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Mexiko rückt mit Präsidentenwahl nach links - Folgen unklar

Unter dem Eindruck von Gewalt, Korruption und einer schleppenden Wirtschaft wenden sich die Mexikaner politisch nach links. Mit deutlicher Mehrheit entschied der ehemalige Bürgermeister von Mexiko-Stadt, Andres Manuel Lopez Obrador, die Präsidentenwahl für sich.

Agentur
sda
02.07.18 - 10:39 Uhr
Politik
Erster linker Präsident Mexikos seit Jahrzehnten: Wahlsieger Andres Manuel Lopez Obrador vom Movimiento Regeneracion Nacional (Morena) vor Anhängern in Mexiko-Stadt.
Erster linker Präsident Mexikos seit Jahrzehnten: Wahlsieger Andres Manuel Lopez Obrador vom Movimiento Regeneracion Nacional (Morena) vor Anhängern in Mexiko-Stadt.
KEYSTONE/EPA EFE/ALEX CRUZ

Seine Rivalen räumten ihre Niederlage ein. Der Links-Nationalist kündigte an, sozial Benachteiligte ins Zentrum zu rücken, versprach aber eine solide Finanzpolitik. Der Sieg des unter dem Kürzel «AMLO» bekannten 64-Jährigen hatte sich abgezeichnet und für Nervosität an den Märkten gesorgt, da sein genaues Programm unklar bleibt. Mit Spannung wird erwartet, ob er und US-Präsident Donald Trump aneinander geraten

Nach ersten Hochrechnungen erhielt Lopez Obrador mehr als 53 Prozent der Stimmen und lag damit etwa 30 Punkte vor dem Zweitplatzierten. Unklar blieb zunächst, ob sich der neue Präsident nach seinem Amtsantritt am 1. Dezember auf eine Mehrheit seiner Partei Morena im Kongress stützen kann.

Dies würde es ihm erlauben, ohne Kompromisse die Ausgaben zu erhöhen. Experten zufolge steht die Sitzverteilung möglicherweise erst am Dienstag fest. Die Furcht vor einer Morena-Mehrheit lastete zunächst auf dem Peso, der um bis zu 0,8 Prozent nachgab.

Die Armen zuerst

«Wir werden den einfachen und den vergessenen Menschen Vorrang geben - insbesondere den Indio-Völkern Mexikos», sagte Lopez Obrador in seiner Siegesrede. «Für das Wohl aller gilt: Die Armen zuerst.» Die wichtigste Aufgabe seiner Regierung werde der Kampf gegen die Korruption und gegen die Straffreiheit von Rechtsbrechern sein.

Der zukünftige Präsident erneuerte seine Ankündigung, die Verträge des Staates mit Energie-Unternehmen zu prüfen. Allerdings kündigte er an, die Finanzdisziplin zu wahren. Auch die Zentralbank werde unabhängig bleiben. Es werde keine Enteignungen geben.

Die Nervosität unter Anlegern geht unter anderem darauf zurück, dass sich Lopez Obrador im Wahlkampf in die Tradition des linken Präsidenten Lazaro Cardenas stellte. Dieser verstaatlichte nach seinem Amtsantritt 1934 ausländische Unternehmen, darunter die Öl-Konzerne, und verteilte Land an arme Bauern.

Bei Lopez Obrador blieb bis in die Wahlnacht unklar, wie weit er genau mit seiner links-sozial ausgerichteten Politik gehen will. Mitglieder seines Teams hatten gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters im Wahlkampf gesagt, die neue Regierung sei «eigentlich nicht links, wir sind mitte-links».

In der Nacht setzte der künftige Präsident mit einer seiner ersten Handlungen ein gemässigtes Zeichen: Während der Übergangsphase soll der prominente Geschäftsmann Alfonso Romo die Wirtschaftspolitik übernehmen. Romo setzt sich für ausländische Investitionen in die Energiewirtschaft ein.

Trump gratuliert

Zu den Gratulanten gehörte US-Präsident Donald Trump, der auf Twitter schrieb, sich sehr auf die Zusammenarbeit zu freuen. Für Montag war ein Telefonat angesetzt. Auch Lopez Obrador ist ein eifriger Nutzer sozialer Medien, der zudem als Charakterkopf mit scharfer Zunge gilt.

Bekannte des Mexikaners hatten vor der Wahl zu Reuters gesagt, dass zwischen beiden Männern bei einem «Zusammenprall der Egos» die Funken fliegen könnten. Die Beziehungen zum Nachbarn im Norden sind ohnehin gespannt, sei es wegen des Streits über das Nafta-Handelsabkommen oder wegen der von Trump vorangetriebenen Pläne für eine Grenzmauer.

Die Zustimmung zu Lopez Obrador wurde unter anderem von der Gewalt im Lande getrieben. Die Mordrate ist eine der höchsten in der Geschichte des Landes, im Wahlkampf wurden mehr als 100 Politiker ermordet.

Seitdem Präsident Felipe Calderon 2007 die Armee gegen die Drogenkartelle schickte, sind etwa 230'000 Menschen getötet worden. Das zukünftige Staatsoberhaupt hat hier einen weniger aggressiven Ansatz angekündigt. Allerdings bleiben viele Einzelheiten vage.

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