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Christian Jenny: «Es geht um Lokalpolitik mit internationaler Ausstrahlung»

Christian Jenny, Erfinder des Festival da Jazz in St. Moritz, will in die Lokalpolitik einsteigen. Im Interview mit der Südostschweiz erklärt er seine Beweggründe.

Olivier
Berger
09.08.18 - 04:30 Uhr
Politik
Christian Jenny strebt das Amt des St. Moritzer Gemeindepräsidenten an.
Christian Jenny strebt das Amt des St. Moritzer Gemeindepräsidenten an.
GIANCARLO CATTANEO

1 Herr Jenny, Sie sagen, Sie seien kein Protestkandidat. Sie wollen also nicht aus Frust Gemeindepräsident von St. Moritz werden?

Überhaupt nicht. Weder aus Frust noch aus Zorn. Eher aus «Gwunder». Oder sagen wir noch besser: aus Verwunderung. Ich wundere mich, dass es sechs Wochen vor einem so wichtigen Termin wie dieser Wahl keine Debatte gibt. Man sieht kein Plakat, kein Inserat. Es scheint, als ob alles laufen würde. Bloss: Die Menschen auf der Strasse haben nicht das Gefühl, dass es läuft. Darum braucht es endlich ein Gespräch über die Zukunft von St. Moritz.

2 Trotzdem macht Ihre kurzfristige Bewerbung den Eindruck, als wäre da irgendein Fass übergelaufen. Ein Gespräch hätten Sie auch schon viel früher anregen können.

Für den Zeitpunkt der Bekanntgabe meiner Kandidatur gibt es einen simplen Grund. Ich wollte das Ende des diesjährigen Festival da Jazz abwarten. Nicht, dass noch jemand auf die völlig verfehlte Idee kommt, dass ich dort die grosse Bühne für meine persönlichen Ambitionen benutze.

3 Wie schätzen Sie Ihre Chancen beim Wahlgang vom September ein?

70:30. Aber ich weiss nicht für wen (lacht). Im Ernst: Je nach Tagesform sage ich auch 60:40. Aber darum geht es gar nicht so sehr. Ich will, dass die Bürgerinnen und Bürger bei der Wahl eine Auswahl haben, und ich will eine Diskussion in Gang bringen. Ich mache nicht mehr als ein Angebot. Wenn das die Wählerinnen und Wähler wollen, ist es schön. Wenn nicht – dann auch.

4 Ihr Slogan lautet «St. Moritz kann es besser». Was konkret wollen Sie denn als Gemeindepräsident besser machen?

Es sind die Dauerbrenner im Ort. Die Debakel mit der Reit- und der Eishalle. Es ist die Fussgängerzone, die völlig unattraktiv ist für Gäste und Einheimische, nur damit das Tiefbauamt mit dem Schneepflug um die Ecke kommt. Natürlich müsste ich mir im Fall meiner Wahl erst einen Überblick verschaffen. Aber ich und viele andere sind der Meinung, dass im Ort in wichtigen Fragen die Prioritäten heute falsch gesetzt werden.

5 Letztlich geht es Ihnen also um Lokalpolitik im besten Sinne?

Das ist richtig, es geht um Lokalpolitik. Aber eben um Lokalpolitik mit internationaler Ausstrahlung. Das ist gleichzeitig das Faszinierende wie auch das Schwierige an St. Moritz. Einerseits sind wir eine Gemeinde mit gerade einmal rund 5000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Andererseits sind wir aber auch eine stärkere Marke als Zürich, Basel und Genf zusammen. Jeder hat Erwartungen, wenn die Rede von St. Moritz ist. Diese beiden Welten zusammenzubringen, ist auch das Spannende daran. Ich bin überzeugt, dass das geht. Letztlich wollen alle Menschen das Gleiche: etwas Gutes.

Olivier Berger wuchs in Fribourg, dem Zürcher Oberland und Liechtenstein auf. Seit rund 30 Jahren arbeitet er für die Medien in der Region, aktuell als stellvertretender Chefredaktor Online/Zeitung. Daneben moderiert er mehrmals jährlich die TV-Sendung «Südostschweiz Standpunkte». Mehr Infos

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Ich finde es gut, dass dieser Mann kandidiert, er schaut die Probleme anders an und bringt dringend neue Ideen in diesen in einer letargie befindlichen Weltkurort. Ich möchte dem jetzigen Geschäftsführenden Gemeindepräsidenten nichts negatives unterstellen, er hat das Amt gut verwaltet und darin liegt das Problem, St. Moritz braucht einen Macher, nachdem man noch die Funktion des Kurdirektors zu einem Verwalterjob abdegradiert hat. Es ist somit dringend nötig, dass nun jemand kommt der die Bevölkerung dringend aufrüttelt, nicht nur St.Moritz, sondern das ganze Oberengadin, sonst sehe ich für die Zukunft schwarz. Die Entwicklung sehe ich nicht in der Masse sondern in der Qulität.

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