Wie das Spital der Zukunft aussehen soll
Wie es um die Zukunft von Spitälern bestellt ist, ist ungewiss. Immerhin sollen im Kanton Regionalspitäler geschlossen werden. Rund um diese Thematik lud die FDP Rapperswil-Jona in der Stadt zu einer Podiumsdiskussion ein.
Wie es um die Zukunft von Spitälern bestellt ist, ist ungewiss. Immerhin sollen im Kanton Regionalspitäler geschlossen werden. Rund um diese Thematik lud die FDP Rapperswil-Jona in der Stadt zu einer Podiumsdiskussion ein.
von Alexandra Greeff
Sind Spitäler ein Auslaufmodell?» Mit dieser Frage eröffnete Felix Sennhauser die von der FDP Rapperswil-Jona organisierte Podiumsdiskussion zur aktuellen Situation und Zukunft der Spitäler. Er ist Verwaltungsratspräsident der St. Galler Spitäler und führte die Zuhörerschaft am Dienstag im Eventhouse in Rapperswil-Jona in die brisante Thematik ein, bevor die Podiumsteilnehmer, darunter Sennhauser selber, ihren Platz auf der Bühne einnahmen. Wer diese Frage für sich mit einem Ja beantworten könne, solle seine Meinung mit Handerheben kundtun, bat Sennhauser die Zuhörer. In der hintersten Reihe erhoben sich zögerlich zwei Hände. Das Meinungsbild fiel für Sennhauser vermutlich nicht so aus, wie erhofft. Umso mehr war man aber als Zuhörer gespannt, ob und wie sich die Meinung durch die Podiumsdiskussion verändern würde.
Flexibel soll das Spital der Zukunft sein, spezialisiert und (über-)regional vernetzt.
Argumente, die für eine Veränderung im Spitalwesen sprechen, gebe es viele, so Sennhauser: Viele Spitalbetten stünden leer, einige kleinere Spitäler könnten nur mit Verlust betrieben werden. «Schuld» daran seien unter anderem neue Operationstechniken: «Wenn eine Frau weiss, dass sie die Gallenblase auch über natürliche Körperöffnungen – in diesem Fall die Vagina – entfernen lassen kann, wird sie sich bestimmt für diese minimal invasive Operationstechnik entscheiden», erklärte Sennhauser. «Eine Öffnung der Bauchdecke ist dann nicht nötig, nur ein kleiner Hilfszugang am Nabel.»
Spitäler als Auslaufmodell
Dass die Gesundheitsversorgung zeitgemäss und qualitativ hochwertig sein soll, werde von niemandem bezweifelt, betonte Sennhauser weiter. Die Frage sei aber, ob die bestehenden Spitalstrukturen den Bedürfnissen der heutigen Zeit Rechnung tragen. Der Bedarf nach einer stationären Versorgung – eine solche liege vor bei Spitalaufenthalten mit einer Dauer von mindestens 24 Stunden oder während der Nacht – sei in den letzten Jahren drastisch gesunken und drohe weiter zu sinken. Sie werde immer mehr von ambulanten Behandlungen ersetzt. Hinzu kämen Forderungen des Bundes, wonach für komplexere Operationen eine Mindestfallzahl nötig ist. Besonders für kleine Regionalspitäler sei es aber schwierig, diese zu erreichen.
Im Frühling hatte der St. Galler Spitalverbund der Regierung vorgeschlagen, die fünf Regionalspitäler in Altstätten, Flawil, Rorschach, Wattwil und Walenstadt zu schliessen. «Wenn dieser Vorschlag vom St. Galler Spitalverbund selber kommt, so ist dies bezeichnend.» Sennhauser sprach klare Worte: «Die Schweiz hat das zweitteuerste Gesundheitssystem der Welt. Sie wird in diesem Punkt nur von den USA getoppt.» Trotzdem wehre sich die Bevölkerung vehement gegen Spitalschliessungen. Vielen Bürgern sei zwar klar, dass Spitäler die Krankenkassenprämien in die Höhe treiben und dass Spitalschliessungen unumgänglich seien. Wenn es ums eigene, nahegelegenste Spital gleich um die Ecke gehe, sei man aber bestimmt dagegen, nach dem Motto: «Jedem Kantönli sein Spitäli».
Am anschliessenden Podiumsgespräch nahmen neben Felix Sennhauser Michèle Etienne, Verwaltungsrätin des Inselspitals Bern, und Beat Tinner, Fraktionspräsident der FDP im Kantonsrat, teil. Es wurden aktuelle Erfahrungen im Spitalwesen und Erwartungen ans Spital der Zukunft ausgetauscht. Denn darüber, dass es ein solches braucht, waren sich alle einig: Flexibel soll das Spital der Zukunft sein, spezialisiert und (über-)regional vernetzt. Dabei sollten demografische Entwicklungen wie die steigende Lebenserwartung oder die Urbanisierung berücksichtigt werden. Aber auch politische Regulierungen wie die Festlegung von Mindestfallzahlen. Weiters unter anderem die Spezialisierung des Personals und die erhöhten Anforderungen an Qualität, Hygiene und Sicherheit oder der Fachkräftemangel.
Markus Gisler, Präsident der FDP Rapperswil-Jona und ehemaliger Chefredaktor («Aargauer Zeitung», «Cash»), verstand es, brennende Themen in den Raum zu stellen oder die Podiumsteilnehmer mit provokativen Fragen herauszufordern: «Stimmt es, dass Ärzte eitel sind?», fragte er beispielsweise den auf Pädiatrie spezialisierten Felix Sennhauser.
«Neue Arbeitsumgebungen»
Die Antwort auf die Frage nach den Auswirkungen von Spitalschliessungen auf die Arbeitsstellen bleibt vorerst unbeantwortet. Sennhauser ist aber überzeugt, dass sie weniger radikal ausfallen werden als befürchtet. Dies wegen des allgemein verbreiteten Mangels an Fachkräften: «Es gibt überall Probleme, Personal zu rekrutieren.» Ausserdem sei die Bevölkerung auf ambulante Strukturen vor Ort angewiesen, sodass davon auszugehen sei, dass neue Arbeitsumgebungen geschaffen werden.
Auf eine weitere Publikumsabstimmung zum Schluss des Podiumsgesprächs wurde verzichtet. Dafür wurden die beiden zögerlichen «Aufstrecker» vom Beginn der Veranstaltung mit einer herzhaften Gratulation verabschiedet und dazu ermuntert, inskünftig mutiger für die Zukunft einzustehen – auch wenn Gegenwind weht.
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