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Schiffbruch als Chance

Die Bürger haben Stadtrat und Tourisitiker beim Visitor Center ausgebremst – zu Recht.

Pascal
Büsser
08.06.18 - 10:56 Uhr
Politik

Viele (Architektur-)Kritiker sind des Visitor Center Tod, kann man nach der Bürgerversammlung vom Donnerstag konstatieren. Dass der geplante auffällige Bau am Rapperswiler Fischmarktplatz nicht auf uneingeschränkte Begeisterung stossen würde, war klar. Neues eckt immer auch an. Dass es am Ende eine klare Abfuhr mit geschätzter Dreiviertelmehrheit gab, hat sich aber primär der Stadtrat selber zuzuschreiben.

Mit dem Verzicht auf einen Architekturwettbewerb an der wahrscheinlich prominentesten Lage von Rapperswil-Jona, direkt am Eingang der Altstadt, machte sich die Stadtführung extrem angreifbar. Die Frage, ob das vorliegende Projekt der Weisheit letzter Schluss sei, zog sich wie ein roter Faden durch die Voten der Gegner, angestachelt vom Architekturforum Obersee. Das in Erinnerung rief, dass Fachkreise schweizweit darauf schauten, was Rapperswil-Jona mit seiner Altstadt mache, die ein «Gütesiegel an Baukultur» verdiene. Der Einwand der Architekten komme reichlich spät, klagte Bauchef Thomas Furrer. Die Nein-Stimmung im Saal vermochte das nicht zu kippen. Es wäre am Stadtrat selber gewesen, rechtzeitig die Tragweite des Projekts zu erkennen.

Aufmerksame Bürger wiesen darauf hin, dass das Projekt offensichtlich von den Marketing-Vorstellungen der Touristiker getrieben war. Städtebauliche Überlegungen schienen eine nachgelagerte Rolle zu spielen. Das Prädikat «machbar» des Denkmalschutzes wirkte nicht wie ein Gütesiegel. Für den wirbligen Tourismuschef Simon Elsener ist die Rückweisung ein Dämpfer. In einer Art Panikreaktion hatte er in letzter Minute noch die Cafeteria gestrichen, um die Altstadt-Wirte milde zu stimmen, die bereits gegen Pop-ups protestierten. Dass die Cafeteria auf auf den Präsentationsfolien von Bauchef Furrer immer noch zu sehen war, liess das Projekt nicht durchdachter wirken.

Der nun zwingende Architekturwettbewerb ist eine Chance für eine überzeugendere und breiter akzeptierte Lösung. Verloren ist dadurch, von einem verkraftbaren Geldbetrag abgesehen, wenig. Falls ein goldener Rampenbau als Ideallösung bestehen bleibt, kann man diesen auch zwei Jahre später bauen. Bei einer fast tausendjährigen Altstadt lohnt es sich, etwas länger zu studieren.

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