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Einheimische wollen kein goldenes Besucherzentrum

Es ist eine Schlappe für Rapperswil-Jonas Stadtrat und die hiesige Tourismusorganisation: Für 3,1 Millionen Franken wollten sie am Fischmarktplatz ein neues, modernes Visitor Center realisieren. Es hätte die heutige Tourist Information ersetzen sollen. Doch vom Projekt hielt ein Grossteil der Bürgerversammlung nichts.

08.06.18 - 10:02 Uhr
Politik

Am Ende fiel das Verdikt klar aus: Rund drei Viertel der 601 an der Bürgerversammlung am Donnerstag Anwesenden wiesen den Baukredit über 3,1 Millionen Franken für das neue Visitor Center zurück. Für dieses Geld wollte die Stadt gemeinsam mit Rapperswil Zürichsee Tourismus die heutige Tourist Information am Fischmarktplatz durch ein goldenes Visitor Center ersetzen.

Stadtpräsident Martin Stöckling und Bauchef Thomas Furrer versuchten in ihren Erläuterungen, den Bürgern den Bau mit der «perlgoldenen» Fassade, einem sieben Meter breiten Panoramafenster und einer 24 Stunden zugänglichen Dachterrasse schmackhaft zu machen. «Zig Varianten» seien geprüft und wieder verworfen worden und das viel kritisierte Gold der Fassade habe man «x-fach überprüft und hinterfragt». Am Ende sei man überzeugt, einen Bau mit «Pep und Dynamik» und den Besuchern von nah und fern eine «umfassende Erlebniswelt» bieten zu können.

Kritik von vielen Seiten

Es nützte nichts: In der Diskussion sprach sich Roland Högger, ehemaliger Interimspräsident von Zürichsee Tourismus, zwar noch für das Projekt aus. Auf ihn folgten allerdings – neben dem einen oder anderen Befürworter – nicht weniger als neun teils prominente Gegner des Projekts. So kritisierte Beat Loosli vom Architekturforum Obersee, die Stadt habe eine Vorbildfunktion inne und müsse «sorgsam mit der Baukultur umgehen und langfristig denken». Ihm war insbesondere ein Dorn im Auge, dass die Stadt keinen Architekturwettbewerb hatte ausschreiben lassen, wie es bei Projekten dieser Grössenordnung üblich sei.

Andreas Bisig von der GLP monierte, nicht das Gebäude an sich müsse das Highlight sein, sondern dessen Inhalt und Angebot. Darin, dass der heutige in die Jahre gekommene Betonklotz etwas Neuem weichen müsse, waren sich zwar auch Eduard Hirschi von der SP, Architekt Herbert Oberholzer sowie Charly Hochstrasser einig. «Doch das geplante Vorhaben ist weder schön, noch ist der Preis angemessen», befand Oberholzer. «Mit mehr als 50 Jahren Erfahrung als Architekt masse ich mir an, zu sagen, dass das geplante Gebäude nichts Schönes ist – drei Millionen sind ausserdem zu viel.»

Spätestens, als der ehemalige Verleger der «Obersee Nachrichten» und Kandidat fürs Stadtpräsidium, Bruno Hug, ans Mikrofon trat und sich in einer süffisanten Rede ebenfalls gegen das Projekt aussprach, war dem Applaus aus der Menge zu entnehmen, dass das Projekt wohl keine Zustimmung finden würde. Tourismuschef Simon Elsener und Bauchef Furrer versuchten zwar noch, das Ruder herumzureissen, blieben damit aber erfolglos.

«Zwei weinende Augen»

Auch vom einigermassen komplizierten Abstimmungsverfahren – es gingen insgesamt drei offizielle Anträge ein, über die separat abgestimmt werden musste – liessen die Stimmbürger sich nicht vom Kurs abbringen: «Ich glaube, da müssen wir nicht genau auszählen. Sie haben entschieden, dem Antrag des Architekturforums Obersee zuzustimmen, und beauftragen den Stadtrat damit, einen Architekturwettbewerb auszuschreiben. Der Kredit für das vorliegende Projekt wird nicht genehmigt», fasste Stöckling zusammen.

Damit steht die Stadt vor einem Scherbenhaufen. Immerhin: Etwas Positives konnten Stadtpräsident und Bauchef der Bürgerversammlung doch noch entnehmen: «Zu sehen, dass ein Bauprojekt so viele Menschen interessiert und mobilisiert und die angeregte, fast ausnahmslos faire und anständige Diskussion zu verfolgen, beschert mir neben zwei weinenden auch ein lachendes Auge», fasste Stöckling zusammen. Der Stadtrat werde sich nun daran machen, den Architekturwettbewerb aufzugleisen und danach «das Siegerprojekt mit derselben Motivation und demselben Gestaltungswillen zu präsentieren und weiterzuverfolgen».

Das Visitor Center war neben der Genehmigung der Jahresrechnung (siehe Infokasten) und der allgemeinen Umfrage, welche kaum genutzt wurde, das einzige Traktandum. So verabschiedete ein enttäuschter Stadtpräsident kurz nach zehn Uhr die Anwesenden und lud zum Apéro.

Den Kommentar von Pascal Büsser «Schiffbruch als Chance» gibts hier zu lesen.

Jahresrechnung und Gewinnverwendung genehmigt

Dies bei einem Aufwand von gut 159 Millionen Franken. Massgeblich zur Besserstellung haben laut Gemeindepräsident Martin Stöckling die Steuereinnahmen beigetragen. Auf der Ausgabenseite konnte zudem gespart werden: Der Gesamtaufwand lag 2017 knapp zwei Prozent unter dem Budget. Die Stadt schlug vor, eine Million des Gewinns für die Vorfinanzierung des Kinder- und Jugendzentrums und 0,5 Millionen für zusätzliche Abschreibungen zu verwenden. Die Jahresrechnung wurde ohne Gegenstimme genehmigt. (dgr)

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