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Türkei dehnt Suche nach Leiche von Saudi-Regierungskritiker aus

Auf der Suche nach regimekritischen saudiarabischen Journalisten Jamal Khashoggi hat die türkische Polizei ihre Suche auf ein Waldgebiet bei Istanbul ausgeweitet. Die Staatsanwaltschaft vernahm zudem türkische Mitarbeiter des saudiarabischen Konsulates in Istanbul.

Agentur
sda
19.10.18 - 22:36 Uhr
Politik
Soll im saudiarabischen Konsulat in Istanbul gefoltert und zerstückelt worden sein: Jamal Khashoggi, regimekritischer Journalist (Aufnahme vom Februar 2015).
Soll im saudiarabischen Konsulat in Istanbul gefoltert und zerstückelt worden sein: Jamal Khashoggi, regimekritischer Journalist (Aufnahme vom Februar 2015).
KEYSTONE/AP/HASAN JAMALI

Die Vernehmungen fänden im Gericht im Stadtviertel Caglayan statt, meldete die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu. Im Konsulat in Istanbul war der damals 59 Jahre alte Khashoggi am 2. Oktober verschwunden.

Die türkischen Ermittler hegen laut dem Nachrichtensender NTV den Verdacht, dass ein Auto des saudiarabischen Konsulats am Tag von Khashoggis Verschwinden in den 15 Kilometer entfernt gelegenen Wald fuhr. Die Polizei begann daher am Donnerstag eine Durchsuchung des weitläufigen Waldgebietes, nachdem sie bereits mehrfach das Konsulat sowie die Residenz des saudiarabischen Konsuls durchsucht hatte.

Am Tag des Verschwindens frei

Zudem vernahm der Istanbuler Generalstaatsanwalt 15 türkische Ortskräfte des Konsulats, wie NTV berichtete. Laut Anadolu waren darunter Fahrer, Techniker, Buchhalter und Empfangsleute. Türkische Medien hatten berichtet, den türkischen Mitarbeitern sei am Tag von Khashoggis Verschwinden kurzfristig freigegeben worden.

Khashoggi war am 2. Oktober in das Istanbuler Konsulat gegangen, um ein Dokument für seine Hochzeit abzuholen, kam jedoch laut seiner türkischen Verlobten nicht wieder heraus. Es besteht der Verdacht, dass Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman den prominenten Journalisten im Konsulat ermorden liess. Riad bestreitet dies, ist aber den Beweis dafür schuldig geblieben, dass Khashoggi das Gebäude lebend wieder verlassen hat.

Trump geht von Tod aus

US-Präsident Trump sagte am Donnerstag, er gehe inzwischen vom Tod Khashoggis aus. Sollte sich der Verdacht bestätigen, müsse die US-Reaktion gegenüber Saudi-Arabien «sehr streng» ausfallen.

Zuvor hatte US-Aussenminister Mike Pompeo gesagt, er habe Trump empfohlen, Saudi-Arabien noch «einige Tage» Zeit zu geben, da ihm die saudiarabische Führung bei seinem Besuch in Riad «eine vollständige, gründliche Ermittlung» zugesagt habe.

Die US-Regierung hat sich bisher mit offener Kritik an Saudi-Arabien zurückgehalten. Trump betonte wiederholt die Bedeutung der Partnerschaft mit Riad und der milliardenschweren Rüstungsexporte in das Land.

Der Fall Khashoggi ist für Trump überaus delikat, da er für das Vorgehen gegen den Iran und für eine Lösung des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern auf enge Zusammenarbeit mit Riad setzt. .

Druck aus dem US-Senat

Im US-Senat wächst aber der Druck, die Beziehungen zu dem sunnitischen Königreich zu überdenken, und US-Finanzminister Steven Mnuchin sagte am Donnerstag seine Teilnahme an einer grossen Investorenkonferenz in Riad kommende Woche ab.

Die türkischen Ermittlungen in dem Fall konzentrieren sich auf ein «Mordkommando» aus 15 Saudi-Arabern, die extra nach Istanbul gereist sein sollen, um Khashoggi zu töten.

Ankara hat bisher kaum Einzelheiten zu den Ermittlungen bekannt gegeben, doch veröffentlichen Medien ständig neue Details von der Polizei. Laut Medienberichten verfügen die Ermittler über Audioaufnahmen aus dem Konsulat, auf denen zu hören sein soll, wie Khashoggi gefoltert und ermordet wird.

Bauernopfer zur Gesichtswahrung bin Salmans

Die «New York Times» berichtete am Donnerstag unter Berufung auf drei mit dem Fall vertraute Quellen, die saudische Führung erwäge, einen General und hochrangigen Berater von Kronprinz Mohammed bin Salman für den Tod Khashoggis verantwortlich zu machen.

Damit könne von einer Verantwortung des Kronprinzen abgelenkt werden, schrieb die Zeitung. Menschen im Umfeld des Weissen Hauses sei der Name des betroffenen Generals bereits genannt worden.

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