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Retten diese 16 Ideen Graubünden?

Steht der Kanton Graubünden vor dem Zusammenbruch? Lohnt es sich, hier überhaupt noch zu leben? Das Wirtschaftsforum Graubünden präsentiert in seiner neuen Studie «Alptraum» 16 Ideen für die Zukunft und will damit eine politische Diskussion anregen.

Südostschweiz
22.10.18 - 12:00 Uhr
Politik
Peder Plaz
Geschäftsführer Peder Plaz präsentiert die Studie «Alptraum».
YANIK BÜRKLI

Schlecht erschlossen, schwacher Tourismus und zu alte Bewohner: So lassen sich die Hauptergebnisse einer neuen Studie des Wirtschaftsforums Graubünden zusammenfassen. Und als wäre diese Erkenntnis nicht bittere Pille genug, prophezeit die Stiftung, dass es in den nächsten Jahrzehnten im Tourismussektor wohl auch nicht zu einer Trendumkehr kommt. Aber von vorne.

Auf beinahe 90 Seiten analysiert das Wirtschaftsforum Graubünden die Lage des Kantons. Bereits im Vorwort weisen die Autoren darauf hin, dass die langen Arbeitswege zu alternativen Arbeitsplatzzentren es erschweren, dass junge, gut qualifizierte Paare im Kanton bleiben oder zurückkommen. Die Folge: Unsere Gesellschaft überaltert.

Zunächst betrachtet die Stiftung in ihrem Bericht die Entwicklung des Kantons und der Schweizer Berggebiete in den vergangenen 30 Jahren. Das Ergebnis ist nicht bahnbrechend: «In den letzten Jahren haben sich die wirtschaftlichen Herausforderungen für das Schweizer Berggebiet durch die Schwäche des Euro, die Annahme der Zweitwohnungsinitiative und die niedrigen Strompreise rasch und deutlich verändert.» Hinzu komme, dass Graubünden sehr schlecht an die sechs Metropolen der Schweiz angeschlossen sei.

Steht Graubünden vor einem Albtraum?

In einem zweiten Teil des Berichts blickt die Stiftung auf die kommenden 30 Jahre und kommt zum Schluss, dass Graubünden auch künftig Mühe haben dürfte, die Bevölkerung zu halten, wenn die Schweiz weiterhin zu den wohlhabendsten Ländern der Welt gehört. Auch das Aufblühen des klassischen Tourismus dürfte in einem Umfeld «mit chronisch starkem Franken schwierig werden». Der Tourismus würde damit eine wesentlich geringere Rolle spielen als heute, ist die Stiftung überzeugt.

Anders sehe es aus, wenn die Schweiz zum Mittelmass werden würde. Dann sei es verlockend, so weiter zu machen wie bisher. Das Wirtschaftsforum Graubünden betont jedoch: «Graubünden ist gut beraten, sich auf ein Szenario mit einer anhaltend starken Schweiz und mit einem hohen Frankenkurs auszurichten.»

Die Stiftung zeichnet aber nicht nur ein düsteres Bild. Sie sieht auch Chancen bis ins Jahr 2050. So auch im Tourismus. Unter dem Titel «Neue Nischen im Tourismus» zeigt der Bericht mögliche neue Felder für den Erfolg. So zum Beispiel im Bildungs- und Gesundheitstourismus. Allgemein müsse man aber die Preis-/Leistung sowie die Vermarktungsfähigkeit wesentlich verbessern. Weiteres Potenzial sieht der Bericht auch bei internationalen Gästen. Hierzu müsse jedoch die Erreichbarkeit verbessert werden. Hoffnungen setzt der Bericht auch in die Digitalisierung und die damit verbundenen neuen Arbeitsmodelle, welche auch das Arbeiten ausserhalb von grossen Zentren ermöglicht.

Bündner Rheintal vs. Berggebiete

In ihrer Analyse unterscheidet die Stiftung zwischen dem Bündner Rheintal und dem klassischen Berggebiet. Im Gegensatz zum Rest des Kantons sei das Bündner Rheintal gut aufgestellt. Dennoch müsse auch dort in Zukunft die Wohn- und Lebensqualität weiter gesteigert werden. Die Stiftung erhofft sich des Weiteren, dass neben Chur auch Davos und das Oberengadin als Zentren bzw. Regionen mit einer diversifizierten Wirtschaft und einem urbanen Dienstleistungsangebot gestärkt werden.

Damit nicht genug. Im Bericht werden 16 Ideen für die Zukunft definiert, welche auf politischer Ebene diskutiert werden sollen: 

  1. Reisezeiten für Pendler verkürzen
  2. Chur-Zürich unter 1 Stunde
  3. Potenzielle Gelder von der Schweizerischen Nationalbank für Verkehrsprojekte
  4. Chur als Zentrum des südlichen Alpenrheintals
  5. Fachhochschule Graubünden
  6. Bundesarbeitsplätze einfordern
  7. Digitalisierung antreiben
  8. Zentren im Berggebiet
  9. Regionalpolitik erweitern
  10. Gewinnsteuerfrei im Berggebiet
  11. Fünf Arbeitsplätze im Berggebiet ohne Mehrwertsteuer
  12. Mässige Steuern für hohe Einkommen
  13. Landwirtschaft im Berggebiet öffnen
  14. Tourismusgemeinden etablieren
  15. Übernachtungstourismus ohne Mehrwertsteuer
  16. Innovationstätigkeit forcieren

Die Stiftung betont allerdings: «Das Wirtschaftsforum Graubünden nimmt nicht für sich in Anspruch, neue bahnbrechende Ideen zu formulieren oder Lösungen auf alle Herausforderungen zu finden.» (koa)

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Eine neue... äh... Studie oder "Strategie" oder Weissbuch oder Weissnichtbuch?
Leute, wieviele Jahrzehnte hören wir immer dasselbe: Schlaumeiereien/Verheissungen ohne Ende, und dann ausser Spesen nix gewesen?
Fabel:
https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Hirtenjunge_und_der_Wolf
Wenn die Machthaber turnarounden wollen würden täten, hätten sie ja längst mich fragen können - statt am Schluss (warum erst im Schlusssatz und nicht in der Headline?) zu offenbaren:
"Die Stiftung betont allerdings: «Das Wirtschaftsforum Graubünden nimmt nicht für sich in Anspruch, neue bahnbrechende Ideen zu formulieren oder Lösungen auf alle Herausforderungen zu finden.»"
Fazit: Lieber Breakdown als breakthrough?
Folks, don't forget:
Break-even (n)ever mind:
https://www.suedostschweiz.ch/leserbriefe/2017-07-09/kerngeschaeft-hand…

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