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Kündigungsregel für Abkommen soll nicht in die Verfassung

Der Streit zwischen Bundesrat und Parlament darüber, wer für die Kündigung von völkerrechtlichen Verträgen zuständig ist, geht in eine weitere Runde. Der Ständerat hat es am Dienstag abgelehnt, für die neuen geplanten Regeln die Verfassung zu ändern.

Agentur
sda
11.09.18 - 12:15 Uhr
Politik
Wer soll künftig über Kündigungen von Staatsverträgen mitentscheiden dürfen? Diese Frage ist nach wie vor ungeklärt. (Themenbild)
Wer soll künftig über Kündigungen von Staatsverträgen mitentscheiden dürfen? Diese Frage ist nach wie vor ungeklärt. (Themenbild)
KEYSTONE/LEO DUPERREX

Er folgte mit 34 zu 4 Stimmen bei 2 Enthaltungen seiner vorberatenden Kommission, die einstimmig beschlossen hatte, nicht auf die vom Bundesrat beantragte Verfassungsänderung einzutreten. Stützt der Nationalrat diesen Entscheid, wird die neue Kündigungsregel für Abkommen per Gesetz geregelt.

Derzeit hält sich der Bundesrat alleine für zuständig. Mit der neuen Kompetenzverteilung ist er zwar einverstanden. Er ist aber der Auffassung, dass dafür eine Verfassungsänderung notwendig ist. Er begründet das unter anderem mit der Tatsache, dass auch die Zuständigkeit für den Abschluss in der Verfassung geregelt ist.

Zudem hält die Regierung die neue Regelung für einen Ausbau der Volksrechte, die in der Verfassung geregelt werden müsste. Der Ständerat sieht dies anders.

Kompetenzen klarer geregelt

Der entsprechende Gesetzesentwurf war am Dienstag ebenfalls Thema in der kleinen Kammer. Nach deren Meinung soll künftig festgehalten sein, dass jene Instanz ein Abkommen ändern oder kündigen kann, die auch für den Abschluss zuständig war. Je nach Bedeutung des Vertrags ist das der Bundesrat, das Parlament oder allenfalls das Volk.

Gleichzeitig will die kleine Kammer ausdrücklich im Gesetz festhalten, dass der Bundesrat für den Abschluss und neu auch für die Änderung und die Kündigung von Verträgen mit beschränkter Tragweite zuständig ist.

Ermessensspielraum eingeschränkt

Der Gesetzesentwurf stellt auch klar, dass der Bundesrat einen Vertrag selbständig, das heisst ohne vorgängige Genehmigung durch die Bundesversammlung, kündigen muss, wenn eine Verfassungsbestimmung die Kündigung eines völkerrechtlichen Vertrages unmissverständlich verlangt.

Dies gilt ausschliesslich bei direkt anwendbaren Verfassungsbestimmungen, die für die Beurteilung der Notwendigkeit einer Kündigung keinen Ermessensspielraum offenlassen. Ein Beispiel wäre im Falle ihrer Annahme die Begrenzungsinitiative der SVP, die vom Bundesrat zwingend die Kündigung des Freizügigkeitsvertrags mit der EU fordert.

Wenn hingegen andererseits die Selbstbestimmungsinitiative fordert, völkerrechtliche Verträge seien «nötigenfalls» zu kündigen, falls völkerrechtliche Verpflichtungen der Bundesverfassung widersprechen, so kann die Beurteilung der Notwendigkeit der Kündigung nicht dem Bundesrat überlassen bleiben; diese Frage muss durch die Bundesversammlung und im Falle eines Referendums durch das Volk beantwortet werden können.

Umstrittene Bestimmung

Eine Minderheit im Ständerat wollte auf diese Bestimmung verzichten, unterlag aber mit 21 zu 17 Stimmen bei einer Enthaltung. SP- und CVP-Vertreter argumentierten vergeblich, dass die Bestimmung auch Unklarheit schaffen könnte, indem sie missverstanden werden könnte als verbindlicher Auftrag an den Bundesrat zur selbständigen Kündigung auch in Fällen, in welchen ein Ermessensspielraum besteht.

In der Gesamtabstimmung stimmte der Ständerat dem Bundesgesetz mit 34 zu 4 Stimmen zu. Als nächstes entscheidet der Nationalrat über die Vorlage.

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