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Trump ruft in Kongressrede zu parteiübergreifender Kooperation auf

Präsident Donald Trump hat in einer emotionalen Rede zur Lage der Nation die politischen Lager in den USA zu Einheit und Kompromissbereitschaft aufgerufen. Er selbst blieb aber bei seinen Positionen eisern.

Agentur
sda
06.02.19 - 06:16 Uhr
Politik

Vor beiden Kammern des US-Parlaments forderte er am Dienstagabend (Ortszeit) im Kapitol zur Sicherung der US-Südgrenze gegen Menschen- und Drogenhändler sowie gegen kriminelle Einwanderer erneut den Bau einer Mauer. «Toleranz für illegale Migranten ist nicht mitfühlend. Sie ist grausam», sagte Trump. Die Menschen aus Südamerika müssten von der gefährlichen und beschwerlichen Reise in die USA abgehalten werden.

Trumps schärfste Widersacherin und Gegnerin des Mauerbaus, die demokratische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses Nancy Pelosi, verfolgte Trumps Rede zumeist mit versteinertem Gesicht. Ab und an applaudierte sie halbherzig.

Es wurde aber auch deutlich, dass Trump inzwischen von seiner einstigen Forderung nach der Errichtung einer durchgehenden Mauer über die Distanz von 2000 Meilen weit abgerückt ist. Er sprach von Zäunen, die dort errichtet werden sollen wo nötig.

Grenzwall werde gebaut

«Mauern funktionieren und Mauern retten Leben. Also lasst uns zusammenarbeiten, Kompromisse finden und uns einigen», sagte er weiter. Bei seinem Vorhaben handele es sich nicht nur um eine einfache Betonmauer, sondern um eine kluge, strategische Stahlbarriere, durch die man schauen könne. Sie werde gebaut. Er habe dem Kongress einen neuen Vorschlag unterbreitet.

In der traditionellen Gegenrede wischte die Demokratin Stacey Abrams Trumps Argumente beiseite: «Amerika wird gestärkt durch die Anwesenheit von Migranten, nicht durch Mauern», sagte Abrams. Sie ist die erste Frau mit afro-amerikanischen Wurzeln, welche die Gegenrede hielt. Auch viele andere Demokraten machten deutlich, dass Trump mit seinem Versuch, ohne grössere eigene Zugeständnisse den politischen Gegner auf seine Seite zu ziehen, scheitern dürfte.

Trump will laut seiner Ansprache in der Aussen- und Sicherheitspolitik den Versuch einer Einigung mit Nordkorea über die atomare Abrüstung der koreanischen Halbinsel fortsetzen. Er beabsichtigt, sich am 27. und 28. Februar in Vietnam erneut mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un treffen. Trump und Kim hatten sich im Juni vergangenen Jahres zu einem historischen Gipfel in Singapur zusammengefunden.

«Unsere Geiseln sind nach Hause gekommen. Nukleartests haben aufgehört und es hat 15 Monate lang keinen Raketenstart gegeben», sagte Trump. «Wenn ich nicht zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt worden wäre, wären wir meiner Meinung nach in einen grossen Krieg mit Nordkorea verwickelt, mit potenziell Millionen getöteten Menschen.» Es sei noch viel Arbeit zu tun, aber sein Verhältnis zu Kim sei gut.

Aussenpolitischer Rundumschlag

In der Afghanistan-Politik hofft Trump auf Fortschritte in den Verhandlungen mit den radikalislamischen Taliban. «Ich habe auch unsere Verhandlungen beschleunigt, um - wenn möglich - eine politische Lösung in Afghanistan zu finden», sagte Trump. «Grosse Nationen kämpfen keine endlosen Kriege», sagte der Präsident mit Blick auf den 18 Jahre währenden Afghanistan-Einsatz.

«Indem wir Fortschritte bei diesen Verhandlungen erzielen, werden wir in der Lage sein, unsere Truppenpräsenz zu reduzieren und uns auf Terrorismusbekämpfung zu konzentrieren.» Zuvor hatte es Spekulationen gegeben, Trump könnte sogar einen abrupten Abzug der US-Soldaten vom Hindukusch im Schilde führen.

Aussenpolitisch wiederholte Trump ansonsten altbekannte Positionen. Er will den Iran genau beobachten, weil die Regierung in Teheran Amerika den Tod wünsche und Israel bedrohe. Er erneuerte seine Unterstützung für die venezolanische Opposition um den Gegenpräsidenten Juan Guaidó, den die USA und inzwischen viele weitere Länder als den legitimen politischen Führer in dem lateinamerikanischen Land anerkennen. Und er verteidigte erneut den Ausstieg der Amerikaner aus dem Atomabrüstungsvertrag INF.

Seitenhieb gegen Untersuchung

Der US-Präsident bekräftigte sein Lob auf die US-Wirtschaft. Die konjunkturelle Entwicklung komme einem ökonomischen Wunder gleich, sagte der US-Präsident. Die positive Entwicklung könne nur aufgehalten werden, wenn unnötige Kriege geführt würden und wenn es zu parteipolitisch motivierten Untersuchungen gegen seine Person komme. Damit zielte Trump auf die Ankündigung der US-Demokraten, ihre Mehrheit im Kongress dazu zu nutzen, Untersuchungen gegen Trump einzuleiten.

Die Rede Trumps war gespickt mit emotionsgeladenen Auftritten von Gästen, die an den Patriotismus der Amerikaner appellieren und die Grösse der Nation sowie die Erfolge Trumpscher Politik dokumentieren sollten. So war nicht nur der letzte lebende Mondfahrer Buzz Aldrin im Saal des Kongresses, sondern auch Weltkriegsveteranen sowie ein zehnjähriges Mädchen, das erfolgreich gegen den Krebs kämpfte. Mit dem Auftritt einer nach 22 Jahren Haft wegen Drogendelikten von Trump begnadigten Frau stützte er seine Politik im Strafvollzug.

Viele Frauen auf demokratischer Seite setzten im Saal mit ihrer Kleidung ein Zeichen - sie traten ganz in weiss auf - darunter Pelosi und die New Yorker Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez. Als Trump seine Arbeitsmarktpolitik lobte, jubelte eine Gruppe Demokratinnen - als Zeichen, dass im November viele Frauen neu in den Kongress gewählt worden waren.

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