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Nach Tod von Nashörnern in Kenia Vorwürfe gegen Regierung und WWF

Es sollte eine grosse Aktion zum Schutz der Spitzmaulnashörner in Kenia werden doch nach ihrer Umsiedlung in einen anderen Nationalpark starben elf der vom Aussterben bedrohten Tiere.

Agentur
sda
30.08.18 - 14:42 Uhr
Politik
Eines der elf Nashörner, die in Kenia umgesiedelt wurden und dann wegen zu stark salzhaltigem Wasser verendeten.
Eines der elf Nashörner, die in Kenia umgesiedelt wurden und dann wegen zu stark salzhaltigem Wasser verendeten.
Keystone

Dies hätte nach Recherchen der Nachrichtenagentur AFP verhindert werden können, wenn Warnungen wegen der schwierigen Lebensbedingungen im neuen Lebensraum beachtet worden wären. Nach dem Desaster stehen nun Kenias Regierung und die Umweltorganisation WWF in der Kritik.

Kenias für den Wildtierschutz zuständiger Tourismusminister Najib Balala sowie der WWF hatten Ende Juni die Umsiedlung von elf Spitzmaulnashörnern aus dem Nairobi-Nationalpark und dem Nakuru-See-Nationalpark in den Ost-Tsavo-Nationalpark angekündigt. Der WWF stellte eine Million Dollar für das Vorhaben bereit, das unter dem Schlagwort #TheBigMove (Der grosse Umzug) als Beitrag zum Überleben der bedrohten Tierart beworben wurde.

Durch salziges Wasser «vertrocknet»

Kurz nach ihrer Umsiedlung verendeten bis Juli der Reihe nach alle elf Nashörner. Als Todesursache wurde in einem vorläufigen Bericht ein überhöhter Salzgehalt in der Wasserquelle ihres neuen Lebensraums festgestellt.

Der Chef von Kenias Tierarztverband, Benson Kibore, sagte, 15 Wasseranalysen zwischen Februar und Mai hätten gezeigt, dass das Wasser drei Mal salziger war als empfohlen. Dennoch hätten die umgesiedelten Nashörner aus einem Wasserloch getrunken, dessen hoher Salzgehalt sogar ein Metallgitter an der Quelle habe korrodieren lassen.

Die Nashörner seien durch das Salzwasser «vertrocknet», sagte Kibore. Den behandelnden Tierärzten hätten die Wasseranalysen aber nicht vorgelegen, so dass wertvolle Zeit bei der Suche nach dem Leiden der Nashörner vertan worden sei.

Probleme vorab bekannt

Den AFP-Recherchen zufolge war das Wasserproblem vorab lange bekannt. Der Tierschützer und damalige Aufsichtsrat der kenianischen Behörde für Wildtierschutz (KWS), Nehemiah Rotich, sagte AFP, nach zwei Besuchen in dem vorgesehenen neuen Lebensraum habe er gewarnt, dass die Gegend zu trocken und zu weit von einem Fluss entfernt sei.

«Ich war mir sehr sicher, dass es mit diesen Nashörnern ein riesiges Problem geben wird», sagte Rotich. Er und andere Mitglieder des KWS-Aufsichtsrates hätten daher die Umsiedlungsaktion mehrfach blockiert.

Dennoch sei das Vorhaben nicht aufgegeben worden, sagte das ehemalige KWS-Aufsichtsratsmitglied Brian Heath. Dem Rat sei 2016 mitgeteilt worden, dass die KWS und der WWF eine grosse Zeremonie für den Start der Umsiedlungsaktion planten. «Wir sagten: 'Auf keinen Fall'», schilderte Heath.

Trotzdem sei weiter Druck für die Umsetzung des Projekts ausgeübt worden. Sowohl Heath als auch Rotich warfen dem WWF vor, massiv auf die Umsiedlungsaktion gedrungen zu haben.

WWF: Würden nicht gegen Experten-Rat handeln

Der WWF-Nashorn-Experte Martin Mulama wies die Vorwürfe zurück. Er sei über die Probleme am Umsiedlungsort nicht informiert gewesen. Die KWS habe vielmehr regelmässig versichert, dass die Bedingungen dort «angemessen und sicher» seien.

«Wir würden niemals entgegen des Rats der massgeblichen Experten auf die Fortsetzung einer Umsiedlungsaktion dringen», versicherte der WWF in einer Erklärung. Die Entscheidung sei von der KWS «allein» getroffen worden.

Unstimmigkeiten in KWS

Die Umsiedlungsaktion wurde laut Heath und Nehemiah schliesslich gestartet, obwohl keine gültige Zustimmung des KWS-Aufsichtsrates vorgelegen habe. Der Aufsichtsrat hatte demnach im Oktober 2017 grünes Licht für die Umsiedlung unter der Bedingung gegeben, dass die Lebensbedingungen in dem neuen Lebensraum verbessert werden.

Im April 2018 endete aber das Mandat des KWS-Aufsichtsrates und die Entscheidung für die Umsiedlung wurde getroffen, bevor ein neuer Aufsichtsrat eingesetzt wurde.

Minister Balala wies Vorwürfe zurück, er habe sich darüber kraft seines Amtes hinweggesetzt. Seine Einladung zu der Umsiedlungsaktion sei «rein zeremoniell» gewesen, sagte er. Er habe nichts von den Problemen und Bedenken gewusst.

Auf der Welt gibt es nur noch knapp 5500 Spitzmaulnashörner. Sie leben ausschliesslich in Afrika.

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