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Eine Publikation, die keiner liest?

In einer 34-seitigen Broschüre des Bündner Departements für Justiz, Sicherheit und Gesundheit soll das «sanitätsdienstliche Rettungswesen» der Öffentlichkeit näher gebracht werden. Wir fragen uns: Wer soll das überhaupt lesen und braucht es sowas in Zeiten von finanziellen Engpässen?

Südostschweiz
22.12.18 - 04:30 Uhr
Politik
So sieht das Cover der Publikation aus.
So sieht das Cover der Publikation aus.
PRESSEBILD

14 kantonale Gesetze will die Bündner Regierung revidieren, um für die sich abzeichnenden finanziellen Engpässe vorzusorgen. Die entsprechende Vernehmlassung ist aktuell noch bis im März im Gang.

Derweil publiziert das Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit eine 34-seitige Broschüre, in der sie «der Öffentlichkeit in einer Gesamtsicht die aktuelle Organisation des sanitätsdienstlichen Rettungswesens aufzuzeigen» will, schreibt das Departement um Vorsteher Christian Rathgeb in einer Mitteilung. 

Wir fragen uns: Brauchts das wirklich und ist das der vorgelebte haushälterische Umgang mit Steuergeldern? Zumal es sich bei der Publikation um kein Leseerlebnis handelt.

Papiertiger? Mitnichten!

Mit der Frage konfrontiert relativiert die Departementssekretärin Gesundheit vom Kanton Graubünden, Nicola Kull: «Der Kanton ist per Gesetz dazu verpflichtet, die Organisation des Rettungswesen in einem Konzept darzustellen. Die angesprochene Publikation ist eine elementare Grundlage in der Erarbeitung dieses Konzeptes. Für die Beteiligten im sanitätsdienstlichen Rettungswesen könnte die Publikation eine interessante Gesamtsicht darstellen». Das letzte Rettungskonzept stammt aus dem Jahr 1999 und muss nun wieder aufdatiert werden.

Dem Departement käme es nicht in den Sinn eine solche Publikation, die lediglich eine Vorstudie darstellt und nur für bestimmte Leute von Relevanz ist, aufwändig und kostenintensiv herstellen- oder gar drucken zu lassen. «Entsprechend simpel wurde das Layout gehalten», führt Kull weiter aus.

Wer sich selbst über die Festtage in «Das sanitätsdienstliche Rettungswesen im Alltag» einlesen möchte, kann dies gerne tun:

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Statt dass sich die Somedia um "haushälterischen Umgang mit Steuergeldern" punkto "Broschüreherstellungskosten" sorgt, sollte sie sich um die Qualität der Sanitätsrettungsmedizinischen Leistungen für Patienten sorgen.
Diese werden sehr positiv dargestellt vom Departement DJSG beispielsweise in obigem Artikel bzw. dieser Broschüre; und vom KSC selbst auf seiner Homepage, Zitat: "Mit der erfolgreich bestandenen Re-Zertifizierung 2017 nach SanaCERT wird dem Kantonsspital Graubünden weiterhin bescheinigt, dass es über ein sehr gut funktionierendes Qualitätsmanagementsystem verfügt."
Meine Frage:
Wer überwacht das (und zwar von NEUTRALER bzw. PATIENTENSCHUTZSEITE aus, vergleiche EXTERNE Revisionsstellen in der Wirtschaft)?
Wohin können Missstände gemeldet werden, ohne unter den Teppich gewischt zu werden, sondern ernstgenommen zwecks Fehlerbeseitigung?
Ich erlebte im August 2017 als Begleiter einer Hirnschlagpatientin haarsträubende Zustände durch die KSC-Rettung (Ambulanz) als auch im Spital selbst.
In der Wohnung der Patientin funktionierte offenbar zumindest im ersten Versuch der EKG-Drucker nicht bzw. falsch. Die Patientin wurde auf der Bahre beim Hineinschieben ins Auto sichtbar durchgeschüttelt statt dass man das sanft gemacht hätte. Als die Fahrerin losfahren wollte - was bei einem NOTFALL ja unverzüglich bzw. zeitnah erfolgen müsste - fand sie ihren Zündschlüssel nicht, und sie hatte offenbar auch keinen Reserve-Zündschlüssel (!). Die Fahrerin stieg also wieder aus, knallte die Türe zu, sodass der ganze Wagen schepperte, ging zur hinteren Autoklappe, dort wurde die bereits "eingepackte" Patientin ausgepackt und gehoben, gedreht, "verdreht", weil man unter der Patientin den Autoschlüssel suchte. Man fand ihn nicht, hat weiter herumgewuselt und anschliessend ein ZWEITES MAL dasselbe mit der Patientin gemacht: Zweimal dasselbe Autoschlüsselsuchen unter der Hirnschlagpatientin. Später rief die Fahrerin, der eine Sanitäter solle zurück ins Haus und im Treppenhaus den Autoschlüssel suchen. Kurz darauf beorderte sie ihn zurück, denn irgendwo anders - ich weiss nicht wo - war er inzwischen gefunden worden, möglicherweise in einer Tasche der Fahrerin?
Es gingen so schätzungsweise zehn Minuten verloren - und das in einem Beruf, wo es um Notfälle geht, manchmal Sekunden entscheiden können?
Schonender Umgang für Patienten?
Die Fahrt zum Spital bemühte sich die Fahrerin um betont langsame Fahrt, zumindest wenn es um "Schwellen" ging, weil das Fahrzeug auffallend schlecht gefedert war, man Schläge schnell spürte. Modernes Spital?
Im Spital musste die Patientin immer wieder warten, über Stunden bekam sie nichts zu trinken (ob eine Infusion für Flüssigkeitsversorgung lief, weiss ich gerade nicht, jedenfalls hatte sie Durst). Die Kanüle(n?) auf der Hand der Patientin wurde(n) offenbar nicht optimal gelegt, schmerzten, jedenfalls nach vielen Stunden fragte die Patientin die Krankenschwester (oder wie man diese Person nennt), ob sie das nun bitte entfernen könne (wegen der Schmerzen und ob er überhaupt noch erforderlich sei als Funktion)? Antwort: Es sei nicht mehr nötig medizinisch, müsse aber drinsteckenbleiben, damit die Patientin nicht "abhaue".
Das ERSCHÜTTERT mich –wie so vieles an dem Tag, ich habe hier nicht alles aufgezählt – sowohl substanziell (Schmerzenzufügung als Zwangsmassnahmen, mit welchem Recht?) als auch über diesen nonchalanten Gossenjargon, als den ich das Ganze empfinde. Es handelt sich hier notabene um eine ehrenwerte ältere Dame - und nicht um einen Delinquenten aus einer Strafanstalt, und falls das Spital früher schlechte Erfahrungen mit Patienten hatte, hat es kein Recht, das an dieser Patientin abzureagieren.
Das Kantonsspital Chur sehe ich nun mit anderen Augen. Und ich bin EINHEIMISCHER. Wie sich das der Regierungsrat hinsichtlich seinem propagierten "GESUNDHEITSTOURISMUS" vorstellt, möchte er bitte deklarieren: In einer BROSCHÜRE (an alle Einheimischen und potenziellen Touristen)?

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