Eines der letzten Landkinos am Obersee: Das Kino Rex in Uznach kämpft um das Überleben.
Eines der letzten Landkinos am Obersee: Das Kino Rex in Uznach kämpft um das Überleben.
BILD CHRISTINE SCHIBSCHID

In Uznach steht eines der letzten kleinen Landkinos, die es im Linthgebiet noch gibt. Direkt am Bahnhof betreibt Nadine Crotti das Kino Rex. Ihre Bilanz zum vergangenen Jahr fällt sehr schlecht aus. Exakte Eintrittszahlen will sie nicht verraten. Nur so viel ist klar: Das heisse Sommerwetter hat nicht geholfen, ihre Kinokasse zu füllen. Oftmals kamen nur wenige Besucher, manchmal gar keine. «Wenn es so weitergeht, wird es uns einfach nicht mehr geben», sagte Kinobetreiberin Nadine Crotti gegenüber der SRF-Sendung «Schweiz aktuell».

Ein Stück Kultur geht verloren

Ein Kino auf dem Land am Leben zu erhalten, ist schwierig geworden. Mit dem Verlust der kleinen Kinos am Obersee geht naturgemäss ein Stück Kultur verloren. Um ein Haar wären im Jahr 2011 die beiden Kinos in Rapperswil geschlossen worden. Christian Meier, Geschäftsführer der Stiftung Fokus, hat vor acht Jahren die beiden Rapperswiler Kinos Schloss und Leuzinger übernommen. Und gleich im Jahr 2015 mit über 72 000 Eintritten seinen bisherigen Besucherrekord erreicht.

«Ich glaube nicht an den Niedergang des Kinos. Es wird noch in zwanzig Jahren Kinos geben.»

Christian Meier, Kino Leuzinger, Schlosskino Rapperswil


Die Bilanz im vergangenen Jahr fällt demgegenüber mit 50 000 Eintritten massiv schlechter aus: «Das schöne Wetter und die Fussball-WM haben uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Zudem sind wenig wirklich gute Filme gelaufen, die ein grosses Publikum angezogen haben», bilanziert Meier: Es hätte tatsächlich Vorstellungen gegeben, da niemand gekommen und die Vorführung deswegen ausgefallen sei. «Eine Einbusse von einem Drittel des Publikums innerhalb von drei Jahren, damit geraten auch wir an die Schmerzgrenze.»

Jedes Jahr ein Kampf

Hinzu komme die ständig wachsende Konkurrenz durch Multiplex-Kinos, mit deren Filmangebot die Rapperswiler Kinos nicht konkurrieren könnten. Es sei so, dass sieben von zehn Besuchern der Region am Obersee nach Zürich ins Kino gingen. «Wir mussten die Ausgaben anpassen, nur mit Einsparungen können wir über die Runden kommen», sagt Meier. Gleichzeitig müsse laufend in die Infrastruktur investiert werden, jüngst wurde endlich der Balkon im Schlosskino renoviert.
Obwohl jedes Jahr ein Kampf für die Kinos in der Region bedeute, ist Meier zuversichtlich für das Gewerbe am Obersee und glaubt nicht an den viel beschworenen Niedergang des Kinos: «Es wird noch in zwanzig Jahren Kinos geben, Netflix hin oder her.» Weil die beiden Kinos in Rapperswil immer wieder Neues wagten, sei er für die nächsten Jahre zuversichtlich. Seit Neuestem präsentiert denn Meier mit «Schlosskino sélection» aktuelle Studiofilme in Originalversion in einem wöchentlich wechselnden Programm.

«Trotz Netflix und Multiplexkinos glaube ich, dass Kinos auf dem Land überleben können.»

Sascha Heubacher, Betreiber Schloss-Cinéma Wädenswil


Auch für das Schlosskino in Wädenswil war 2018 ein schwieriges Jahr. «Wir hatten 16 500 Eintritte, 500 weniger als im Jahr 2017», bilanziert Sascha Heubacher, Besitzer und Betreiber des Schloss-Cinéma. Für ihn und seinen Betrieb bedeuten 20 000 Eintritte die Schmerzgrenze. Allerdings ist seine Existenz nicht gleich bedroht, wenn diese Grenze einmal unterschritten wird: Heubacher ist als Besitzer des Hauses und des Kinos nicht darauf angewiesen, vom Betrieb leben zu müssen.

Frauen und Kids ins Kino locken

Sascha Heubacher passt sich den Umständen an und lässt das Kino im Sommer bei schönem Wetter geschlossen. Er versucht, mit einem Nischenprogramm und Events Frauen, Kinder und ein kirchennahes Publikum in die Vorstellungen zu locken. Der Konkurrenz von Netflix und Multiplexkinos zum Trotz glaubt Heubacher, dass Kinos auf dem Land überleben können. Er selber hegte Pläne, ins Linthgebiet zu expandieren und in Bilten ein Kino aufzubauen. Allerdings sind diese Pläne auf Eis gelegt worden, nachdem bekannt wurde, dass die Kinokette Arena Cinemas beim Wiggis-park in Netstal ein Multiplex-Kino eröffnet.

Sechzig Kinos haben aufgegeben

Fakt ist, dass zu Beginn dieses Jahrhunderts sechzig Kinos in der Schweiz ihren Betrieb eingestellt haben. Offen bleibt, ob am Obersee das Kinosterben weiter geht. Das Kino Näfels und das Kino Wildenmann in Männedorf waren für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Peter Bötschi, Geschäftsführer des Kinos Passerelle in Wattwil, wollte derweil keine Auskunft zu den Zahlen seines Betriebes im vergangnen Jahr geben.

Drei Fragen an Cédric Bourquard

Sekretär des Schweizerischen Kinoverbandes

Wie fällt die Bilanz der Kinos im letzten Jahr aus?

Die Zahl der Eintritte hat 2018 in der Schweiz im Vergleich zum Vorjahr um zwölf Prozent abgenommen. Der Jahrhundertsommer und die Fussball-WM haben zu dieser negativen Bilanz geführt. Hinzu kommt: Nicht viele Filme haben 2018 den Geschmack des Publikums getroffen. Immerhin haben «Zwingli», «Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse» und «Bohemian Rhapsody» die Bilanz im Herbst etwas aufgebessert.

Wie schätzen Sie die Perspektiven für das Kino-Gewerbe in der Zukunft ein?

Noch so ein schlechtes Jahr wie 2018 wäre für die Lichtspielstätten bedenklich. Ein schlechtes Jahr mag das Kino-Gewerbe vertragen, zwei nacheinander könnten zu einem Problem werden. Absehbar wäre in diesem Fall, dass dann noch mehr Kinos in die Bredouille geraten. Die Anzahl Kinos in der Schweiz hat seit dem Jahr 2000 massiv abgenommen, von 335 auf 275 im Jahr 2017.

Welche Kinos sind am meisten gefährdet?

Vor allem mittlere Kinos, die Löhne und Miete zahlen müssen, sind vom Aussterben bedroht. Demgegenüber werden kleinere Kinos oftmals von Vereinen geführt und können auf die Arbeit von Freiwilligen zählen. Hinzu kommt, dass diese Kinos Kulturarbeit leisten und deswegen von den Gemeinden, Kantonen und dem Lotteriefonds unterstützt werden. Diese Lichtspielstätten werden auch in Zukunft Bestand haben.

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