×

Memorial-Direktor in Tschetschenien erhält Vaclav-Havel-Preis

Der inhaftierte Direktor des Memorial-Menschenrechtszentrums in Tschetschenien, Ojub Titijew, ist mit dem diesjährigen Vaclav-Havel-Preis des Europarates ausgezeichnet worden.

Agentur
sda
08.10.18 - 14:14 Uhr
Politik
Selbst ein Opfer willkürlicher russischer Justiz: Vaclav-Havel-Preisträger Ojub Titijew im Gefängnis in Tschetschenien (Aufnahme vom 28. September 2018).
Selbst ein Opfer willkürlicher russischer Justiz: Vaclav-Havel-Preisträger Ojub Titijew im Gefängnis in Tschetschenien (Aufnahme vom 28. September 2018).
KEYSTONE/AP/MUSA SADULAYEV

Titijew leiste in Tschetschenien eine wichtige Arbeit zur Verteidigung der Menschenrechte, betonte die Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, die Genfer SP-Ständerätin Liliane Maury Pasquier, am Montag bei der feierlichen Preisvergabe in Strassburg. Deswegen habe er in dem Land wiederholt «Riesenprobleme» gehabt.

Der seit Januar inhaftierte Menschenrechtsaktivist zeichnete in einer Grussbotschaft an die Versammlung eine düsteres Bild von der Lage in der zur Russischen Föderation gehörenden Kaukasus-Republik Tschetschenien. Seit 1999 seien dort zwischen 3000 und 5000 Menschen spurlos verschwunden. Sie seien verschleppt und getötet worden.

Titijew erinnerte auch an seine Vorgängerin, die frühere Leiterin des Memorial-Zentrums in Grosny, Natalia Estemirowa. Sie wurde im Jahr 2009 in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny ermordet.

Memorial erinnert neben seiner Beschäftigung mit Gräueltaten in Tschetschenien an die Verbrechen der Stalin-Ära. In Russland steht die 1988 gegründete Organisation massiv unter Druck. Todesdrohungen und Prozesse gehören längst zum Alltag der Mitarbeiter.

Kandidaten aus Kuba und Bahrain

Titijew setzte sich in der Endrunde gegen zwei andere Menschenrechtsaktivisten durch, die ebenfalls für den Vaclav-Havel-Preis nominiert waren. Bei ihnen handelt es sich um die aus Kuba stammende Leiterin des lateinamerikanischen Netzwerks für Demokratie, Rosa Maria Payá, und den seit 2016 in Bahrein inhaftierten Menschenrechtsaktivisten Nabeel Radschab.

Der 2013 geschaffene und mit 60'000 Euro dotierte Preis ist nach dem 2011 verstorbenen tschechischen Präsidenten und früheren Dissidenten Vaclav Havel benannt. Vergangenes Jahr ging die Auszeichnung an den ehemaligen türkischen Verfassungsrichter Murat Arslan, der wie viele andere türkische Beamte nach dem gescheiterten Putschversuch vom Juli 2016 aus dem Dienst entlassen und inhaftiert worden war.

Frühere Preisträger waren unter anderen die vor der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) aus dem Irak geflüchtete Jesidin Nadia Murad sowie die Menschenrechtsaktivisten Ljudmila Alexejewa aus Russland, Anar Mammadli aus Aserbaidschan und Ales Bialiazki aus Weissrussland.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Politik MEHR