×

Zügige Lösung für ungenutzte Maiensässe ist illusorisch

Zwei Grossräte wollten in der Fragestunde von der Regierung wissen, ob und wie Ställe in Erhaltungszonen künftig umgenutzt werden können. Die Antwort von Regierungsrat Marcus Caduff war ernüchternd.

Ursina
Straub
13.02.19 - 04:30 Uhr
Politik
Alte Ställe zu einem Maiensäss umnutzen? Das wird nicht so schnell wieder möglich sein.
Alte Ställe zu einem Maiensäss umnutzen? Das wird nicht so schnell wieder möglich sein.
YANIK BÜRKLI

In einem wegweisenden Urteil hat das Bundesgericht in Lausanne im Dezember entschieden, dass ein Stall in der Erhaltungszone Nigglisch Hus/Blackten Stafel im Fondei oberhalb Langwies nicht umgebaut werden darf. Das Bundesgericht hat damit einen Präzedenzfall geschaffen – und sich gegen die jahrzehntelange Bündner Praxis gestellt. In den vergangenen Jahrzehnten konnten in diesen Erhaltungszonen unter strengen Auflagen nämlich erhaltenswerte Maiensässsiedlungen umgenutzt werden. Diese Praxis hat das Bundesgericht jetzt als bundesrechtswidrig erklärt.

Die Grossräte Reto Crameri (CVP, Alvaschein) und Christian Jenny (FDP, Schanfigg) wollten deshalb mit je einer Frage in der Fragestunde des Grossen Rats von der Regierung wissen, welche Auswirkungen das Bundesgerichtsurteil für den Kanton habe. Wie man in Zukunft mit den rund 80 Erhaltungszonen im Kanton umgehen werde. Und ob es eine Möglichkeit gebe, die Bauten in diesen Erhaltungszonen mit einem einfachen Verfahren als landschaftsprägende oder schützenswerte Bauten umzustufen.

Überraschendes Urteil

Der zuständige Regierungsrat Marcus Caduff machte gleich zu Beginn seiner Antwort deutlich, dass das Bundesgerichtsurteil auch für die Regierung «sehr überraschend» sei, weil in der Urteilsbegründung die Bündner Erhaltungszonenplanung grundsätzlich infrage gestellt worden sei. Zwar habe das Urteil auf die Erhaltungszonen im Kanton nur geringe Auswirkungen, weil die meisten Ställe in diesen Erhaltungszonen bereits umgenutzt worden seien und die Zone somit ihren Zweck erfüllt habe und ein Auslaufmodell darstelle.

Wenig Verständnis für Kanton

Eine grössere Tragweite habe das Bundesgerichtsurteil hingegen für Zehntausende nicht mehr benötigter Ställe ausserhalb der Bauzonen. «Denn im Urteil widerspiegelt sich recht wenig Verständnis für die Bestrebungen eines Kantons, seine kulturell und landschaftlich wertvolle Bausubstanz ausserhalb der Bauzonen zu erhalten», so der Volkswirtschaftsminister. Das Urteil dürfte deshalb auf die anstehende parlamentarische Debatte zur laufenden zweiten Revision des eidgenössischen Raumplanungsgesetzes ausstrahlen, vermutete Caduff, was sich wiederum auf andere Kantone mit vergleichbarem baukulturellem Erbe auswirken werde.

«In einem raschen Verfahren wird keine dieser Alternativen umzusetzen sein.»

Im Bundesgerichtsurteil sei zwar nur eine Umnutzungsbewilligung in einer bestimmten Erhaltungszone aufgehoben worden, führte Caduff aus. «Es muss aufgrund der Urteilsbegründung aber davon ausgegangen werden, dass das Bundesamt für Raumentwicklung künftig auch Umnutzungsbewilligungen in allen anderen Erhaltungszonen erfolgreich anfechten dürfte.»

Wenig gangbare Alternativen

Die Hoffnung auf eine rasche Lösung für die Situation machte Caduff zunichte. Die Regierung prüfe Grossrat Crameris Vorschlag, Bauten in bestehenden Erhaltungszonen in einem einfachen Verfahren als landschaftsprägend oder schützenswert umzuqualifizieren, sagte Caduff. «In einem raschen Verfahren wird aber keine dieser Alternativen umzusetzen sein», betonte er. Zumal dafür der kantonale Richtplan angepasst werden müsse, was der Bundesrat wiederum genehmigen müsse und dafür eine entsprechende kommunale Nutzungsplanung nötig wäre.

Allenfalls biete der Planungs- und Kompensationsansatz, wie er jetzt mit der Raumplanungsrevision diskutiert werde, eine Möglichkeit, so Caduff. Wie und in welchem Umfang Umnutzungen zu kompensieren wären und ob der entsprechende Artikel im Gesetz bleibe, sei jedoch noch unklar, «was eine rasche Lösung ebenfalls illusorisch erscheinen lässt».

Ursina Straub schreibt als Redaktorin der «Südostschweiz» für den Regionalteil der Zeitung und für Online. Ihre Themenschwerpunkte sind Landwirtschaft, Alp, Jagd, Grossraubtiere, Natur; zudem berichtet sie regelmässig aus dem Grossen Rat. Die gelernte Journalistin, diplomierte Landwirtin und Korrektorin EFA ist auch Leiterin Qualität. Mehr Infos

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Politik MEHR