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Drei Kantonsräte beissen sich in der Kanti-Diskussion fest

Die Regierung hält weiterhin am Kanti-Standort Wattwil fest – sehr zum Missfallen der Kantonsräte Göldi, Suter und Rüegg. Diese hatten in einer Interpellation die Prüfung einer zweigeteilten Mittelschule gefordert.

12.11.18 - 04:34 Uhr
Politik
Happige Vorwürfe: Kantonsrat Peter Göldi wirft der St. Galler Regierung Unehrlichkeit vor.
Happige Vorwürfe: Kantonsrat Peter Göldi wirft der St. Galler Regierung Unehrlichkeit vor.
Eva Pfirter

Es ist eine scheinbar unendliche Geschichte: der Kampf um eine eigene Kantonsschule in Rapperswil-Jona. Die drei Kantonsräte Peter Göldi (CVP), Yvonne Suter (CVP) und Thomas Rüegg (FDP) haben letzte Woche die Antwort der Regierung auf die Interpellation «Kantonsschule Wattwil – zwei Standorte prüfen» erhalten. Eingereicht hatten die drei Bildungspolitiker die Interpellation im vergangenen Juni. Darin fordern sie die Regierung auf, die Variante einer zweigeteilten Mittelschule zu prüfen. Anstelle einer Gross-Kanti im Toggenburg schweben den Interpellanten zwei Schulen mit 350 bis 450 Schülern vor.
Die Politiker beriefen sich dabei auf den Kanton Zürich, in dem bereits «eine Tendenz zu kleineren, dezentralen Mittelschulen mit unterschiedlichen fachlichen Schwerpunkten» feststellbar sei. Dass die neuen Kantonsschulen Uetikon und Wädenswil langfristig auf 1000 Schüler ausgerichtet sind, liessen die Interpellanten ausser Acht.

Offene Kritik an der Regierung


Am Sonntag nun haben Göldi, Suter und Rüegg den Medien eine Stellungnahme zur Regierungsantwort zukommen lassen. Bereits im ersten Satz machen die drei Kantonsräte ihrem Unbehagen Luft: «Die Antwort auf die Interpellation überzeugt in keiner Weise.»  Klare und stichhaltige Argumente fehlten, schreiben die Interpellanten. Die vorgeschlagene Variante mit je einem ­Standort in Rapperswil-­Jona und Wattwil «würde sich geradezu anbieten, um der heute unbefriedigenden Situation ein Ende zu setzen».
Die Politiker hatten die Regierung aufgefordert, einen zweiten Kanti-Standort am Obersee mit Schwerpunkt auf den sogenannten MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) zu prüfen. Dieser dränge sich aufgrund der Nähe zur Hochschule für Technik Rapperswil (HSR) auf.
Die Regierung hält den Vorschlag Aufsplittung der Kantonsschule für untauglich, wie sie in ihrer Antwort schreibt: «Insgesamt vermögen die dargelegten Nachteile das Bedürfnis der Agglomeration Rapperswil-Jona nach einer eigenen Mittelschule nicht aufzuwiegen.» Eine Schule mit zwei Standorten falle daher ausser Betracht.


«Fiasko wie bei den Spitälern»


Diese Schlussfolgerung zu akzeptieren, scheint den drei Kantonsräten vom Obersee schwerzufallen. «Die demographische Entwicklung spricht klar für ein Mittelschulangebot in der Region Zürichsee-Linth», heisst es in ihrem Schreiben. Die Regierung steuere mit ihrer Bildungspolitik auf ein «ähnliches Fiasko zu wie bei den Spitalbauten, wo millionenschwere Fehlinvestitionen getätigt wurden». Die Zeche dafür würden am Ende die Steuerzahler bezahlen, schreiben die drei Politiker.
Göldi wirft der Regierung vor, sich den Tatsachen zu verweigern: «Es ist einfach nicht ehrlich, zu behaupten, dass seit 2013 keine grundlegend neuen Fakten vorliegen, welche eine Neubeurteilung erfordern.» Damals sei von einer Sanierung des Kanti-Gebäudes in Wattwil die Rede gewesen, nicht von einem Neubau. Zudem habe sich die Demografie markant stärker verändert als damals angenommen. Falls das bisherige Kantigebäude in Wattwil lediglich saniert werde, genüge dieses  vollauf für einen modernen Campus im Toggenburg, findet Peter Göldi «Derweil gehört ein Neubau zusammen mit der Berufsschule dahin, wo es Schüler hat: nach Rapperswil.» Es sei grundsätzlich nicht nachvollziehbar, warum es im Kanton St.Gallen sechs Regionen, aber nur fünf Kantonsschulen gebe.


Kühle Reaktion aus St. Gallen


Regierungspräsident Stefan Kölliker (SVP) hält seine Stellungnahme zur Kritik aus dem Linthgebiet kurz und knapp: «Die Regierung hat zum wiederholten Male die Fragen zu dieser Sache beantwortet.» Mehr könne er dazu nicht sagen.
Die Bildungspolitiker aus dem Linthgebiet wiederholen derweil mantraartig, was auch schon Stadtpräsident Martin Stöckling (FDP) in die Waagschale geworfen hatte: die demografische Entwicklung. Diese spreche klar für ein Mittelschulangebot in der Region Zürichsee-Linth, schreiben die Interpellanten. «Die Regierung weicht in ihrer Antwort den konkreten Zahlen aus, doch gibt sie indirekt zu, dass die Entwicklung zugunsten der Region Zürichsee-Linth eindeutig ist.» Die von der Regierung ins Feld geführte Schüler-Zuwachsrate im Toggenburg basiere allein «auf Hoffnung und Wunschdenken», schreiben die Kantonsräte. Dass die Regierung mit dieser Argumentation «die Demografie bekämpfen möchte», sei absurd.


Gefühl der Benachteiligung


Zusammenfassend halten die drei Kantonsräte fest, dass die fehlende Kompromissbereitschaft der Regierung irritiere: «Wenn die Regierung aus regionalpolitischen Gründen unbedingt an einem Mittelschulstandort in Wattwil festhalten will, wäre eine Lösung mit zwei Campus-Standorten ein kosteneffizienter und pädagogisch verantwortbarer Weg.» Zudem könne die Regierung damit auch den Tatbeweis erbringen, dass der Kanton St.Gallen auch der Region Zürichsee-Linth auf Augenhöhe begegnet.
Dieser letzte Punkt lässt aufhorchen. Wie bereits in anderen bildungspolitischen Zankäpfeln scheint sich auch in der Frage des Kanti-Standorts der Graben, beziehungsweise «Gotthard», zwischen dem nördlichen und dem südlichen Kantonsteil zu manifestieren. Inwiefern eine klärende Abstimmung zum geplanten Campus Wattwil dieses ungute Gefühl von Politikern diesseits des Rickens vertreiben kann, sei dahingestellt.

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